Bensheim. Von einem Happy End für die Stadtbibliothek kann sicherlich nicht die Rede sein. Aber immerhin scheint es in diesem Trauerspiel nun einen kleinen Lichtblick zu geben. Ab Donnerstag, 2. November, können über das „Click and Collect“-Verfahren immerhin wieder Bücher ausgeliehen werden. Das System ist bekannt und hat sich während der Corona-Pandemie bewährt.
Die Nutzer können online die Medienbestände durchforsten, Bücher bestellen und bekommen sie vor dem Eingang am Spielplatz ausgehändigt. Für diese Vorgehensweise hat nach Angaben der Verwaltung nun die Bauaufsicht des Kreises die Freigabe erteilt. „Wir freuen uns, dass wir mit Click & Collect einen Service anbieten können, der unseren Nutzerinnen und Nutzern den Zugang zu Medien wieder ermöglicht“, betonte die Leiterin der Stadtbibliothek, Winnie Lechterbeck, in einer Mitteilung aus dem Rathaus.
Der elfte Wasserschaden
Der Bibliotheksbetrieb für den Publikumsverkehr könne jedoch aufgrund von erheblichen Mängeln an den haustechnischen Anlagen derzeit nicht aufgenommen werden, heißt es weiter. Der Vermieter der Bibliothek sei von der Bauaufsicht und der Stadtverwaltung zur umgehenden Mängelbeseitigung aufgefordert worden. Das wiederum ist keine Neuigkeit, sondern wird seit Wochen angeführt, wenn es um eine Perspektive für die Wiedereröffnung der Räume geht.
Wegen eines nach wie vor wohl nicht behobenen Wasserschadens sind in der Bücherei seit Ende Juli die Schotten dicht, nach Angaben der Verwaltung war es der elfte seit der Unterbringung im sanierungsbedürftigen Neumarkt-Center. Der jüngste schien aber nur bedingt ursächlich für die Schließung zu sein. Ins Feld geführt wurden relativ zügig bauliche Mängel, ohne diese zunächst näher zu benennen.
Mittlerweile weiß man, dass der Brandschutz wohl ein großes Thema ist. Im August hieß es dann, man müsse die Ergebnisse einer Luftraummessung abwarten. Die Resultate lagen Anfang September vor, Schimmelsporen konnten nicht nachgewiesen werden. Die Luft war so rein, wie sie in einem solchen Gebäude eben sein kann. Den Betrieb wollte und konnte man mit Verweis auf besagte bauliche Mängel trotzdem nicht aufnehmen.
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Mit der Bauaufsicht des Kreises, die mit der Thematik offiziell befasst ist, gab es Ende September einen Austausch im Rahmen einer sogenannten Gefahrenverhütungsschau. Die Erkenntnisgewinne seit dem Sommer blieben überschaubar, die Verantwortlichen im Rathaus verwiesen bei Anfragen gerne und ausgiebig darauf, dass man nicht „Herr des Verfahrens“ und als Mieter abhängig von Dritten sei, wie dem Eigentümer der Immobilie und dem Kreis Bergstraße mit Bauaufsicht und der Abteilung Gefahrenabwehr.
Dagegen gibt es grundsätzlich auch nichts einzuwenden. Schwierig wird es jedoch, wenn solche Aussagen über Wochen zum Haupterzählstrang werden und sich der Verdacht aufdrängt, dass nicht mit hoher Priorität an Lösungen gearbeitet wird - abgesehen vom Team der Stadtbibliothek, das sehr schnell schon die Weichen für „Click and Collect“ gestellt hatte und sich über Wochen in der Warteschleife befand, bis vor allen Dingen die Brandschutz-Thematik für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geklärt war.
Ein Ort der Kommunikation
Stichwort Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Die Verantwortung des Arbeitgebers ihnen gegenüber, Stichwort Gesundheitsschutz, wurde zurecht immer wieder betont. Ob die Räumlichkeiten jedoch auch ohne Wasserschaden hätten geschlossen werden müssen, darauf gab es auf Nachfrage dieser Zeitung keine wirkliche Antwort: „Der Wasserschaden war der Auslöser, die Bibliothek nach der Anhäufung verschiedener Mängel zunächst geschlossen zu halten.“ Wobei das „zunächst“ immer noch anhält, trotz des nun etablierten Übergangsverfahrens.
Schließlich ist die Stadtbibliothek mehr als nur eine Ausleih- und Aufbewahrungsstätte für Bücher, sie ist auch ein Ort der Kommunikation im Herzen der Stadt. Allerdings in einem Gebäude, dessen Zukunft mehr denn je in den Sternen steht. Daher dürfte die nächste spannende Frage, auf die es vermutlich so bald keine Antwort geben wird, sein, wie lange improvisiert werden muss, bis die Stadtbibliothek eine neue (oder vielleicht doch wieder die bisherige) Heimat hat.
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