Soziales

Ausstellung zeigt viele Gesichter der Krankheit Demenz

Wander-Ausstellung im Caritaszentrum St. Vinzenz eröffnet / Situationskomik nimmt Berührungsängste mit schweren Themen

Von 
Tara Seipp
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Einhausen. Das Krankheitsbild „Demenz“ stellt für die meisten Betroffenen und Angehörigen ein unheimlich schweres Thema dar. Das liegt laut Alexandra Mandler-Pohen, Diplom-Sozialarbeiterin beim Caritasverband Darmstadt und Seniorenberaterin für Lorsch, Einhausen und Heppenheim, vor allem an fehlender Aufklärung zu diesem Thema.

Auch in der Gesellschaft gelte das Krankheitsbild weitestgehend noch als Tabuthema. Anders als die Hausleiterinnen des Caritaszentrums St. Vinzenz Einhausen, Claudia Heeb und Claudia Ebner, kommt Mandler-Pohen auch oft mit akuten Fällen in Berührung: „Die Betroffenen versuchen, so lange zu Hause zu bleiben, bis es für sie und ihre Angehörigen nicht mehr tragbar ist. Und dann muss ad hoc ein Platz her. Das ist aktuell nahezu unmöglich“, betont sie. Da die Einrichtungen für solche Fälle keine Kapazitäten hätten, bleibe ihr manchmal keine andere Möglichkeit, als für den Patienten über den Notruf einen Platz in der Vitos-Klinik Heppenheim als Notfall anzumelden. Auch das Seniorenzentrum St. Vinzenz verzeichnet mittlerweile eine lange Warteliste auf Heimplätze. Es gibt dort einen separaten Bereich mit geschütztem Garten für Demenzkranke. Aktuell bewohnen diesen zehn betroffene Senioren. Der Neurologe Johannes Bernd aus der Vitos-Klinik überprüfe den Zustand der Demenzkranken regelmäßig und verschreibe bei Bedarf Ergotherapien. Aktuell betreue das Seniorenzentrum in Einhausen aber keine verhaltensauffälligen Patienten. „Mit den Bewohnern dieses Bereichs haben wir eigentlich immer Spaß, es wird viel gelacht“, erzählt Claudia Heeb.

Humor sollte auch das Thema der Wander-Ausstellung sein, die bis Donnerstag in der Begegnungsstätte betrachtet werden kann. An den Wänden des Café Vinzenz im Seniorenzentrum hängen zwölf verschiedene Karikaturen, die dem Betrachter das Krankheitsbild Demenz durch liebevolle Komik näherbringen. Die Zeichnungen sind durch eine Zusammenarbeit des Autors Thomas Klie und des freien Zeichners Peter Gaymann entstanden. Auf einem der Bilder ist ein Senior zu sehen, der mit einer Fernbedienung in der Hand vor seiner Waschmaschine sitzt und diese zu bedienen versucht. Mit den Worten „Fernbedienung geht nicht“ drückt er seine Verwunderung aus. Eine andere Zeichnung zeigt eine Seniorin, die bei der Nachbarin klingelt: „Entschuldigung, aber wohne ich hier?“, worauf die Nachbarin mit „Fast! Nur zwei Türen weiter, Frau Fröhlich“, antwortet. Auch makabere Situationen und Aussagen der Demenzkranken werden in den aufgehängten Karikaturen thematisiert. So ist ein Mann in einer Kirche zu sehen, der einem Priester auf seine Worte „Gott vergisst nichts“ mit „Angeber“ kontert. Auch eine Frau am Grab ihres Mannes ist auf den Bildern zu sehen. Während sie die Pflanzen gießt, sagt sie dabei überzeugt: „Als du so alt warst wie ich, warst du ja auch schon ziemlich verwirrt.“

Respekt und Empathie gefordert

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Laut Mandler-Pohen ist Situationskomik vor allem bei so einem schweren Thema wichtig. Man dürfe den Betroffenen keine falsche Scham oder ein Gefühl der Last vermitteln. Angehörigen helfe besonders Offenheit mit der Krankheit, um den Betroffenen dennoch eine normale Teilhabe am Leben zu ermöglichen. Man könne nach wie vor, sofern es der Zustand des Erkrankten zulasse, in Restaurants essen, bestenfalls zu Randzeiten und indem man das Personal im Vorfeld über mögliche Verhaltensweisen aufklärt. Das schaffe Lockerheit, Transparenz und einen aufgeklärten Umgang mit nicht alltäglichen Situationen. „Respekt, Empathie und Verständnis muss in die Gesellschaft rein“, betont die Seniorenberaterin. Da die Demenz viele Charaktereigenschaften der Menschen verstärke, müsse man auf alles Mögliche vorbereitet sein. Besonders Familienmitgliedern falle dies nicht immer leicht. Umso wichtiger sei es aber, das Krankheitsbild schon in frühen Stadien zu erkennen und nicht aus Angst vor einer möglichen Diagnose die Symptome zu ignorieren oder in eine Abwehrhaltung überzugehen. Auch Angehörige dürften nicht versuchen, die Krankheit zu verschleiern, sondern müssten offen damit umgehen, dass sich die Erkrankung in der Gesellschaft normalisiert.

Um die Region im Bereich Demenz besser aufzustellen, ist ein Demenznetzwerk, das sich aus den Kommunen Lorsch, Einhausen und Heppenheim zusammensetzt, in Planung. Das Netzwerk soll bei Versorgungsengpässen unterstützen, die vorhandenen Ressourcen und Möglichkeiten ausschöpfen und die Krankheit in die Gesellschaft integrieren. „Mehrere Schultern können mehr tragen als eine, deshalb finde ich einen Zusammenschluss sehr sinnvoll“, erläutert Mandler-Pohen. Demenz müsse auch im Alltag besser greifbar sein, damit Betroffene sowie Angehörige passende Hilfen haben, an die sie sich wenden können.

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