Bensheim. Diese vier Mütter haben ordentlich Donner drauf. Was Thundermother im proppenvollen Musiktheater Rex abliefern, ist eine rauschende Hardrock-Show par excellence. Alle Klischees werden genüsslich bedient. Die vier Schwedinnen fegen bald zwei Stunden in einem atemberaubenden Tempo über die Bühne und bedienen sich in ihren Songs quasi an allen Genregrößen der vergangenen 50 Jahre.
Schon der Auftakt ist bombastisch, ähnlich druckvoll geht es weiter. Einmal Lautstärkeregler voll aufgedreht, die Gitarre noch ein bisschen mehr in den Vordergrund reguliert und die große Party kann beginnen. Hardrock- und Heavy-Metal-Fans aus allen Ecken des Landes scheinen sich an diesem Dienstagabend im Rex versammelt zu haben. Es ist voll wie schon lange nicht. Am Eingang bildet sich eine entsprechende Schlange.
Fliegende Haare und Rockposen
Die Gäste wissen, was sie erwartet. T-Shirts mit Wacken-Ausdruck lassen vermuten, dass manche von ihnen den Schweden-Vierer 2017 bereits dort gesehen haben. Und wissen, wie die Post abgeht, wenn Chefin Filippa Nässil die Gitarre in die Hand nimmt und rotzig-rockige Töne anschlägt, die nicht nur einmal stark an Angus Young erinnern.
Die versammelte Female Power auf der Bühne wird gekonnt in Szene gesetzt. Nicht nur mit Windmaschine fliegen die Haare, die Schwedinnen beherrschen auch sonst die ganz großen Rock-Posen. „Heat Wave“ heißt ihre neue, trotzdem schon etwas ältere Scheibe, die Mitte 2020 erschien, aber durch die Pandemie nicht richtig promotet werden konnte.
Dafür jetzt umso mehr und umso knalliger. Seit Nässil 2017 die Band neu formierte, weg von den Punk- hin zu sehr (hard-)rockigen Einflüssen ausrichtete, stimmt der Erfolg. Die Bluesrockröhre Guernica Mancini, Bassistin Mona Lindgren und Schlagzeugerin Emlee Johansson bilden das Rückgrat für die Bandleaderin, die mit ihrer Arbeit auf den sechs Saiten die Songs prägt.
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Vier Frauen als Zugpferde: Das wissen auch zwei Seniorenrockbands zu schätzen, die nicht mehr so leichtfüßig auf der Bühne unterwegs sind. Thundermother begleiten die Scorpions und Whitesnake als Special Guest auf deren USA-Tournee im Spätsommer.
Da muss gerade David Coverdale auf seiner Farewell-Tour aufpassen, dass ihm nicht der Rang abgelaufen und abgesungen wird. Ohrenstöpsel haben an diesem Abend im Rex Hochkonjunktur, denn nach einem etwas vermischten Beginn knallt dann der Sound besser abgestimmt bis in den letzten Winkel durch. Vor allem die Scheibe „Heat Wave“ wird an dem Abend hoch und runter gespielt.
Neben den Instrumenten ist auch der dreistimmige Gesang hervorstechend, der einigen Songs einen sehr melodischen Touch inmitten des Gitarreninfernos gibt. „Watch out“ ist solch ein Stück gegenüber dem bellenden „Dog from Hell“. Zum Schluss hin kann sich Filippa Nässil so richtig austoben. „We fight for Rock’n’Roll“ bringt die Lebensphilosophie der Band rüber.
Bei „Give me some lights“ unternimmt sie eine Riffreise durch die Rockgeschichte. Led Zeppelin, Iron Maiden oder AC/DC lassen sich aus einem Medley heraushören, das die Gruppe nochmal so zeigt, wie sie das gesamte Konzert bestritten hat: immer auf Anschlag – inklusive der Lautstärkeregler.
Was aber perfekt zum selbst gesetzten Anspruch passt: „Thundermother don’t just play rock’n’roll. Thundermother are rock’n’roll!“, sagt die Band über sich. Die Band spielt den Rock’n’Roll nicht nur, sie lebt ihn auch.
Dass es an diesem Abend bereits früher mit den Tschechen von „Dymytry“ losgehen würde, kam etwas überraschend für einige. Wer es nicht rechtzeitig schaffte, hat was verpasst. Die Band nennt ihren Stil zwar etwas sperrig „Psy-Core“, aber letztlich verbirgt sich dahinter moderner Metal mit ein paar Growls, aber auch harmonischem Klargesang. In ihrer Heimat ist die Gruppe längst schon ein Stadion-Füller, hierzulande aber ziemlich unbekannt.
Das soll sich jetzt ändern. Mit dem Deutschen Alen Ljubic am Mikro ist der maskierte Fünfer auch außerhalb Tschechiens auf Tour und promotet die Schreibe „Revolt“, mit ihm auf Englisch eingesungen. Das Original unter dem Namen „Revolter“ bekam im Nachbarland schon eine Platinauszeichnung. Dymytry reißen als eigentlich undankbare Vorband des ersehnten Hauptacts so einiges: Angesichts der Dynamik und Power sind die Besucher schnell mit dabei.
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