Haupt- und Finanzausschuss

Stadt Bensheim plant, Terrorsperren noch 2024 anzuschaffen

Noch in diesem Jahr sollen sie kommen - sogenannte Terrorsperren. Die Investition soll für noch mehr Sicherheit in Bensheim sorgen. Alle aktuellen Infos zum Thema gibt es hier auf einen Blick.

Von 
Anna Meister
Lesedauer: 
So sehen die Terrorsperren aus, die die Stadt Bensheim noch in diesem Jahr anschaffen möchte. © Silbitz Group

Bensheim. Die einen hielten es für übertrieben und in der aktuellen Situation der Stadt Bensheim nicht finanzierbar, für die Mehrheit der Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses erscheint die Anschaffung sogenannter Terrorsperren bis Ende des Jahres allerdings notwendig. Einen zugehörigen Sperrvermerk im diesjährigen Haushalt hat das Gremium deswegen jetzt aufgehoben.

Pro Standort würden drei Sperren versetzt aufgestellt, um eine Zufahrt in direkter Linie zu verhindern

Sechs solcher mobilen Poller – Modell Citysafe der Silbitz Group – zu einem Stückpreis von etwa 5000 Euro sollen Veranstaltungen wie das Winzerfest oder den Weihnachtsmarkt künftig zusätzlich absichern, zumindest für das Szenario, sollte jemand versuchen, ein Fahrzeug in die Menschenmassen, die sich bei diesen Großereignissen durch die Gassen der Innenstadt schlängeln, zu lenken.

Die Sperren sind 900 Kilogramm schwer, 1,20 Meter hoch und 1,50 Meter breit. Im Falle eines Aufpralls wird die Sperre umgestoßen und „gräbt“ sich in den Boden ein. Das Fahrzeug wird entsprechend aufgebockt werden und somit an einer Weiterfahrt gehindert. Pro Standort würden drei Sperren versetzt aufgestellt, um eine Zufahrt in direkter Linie zu verhindern. Das System wird von der Stadt Lampertheim bereits eingesetzt. Dort sollen weitere Sperren dieses Typs angeschafft werden. Auch die Stadt Heppenheim sieht vor, die Citysafe Sperren noch in diesem Jahr anzuschaffen, heißt es in der Begründung der Verwaltung. Ziel der drei Städte ist es, die Sperren im Bedarfsfall untereinander auszuleihen. Dies reduziert die vorzuhaltende Lagerfläche für die Städte und erleichtert die Handhabung bei den jeweiligen Bauhöfen.

Rolf Tiemann (FWG) hält die Pläne für überdimensioniert. Sicher gebe es auch andere Möglichkeiten, potenzielle „Einfahrwege“ abzusichern. Maximilian Gärtner (CDU) lenkte dabei gleich ein: „Andere Maßnahmen, zum Beispiel das Aufstellen von schweren Tanklastwägen, wären weitaus teuer. Denn auch diese Fahrzeuge muss man mieten. Die Sicherheitsanforderungen für Großveranstaltungen sind in der Vergangenheit massiv gestiegen. Deswegen ist es absolut logisch, dass die Stadt die Sperren anschaffen möchte.“ Dabei müsse man nicht immer gleich vom schlimmsten, etwa einem Terrorfall, ausgehen. „Es genügt schon, wenn ein Autofahrer wegen eines medizinischen Notfalls nicht mehr in der Lage ist, sein Fahrzeug zu lenken.“

Bürgermeisterin Klein: "Motive müssen nicht immer einen terroristischen Hintergrund haben"

Sein Fraktionskollege Bernhard Stenger vertritt hingegen eine ganz andere Meinung: „Die Terrorsperren sind nichts weiter als ein Placeboeffekt. Diese Entscheidung wird nicht aus rationalen Gründen, sondern aus Angst getroffen.“ Man könne Terror nicht aussperren – wer Schaden anrichten wolle, der finde immer eine Möglichkeit. Rolf Kahnt (VuA) schloss sich dieser Argumentation an: „Angst ist immer ein schlechter Ratgeber.“ So sei das Risiko, etwa im Straßenverkehr zu Schaden zu kommen, um ein vielfaches größer.

Bürgermeisterin Christine Klein wandte ein, dass die Motive nicht immer einen terroristischen Hintergrund haben müssten: Sie erinnerte an die Amokfahrt im hessischen Volkmarsen am 24. Februar 2020. Damals lenkte ein 29-Jähriger sein Fahrzeug vorsätzlich in eine Gruppe von Zuschauern des Rosenmontagszugs. Über 100 Menschen wurden damals verletzt. Am oberster Stelle stehe, die Sicherheit der Besucher und Teilnehmer von Volksfesten, Märkten, Festivals, Weihnachtsmärkten, Konzerten oder Demonstrationen zu gewährleisten.

