Bensheimer Ortsvorsteher

Stefan Stötzel will Fehlheimer Dorf-Strukturen erhalten

Von 
Thomas Tritsch
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Stefan Stötzel ist seit April dieses Jahres Ortsvorsteher im Bensheimer Stadtteil Fehlheim. Kommunalpolitisch engagiert er sich bereits seit 2016. © Neu

Fehlheim. In Fehlheim hat man keine Zeit zu verlieren. Nach der Kommunalwahl hatte sich der Ortsbeirat bereits Anfang April als erstes städtisches Gremium konstituiert und die neue Amtsperiode in Angriff genommen. Auch hier fand eine umfangreiche Umbesetzung mit fünf brandneuen Mitgliedern statt. Nur Alexander Berndt und Stefan Stötzel waren bereits vorher im Boot.

Mit fast 21 Prozent konnte Stötzel bei den Wahlen das beste Ergebnis im Ortsteil einfahren. Der promovierte Chemiker mit Wurzeln im Ruhrgebiet hat nach 20 Jahren Rico Klos das Zepter im kommunalen Parlament übernommen. Sein Vorgänger hatte ihm das Amt nahegelegt. Für Stötzel stand fest: Mach ich! Aber nur ohne Fraktionszwang.

Erstmals hatten die Ortsbeiratsmitglieder vor fünf Jahren nicht unter der jeweiligen Parteiflagge kandidiert, sondern sich gemeinsam auf der Freien Wählerliste Fehlheim (FWF) zur Wahl gestellt. Aufgrund dieser Umstellung klopfte damals auch der „Neue“ an die Tür des Dorfgemeinschaftshauses. Mit Erfolg.

Es geht um Effizienz

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Stefan Stötzel möchte dabei helfen, die lokale Entwicklung zu fördern, anstatt sich in parteipolitischen Schützengräben zu verschanzen und dabei womöglich den Blick für das Wesentliche zu verlieren. Dem Naturwissenschaftler geht es – neudeutsch gesagt – um Effizienz und Prozessoptimierung. Im Beruf wie im Ortsbeirat. Tagsüber ist er im Business Development für ein europaweit führendes Unternehmen für industrielle und medizinische Gase tätig. Am Standort Biebesheim kümmert er sich unter anderem um Themen wie die Dekarbonisierung von Industrieprozessen, um grünen Wasserstoff und energiesparende Produktionsabläufe. Zukunftstechnologien pur.

In Fehlheim geht es um den Kindergarten, um Neubaugebiete, Straßensanierungen und Dorfentwicklungsprogramme. Klingt vergleichsweise banal, ist aber im Ort von hoher Bedeutung. Und Stefan Stötzel will dazu beitragen, dass die Bürger mit ihren Ideen, Sorgen und Wünschen gehört werden.

Deshalb wurde bereits im Frühjahr eine spezielle Mail-Adresse (ortsbeirat-fehlheim@t-online.de) eingerichtet, die den Draht ins Gremium so kurz wie möglich machen soll. Aber auch in den Präsenzsitzungen hofft er auf eine rege Bürgerbeteiligung. Die neue Periode ist gut angelaufen. Die Gäste werden mehr. Für Stefan Stötzel ein Signal, dass die Arbeit im Ort wahrgenommen werde.

„Ich sehe den Ortsbeirat als Mittler zwischen Bürger und Verwaltung.“ Dass es klappen kann, zeige die gute Zusammenarbeit etwa mit dem Ordnungsamt, dem Team Straßenverkehr und dem KMB. Auch die Eigeninitiative des Gremiums genieße genügend Raum. „Die Dorfgemeinschaft funktioniert.“ Aus dem Gremium heraus hatte sich 2020 ein Komitee zur Organisation der Fehlheimer Kerb gegründet, in dem von allen Vereinen Vertreter sitzen. Stötzel ist Vorsitzender.

Aufgrund der Pandemie will man wie schon im vergangenen Jahr diverse kleinere Aktivitäten anbieten. Am letzten August-Wochenende soll es wieder einen Mini-Umzug geben. Die Kerb kommt zu den Menschen, wenn es umgekehrt nicht möglich ist.

