Bensheim. Beim Planen einer Raddirektverbindung arbeitet Bensheim mit den Nachbarstädten Heppenheim und Zwingenberg zusammen. In diesem Fall beteiligt sich auch der Kreis an dem interkommunalen Vorhaben. Das Projekt ist Teil eines 70 Kilometer langen Radwegs, der von Frankfurt über Darmstadt an die Bergstraße und weiter über die Landesgrenze führt. Südlich von Weinheim verzweigt sich die Verbindung Richtung Mannheim und Heidelberg. Wo die Trasse durch den Kreis verlaufen soll, steht noch nicht fest.
Mit der Unterzeichnung einer Absichtserklärung ist dieses Projekt im April in ein neues Stadium getreten. Als nächsten Schritt soll die Stadtverordnetenversammlung einer Planungsvereinbarung zustimmen. Die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses sprachen eine solche Empfehlung einstimmig aus – wenngleich sich Tobias Heinz (CDU) hinsichtlich einer „realistischen“ Trassenführung und den Kosten skeptisch zeigte.
Im ersten Schritt der Zusammenarbeit unterzeichneten die beteiligten Städte im April dieses Jahres eine Absichtserklärung, die den Projektstart markieren soll. Die nun folgende Planungsvereinbarung konkretisiert die weiteren Schritte zur Findung einer geeigneten Trasse, deren Umsetzung, zur Aufgaben- und Kostenaufteilung sowie der Öffentlichkeitsarbeit. Ist die Trasse dann gefunden, sollen auf ihrer Grundlage die Planungs- und Baukosten angepasst werden.
Kreis Bergstraße geht mit 23,6 Millionen Euro in Vorkasse
Der Kreis Bergstraße übernimmt die Koordination des Projektes und tritt für die Kosten der Raddirektverbindung in Vorleistung. Die Summe beläuft sich – ohne die Kosten für einen möglicherweise nötigen Grunderwerb – auf etwa 23,6 Millionen Euro brutto.
Ihren jeweiligen Anteil bekommen die Städte anschließend in Rechnung gestellt. Ein Posten steht damit bei Zustimmung der Stadtverordneten für den Bensheimer „Spar-Haushalt“ 2025 schon fest: die Mittel für den Bau sind nämlich ab diesem Jahr in die Haushaltsplanungen einzustellen.
Zwingenberg als Beispiel für kreisweite Situation
Bodenwellen, Risse und schmale Wege: Schwachstellen und Sicherheitsmängel im Radwegenetz in Zwingenberg sind beispielhaft für die Gesamtsituation. Vor knapp zwei Monaten hatte der ADFC Bergstraße hatte zu einer Rundfahrt durch Zwingenberg eingeladen, um auf Schwachstellen im örtlichen Radwegenetz hinzuweisen.
Wo sind die Schwachstellen im Radverkehr? An welchen Punkten ist die Sicherheit auch für Schulkinder massiv gefährdet? Und was müsste verändert werden, um die Mobilität für nicht motorisierte Zweiräder schnell und dauerhaft zu verbessern?
Der ADFC Bergstraße fordert seit Jahren eine komfortable, gut ausgebaute und intuitiv nutzbare Infrastruktur, die Menschen dazu motiviert, das Fahrrad als Verkehrsmittel zu nutzen. „Die in der Straßenverkehrsordnung geforderte Sicherheit wird im großen Stil vernachlässigt“, hatte Joachim Hönes aus dem Arbeitskreis Verkehrspolitik damals kritisiert.
Mit Klaus Lemmes gehörte er 2021 zu den Mitbegründern der Ortsgruppe Bensheim-Zwingenberg. Hönes ist vor allem mit dem Radwegenetz im ältesten Bergstraßenstädtchen bestens vertraut.
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) ist ein gemeinnütziger Verein und Verkehrsclub für Fahrradfahrer. Er setzt sich als verkehrspolitischer Akteur und weltgrößter Interessenverband für eine konsequente Förderung des Radverkehrs ein.
Damals ging es nicht darum, Zwingenberg als Kommune an den Pranger zu stellen. Die Situation ist vielmehr beispielhaft für den gesamten Kreis Bergstraße und typisch für das gesamte Land. Durchweg sind die Radwege viel zu schmal und eigentlich nicht konform mit der Straßenverkehrsordnung (StVO). Bröckelnde Seitenränder und üppiger Pflanzenbewuchs verschmälern die Spuren zusätzlich, die Infrastruktur ist veraltet.
Für Joachim Hönes ist es ein Unding, dass man rechtliche Mängel sehenden Auges nicht behebt. Zumal eine Verbreiterung der Radwege an vielen Stellen baulich relativ problemlos machbar sei, wie er betonte.
Die StVO sei ein bindendes Regelwerk und müsse von staatlichen Stellen befolgt werden. Maßnahmen dürften nicht auf Jahre hinaus verschoben oder unter einen Finanzierungsvorbehalt gestellt werden. Nicht nur in Zwingenberg seien Rechtsverletzungen und ordnungswidrige Bauausführungen offensichtlich. red
23,6 Millionen Euro Kosten gliedern sich wie folgt: 20 Prozent der Kosten werden auf die Planung entfallen, rund 19 Millionen Euro auf den Bau. Geteilt ist das Vorhaben in unterschiedliche Leistungsphasen, die der Kreis bezuschusst, gleiches gilt für die Öffentlichkeitsarbeit.
Zur Förderung des Projektes in Höhe von 70 Prozent wird der Kreis Mittel beantragen. Zudem wird die Kreisverwaltung die Ausschreibung die die Vergabe der Planungsleistungen und der Öffentlichkeitsarbeit übernehmen. Die Städte müssen nun die hierfür nötigen Beschlüsse fassen, Planungsgrundlagen und Projektinformationen – etwa zum möglichen Trassenverlauf – liefern.
Was ist im Zusammenhang mit dem Radweg mit Öffentlichkeitsarbeit gemeint? „Die Bürgerinnen und Bürger, Interessenvertretungen, Verwaltung und Politik sollen durch eine öffentliche Beteiligung in den Entstehungsprozess der Trasse eingebunden und durch einen kontinuierlich Informationen zum Projekt erhalten“, heißt es hierzu seitens der Verwaltung.
Welche Kosten kommen auf die Stadt Bensheim zu?
Die Frage alles Fragen, um es mit der Formulierung der CDU-Fraktion auszurücken: Ist dieses interkommunale Projekt nun ein „wünschenswertes“ oder auch ein „finanzierbares“? Mit der Planungsvereinbarung erklärt sich die Stadt bereit, ihre Kosten in den folgenden Jahren in voller Höhe in den jeweiligen Haushalt einzustellen. Die genauen Baukosten und mögliche Grunderwerbskosten können erst mit Planung der Trasse ermittelt werden. Der Eigenanteil der Stadt Bensheim beläuft sich derzeit auf schätzungsweise 334 000 Euro, zuzüglich 5400 Euro für die Öffentlichkeitsarbeit.
Ausgehend von den derzeit geschätzten Baukosten würden nach Abzug der Fördersumme etwa 5,7 Millionen Euro an Baukosten verbleiben, die zwischen dem Kreis und den Städten aufgeschlüsselt werden müssen. Ein positiver Aspekt, den die Raddirektverbindung mit sich bringen könnte, ist neben mehr Sicherheit für Radfahrer auch ein positiver Effekt auf den Radverkehr und langfristig auf die Klimabilanz des Kreises – zumindest, wenn mehr Menschen auf das Auto verzichten.
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