Der Nibelungenbrunnen soll mit neuer Infrastruktur ausgestattet werden. Davon erhofft man sich eine weitere Belebung der oberen Fußgängerzone. © Thomas Neu

Solche Ereignisse seien nicht berechenbar, auch gewährleisteten die Sperren keine hundertprozentige Sicherheit. „Und dennoch lautet die Empfehlung, etwa seitens der Polizei, an uns, sie anzuschaffen.“ Dazu komme die Tatsache, dass damit auch Haftungsfragen zusammenhängen. „Wenn die Stadt nachgewiesenermaßen nicht alles getan hat, um so ein Ereignis zu verhindern, kommen empfindliche Zahlungen auf uns zu.“ Interessanter als die Frage, ob sich die Stadt die Anschaffung der Terrorsperren erlauben kann, sei vielmehr, ob sich die Stadt künftig die Ausrichtung so große Feste erlauben könne. So weit soll an dieser Stelle aber vorerst nicht gedacht werden.

Der Sperrvermerk, den das Gremium freigegeben hat, lag ursprünglich bei 100 000 Euro, die Summe wurde aber nun auf 40 000 Euro herabgesetzt, da die Sperren günstiger sind, als vorab kalkuliert. Die übrigen 60 000 Euro sollen im Rahmen des Nachtragshaushaltes für 2024 abgeplant werden. Das Zahlenwerk wird in der kommenden Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, 14. November, eingebracht und soll erste Einsparmaßnahmen enthalten, die das Haushaltsloch verkleinern sollen.

Neue Infrastruktur am Nibelungenbrunnen

Potenziell hätte die Stadt nicht nur bei den Terrorsperren, sondern auch bei einem weiteren Punkt auf der Tagesordnung sparen können: der Herstellung der Infrastruktur am Nibelungenbrunnen in der oberen Fußgängerzone. Auch hier hat der Ausschuss einen Sperrvermerk über 40 000 Euro im Haushalt 2024 aufgehoben. Hergestellt werden sollen dort ein Kanal- und ein Trinkwasseranschluss, ebenso wie eine Stromversorgung über die GGEW. Die Kosten hierfür belaufen sich auf etwa 35 000 Euro.

Mehr zum Thema

Finanzausschuss

Entscheidung über Erhöhung der Grundsteuer B in Bensheim vertagt

Veröffentlicht
Von
Anna Meister
Mehr erfahren
Stadtentwicklung

Kita und Wohnraum in Bensheim unter einem Dach vereinen

Veröffentlicht
Von
Jeanette Spielmann
Mehr erfahren
Klimawandel

Verwaltung in Bensheim strebt Klimaneutralität bis 2035 an

Veröffentlicht
Von
ps
Mehr erfahren

Rolf Tiemann hielt diese Maßnahme zumindest aktuell für nicht zwingend notwendig. „Ja, die Herstellung der Infrastruktur ist schon lange gewünscht, jetzt sollte man aber darauf verzichten.“ Dabei handle es sich nicht um ein konkretes Nein, ergänzte Rolf Kahnt. „Aber wenn wir die Reißleine ziehen müssen, dürfen wir solche Projekte derzeit nicht angehen.“

Mit dieser Investition gehe kein Geld verloren, „ sondern es wird konstruktiv ausgegeben“

Jürgen Kaltwasser (SPD) sieht das anders: Man habe die Kosten für die Herstellung mittlerweile senken können, zudem sei diese Maßnahme wichtig zur weiteren Belebung der oberen Fußgängerzone. Denn durch die Herstellung der Infrastruktur wurde auch dort oben die Möglichkeit geschaffen, Stände wie Foodtrucks im Rahmen der Veranstaltungen in der Innenstadt zu versorgen.

Bernhard Stenger sprach sich dafür aus, „den Schlaf der oberen Fußgängerzone“ nicht weiter andauern zu lassen. Mit dieser Investition gehe kein Geld verloren, „ sondern es wird konstruktiv ausgegeben“. Mit der Freigabe der Gelder kann nun der Verwaltung zufolge unverzüglich mit den Herstellungsarbeiten begonnen werden.

Redaktion

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

VG WORT Zählmarke
  • Winzerfest Bensheim