Das dialogische Moderieren zwischen Bürgerschaft und Politik, zwischen Bewohner und Verwaltung liege ihm. Auch im Falle von etwas tieferen Gräben. Rückblick: 2014 wollte die rot-grüne Landesregierung in Baden-Württemberg die Inklusion von Kindern mit Behinderungen an Schulen vorantreiben. Dafür war eine Änderung des Schulgesetzes vorgesehen.

Pädagogen standen diesen Plänen aber kritisch gegenüber. Genauso wie manche Eltern von Kindern mit einer Behinderung. Viele befürchteten, dass ein wohlmeinendes Ziel manche Kinder aus dem System ausschließen könnte, weil auch die Abschaffung der Sonderschulen ins Auge gefasst wurde.

Turbulente Phase

Stötzel war damals Elternbeiratsvorsitzender einer Ladenburger Schule und Vorsitzender des Arbeitskreises Sonderschulen im Rhein-Neckar-Kreis. Der Verein hat sich für das Fortbestehen des Elternwahlrechts und für den Erhalt der spezialisierten Einrichtungen eingesetzt und einen differenzierteren Umgang mit diesem bildungspolitischen Thema gefordert. Dabei erlebte der Vater einer Tochter live mit, wie parteipolitisches Kalkül und effektvolle Rhetorik im öffentlichen Diskurs eine sachliche und lösungsorientierte Herangehensweise überholen können. Zu Hause im kleinen Fehlheim soll es anders laufen.

„Ich hätte mir auch für die Stadtverordnetenversammlung eine offene parlamentarische Arbeit mit wechselnden Mehrheiten gewünscht.“ Dies wäre eine Chance für einen zielführenden inhaltlichen Diskurs und führe zu mehr konstruktivem Austausch im großen Gremium, so der 55-Jährige, der sich für seinen Amtsantritt als Ortsvorsteher eine recht turbulente Phase ausgesucht hat: Die Pläne für die siebenzügige Groß-Kita für Schwanheim und Fehlheim halten auch den Ortsbeirat auf Trab.

Dass der Kindergarten in Fehlheim zu klein geworden ist, bestreitet keiner. Doch mit zwei Geschossen habe der vorgesehene Bau mit dem dörflichen Charakter der Umgebung wenig gemein, so Stötzel. Eine Gebäudehöhe von über elf Metern, die über die Firsthöhe der angrenzenden Bebauung hinausgehe, sei überdimensioniert und der Bevölkerung nicht zu vermitteln. Er verweist auf die Verkehrsproblematik, die bereits seit Jahren in beiden Stadtteilen ein Dauerthema ist. Zu den zusätzlichen Belastungen durch das Neubaugebiet in Fehlheim komme im Falle eines Neubaus auf dem Grünzug im alten Neckarbett dann auch noch der konzentrierte Verkehr zur Kita – und mehr Belastungen für die Anwohner. Von den sechs anwesenden Ortsbeiräten bei der Sitzung Ende Juni lehnten fünf die Beschlussvorlage – wie berichtet – ab.

Vereine wieder beleben

Die Bewahrung dörflicher Strukturen – so lautete sogar schon Stötzels Slogan für die Kommunalwahl. „Ich bin in einem solchen Umfeld aufgewachsen. Alles andere ist nichts für mich.“ Dazu gehört auch das lokale Leben. Als wichtige Aufgabe für die kommenden Monate betont er die Belebung der Vereine, von denen viele durch die Corona-Krise stillgelegt oder zumindest ausgebremst wurden. Vor allem die Musik- und Gesangsvereine.

„Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass die wieder durchstarten können“, so der Fehlheimer Ortsvorsteher. Sporthalle und Dorfgemeinschaftshaus sind schon seit vielen Jahren immer wieder ein Thema, wenn es um die Wünsche für den städtischen Haushalt geht. Durch das neue Baugebiet im Norden des Stadtteils besteht nun die Chance auf eine Verbesserung der aktuellen Situation.

Im Neubaugebiet ist eine Fläche für Gemeinbedarf vorgesehen. Wenn dort eine Art Gemeinschaftshaus oder Begegnungsstätte geschaffen würde, ergäbe das neue Möglichkeiten für die Sporthalle, so Stefan Stötzel. Auch die Tischtennisspieler brauchen Platz. Schließlich sind die VfR-Cracks in die 3. Bundesliga aufgestiegen.

Freier Autor

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