Bensheim. Für den Schwerlastverkehr ist die Rheinstraße eigentlich eine Tabuzone, Anlieger ausgenommen. Verbotsschilder an den jeweiligen Einfahrtsbereichen vom Berliner Ring oder der Fabrikstraße aus weisen darauf hin. Für das Aufstellen der Schilder ist Anlieger Jens Witte auch dankbar, erklärte er am Montagabend in der Bürgersprechstunde des Ortsbeirats West.
Die „abschreckende“ Wirkung der Beschilderung bezweifelt er jedoch. „Die ist nach meinem Eindruck verpufft.“ Im November, Dezember und Februar habe er bewusst beobachtet, wie sich der Lkw-Verkehr entwickelt hat und seine Erkenntnisse dem Rathaus zur Verfügung gestellt. Fünf bis zehn Laster täglich würden demnach die Straße nutzen, obwohl sie dort nichts verloren haben.
Seine Bitte an die Verwaltung: stichprobenartige Kontrollen. Dass die Schilder da sind, sei gut, aber ohne Kontrolle hätten diese eben nur eine begrenzte Wirkung. Weil er aus dem Rathaus auf seinen Vorschlag hin keine Antwort bekommen habe, wollte er nun das Thema über den Ortsbeirat in Erinnerung rufen.
Zwischen 6.30 und 11.30 Uhr sind die meisten Lkw unterwegs
Er stünde mit seinem Anliegen auch nicht alleine dar, sondern vertrete eine Ansicht, die viele Anwohner der Rheinstraße teilen würden. Ihm sei bewusst, dass es dort keine Dauerüberwachung geben könne. Dafür konnte er ein Zeitfenster benennen, wann die Belastung besonders hoch ist: Zwischen 6.30 und 11.30 Uhr seien die meisten Lkw unterwegs, nachmittags nehme es deutlich ab. Unterwegs seien dort Baufahrzeuge ebenso wie Anlieferer und Speditionen.
Doris Sterzelmaier (Grüne) erinnerte daran, dass man schon seit Jahren im Ortsbeirat damit zu tun habe. Sie nutzte die Gunst der Stunde, um das Thema Tempo 30 in der Rheinstraße anzusprechen, was im vergangenen Jahr bereits intensiv in der Stadtverordnetenversammlung diskutiert wurde. Jens Witte pflichtete ihr auf Nachfrage bei, dass eine Geschwindigkeitsreduzierung helfen könne, die Lkw aus dem Wohngebiet zu verdrängen.
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Erste Stadträtin und Verkehrsdezernentin Nicole Rauber-Jung (CDU) machte ihr aber wenig Hoffnung auf eine schnelle Umsetzung. „Rein rechtlich geht es eigentlich nicht.“ Man könne dies gerne erneut prüfen, so wie es vom Stadtparlament beauftragt wurde, mit einem anderen Ergebnis rechnet sie jedoch nicht. Eine Chance sieht sie im Beitrag Bensheims zur Städteinitiative Tempo 30.
Eine Vorlage aus dem Rathaus stieß Ende 2021 aber auf Ablehnung vor allem durch die Koalition aus CDU, SPD und FDP. „Ich weiß, dass meine Fraktion das anders sieht als ich“, merkte Rauber-Jung daher im Ortsbeirat an.
In der Sache herrschte im Gremium Einigkeit. Alois Hillenbrand (FWG) äußerte die Befürchtung, dass der Schwerlastverkehr noch zunehmen könnte, wenn die Gewerbeflächen südlich des Fachmarktzentrums entlang der Bahnlinie fertiggestellt sind. Walther Fitz (SPD) warf darüber hinaus ein, dass die Rheinstraße kein Einzelfall sei. In der Robert-Bosch-Straße würden sich die Lkw auch nicht an das Einfahrverbot halten. „Wenn nicht kontrolliert wird, passiert nichts.“
Stichprobenartigen Kontrollen als Idee
Ortsvorsteherin Ingrid Schich-Kiefer (CDU) sagte ebenso Unterstützung zu und forderte, an der Ecke Moselstraße/Rheinstraße wieder ein Verbotsschild anzubringen. Sie plädierte außerdem für die von den Anwohnern angeregten stichprobenartigen Kontrollen, unter anderem vor dem Hintergrund, dass die Rheinstraße Schulweg sei.
Mit dem Straßenverkehr und sicheren Passagen für Radfahrer und Fußgänger befasste sich der Ortsbeirat auch anschließend in seiner Sitzung. Franz Apfel (BfB) hatte einen Antrag zur Wormser Straße eingebracht. Demnach solle geprüft werden, ob im Bereich des Fachmarktzentrums der Bau einer Querungshilfe möglich ist - weil vor allem auf Höhe der Sparkasse sowohl Passanten als auch Radfahrer die Bundesstraße überqueren.
Aus dem Rathaus hieß es dazu, dass die Verkehrsbehörde Hessen Mobil schon eine Verkehrszählung veranlasst habe, das Ergebnis steht aus. Bereits im November habe es einen Termin der Straßenverkehrsbehörden des Kreises und der Stadt gegeben.
Harald Boeddinghaus (FDP): "Die Leute sollen sich an die Regeln halten"
„Dort geht dauernd jemand über die Straße, es kommt oft zu prekären Situationen“, hatte Apfel Handlungsbedarf ausgemacht. Er regte neben einer wie auch immer gestalteten Querungshilfe Tempo 30 zwischen Fabrikstraße und Unterführung an.
Harald Boeddinghaus (FDP) hatte zwar Verständnis für die Vorgehensweise. Er verwies aber auf die Ampel an der Ecke Fabrikstraße/Wormser Straße zur gefahrlosen Überquerung. „Die Leute sollen sich an die Regeln halten und dort über die Wormser Straße gehen.“
Michael Sydow (SPD) hätte sich stattdessen mit einer weiteren Ampel anfreunden können, schließlich hätte es dort früher mal eine gegeben. Das wurde aber in der Vergangenheit schon von Hessen Mobil abgelehnt - was Thomas Schröder (CDU) wiederum nachvollziehen konnte. „Wir können nicht alle 20 Meter eine Ampel einrichten.“
Alois Hillenbrand (FWG) sprach sich für eine Verschiebung des Themas aus, bis das Neubaugebiet auf dem alten EKZ-Gelände bezogen und das kleine Gewerbegebiet in der Fabrikstraße fertiggestellt ist. Das könne man eine Verkehrszählung machen und wisse genau, was auf einen zukomme.
Franz Apfel wollte die Angelegenheit nicht auf die lange Bank schieben, Doris Sterzelmaier setzte sich ebenso dafür ein, nach Lösungsmöglichkeiten zu schauen. Schließlich wolle man nicht, dass die Leute immer nur mit dem Auto zum Einkaufen fahren, Stichwort Verkehrswende. Dafür brauche es aber gute Lösungen. Eine Querungshilfe an dieser Stelle sei sinnvoll.
Am Ende stimmten bis auf Harald Boeddinghaus und Thomas Schröder alle Ortsbeiratsmitglieder für den Prüfauftrag von Franz Apfel.
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