Unwetter

Gefahrenkarte bei Starkregen in Bensheim

Bei Starkregen steigt die Überflutungsgefahr, wenn die Kapazitäten des Abwassersystems erschöpft sind. Der KMB hat eine Starkregengefahrenkarte für das Bensheimer Stadtgebiet erstellt.

Von 
Thomas Tritsch
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Bei Starkregen steigt die Überflutungsgefahr, wenn die Kapazitäten des Abwassersystems erschöpft sind. Der KMB hat eine Starkregengefahrenkarte für das Stadtgebiet erstellt, die auf der Homepage des Zweckverbands zugänglich ist. © dpa

Hochstädten. Der Zweckverband Kommunalwirtschaft Mittlere Bergstraße (KMB) beschäftigt sich seit längerem mit dem Thema Starkregen und hatte vor einem Jahr eine Starkregengefahrenkarte auf seiner Homepage veröffentlicht, die für jeden Bürger frei zugänglich ist.

Über diese digitalen Modelle lässt sich die Überflutungsgefahr in einer bestimmten Umgebung besser abschätzen, wenn die Kapazitäten des Abwassersystems erschöpft sind und die Wassermassen nicht mehr ablaufen können. Der KMB betont: Es geht dabei nicht um allgemeinen Hochwasserschutz, sondern um viel Regen innerhalb kürzester Zeit in einem lokalen Gebiet. Für den Bereich Hochwasserschutz ist der Gewässerverband Bergstraße zuständig und verantwortlich.

Sogenannte Starkregenereignisse treten aufgrund des Klimawandels immer häufiger auf und führen ab einer gewissen Intensität zu einer Überlastung des Kanalnetzes, wie Lars Stuckert bei einer gemeinsamen Sitzung der Ortsbeiräte Auerbach und Hochstädten erläuterte. Er ist beim KMB für den Geschäftsbereich Stadtentwässerung und Kanalbetrieb zuständig.

Kanalnetze sind nicht auf extreme Regenereignisse ausgerichtet

Im Hochstädter Haus informierte er mit seinem Kollegen Florian Bolz über die zugrundeliegenden Daten der Karten und die Nutzung des Systems. Für die Gremien begrüßten Robert Schlappner (Auerbach) und seine Hochstädter Kollegin Sabine Hinterkeuser-Freye die Mitglieder und zahlreiche Gäste.

Wie im gesamten Stadtgebiet, so sind auch die Kanalnetze in den Stadtteilen grundsätzlich nicht auf extreme Regenereignisse ausgerichtet, so die KMB-Mitarbeiter. Die erforderlichen Größendimensionen wären wirtschaftlich kaum tragbar noch technisch lückenlos umsetzbar. Daher kann es zu Überflutungen auf der Oberfläche kommen.

Gefahr einer Überflutung lässt sich besser abschätzen

Grundsätzlich sei das Netz im Verbandsgebiet aber für ein dreijähriges Starkregenereignis ausgelegt und leistungsfähig genug, in einem solchen Falle das Niederschlagswasser in geregelte Bahnen abzuführen. Über die Starkregengefahrenkarten lasse sich die Überflutungsgefahr in der eigenen Umgebung aber jetzt besser abschätzen, so Stuckert.

Anwohner können prüfen, wie gefährdet ihre jeweilige Straße oder ihr Grundstück im Falle eines Starkregens ist, um entsprechende Schutzvorkehrungen treffen zu können.

In der plastischen Übersicht werden – basierend auf einer mathematischen Simulation auf der Grundlage erhobenen Datenmaterials – die lokale Überflutungsgefahr inklusive Wassertiefe und Gebäude sowie das Verkehrsflächenrisiko dargestellt. Denn überdurchschnittlich viel Niederschlag belastet das Kanalsystem bis zum Anschlag und oftmals darüber hinaus. Wenn Gullydeckel in die Höhe schießen, ist es bereits zu spät. Dann sind Keller und tiefergelegene Bereich oftmals längst überflutet. „Es geht darum, Risiken einschätzen zu können“, so Stuckert.

Einzugsgebiet von Einhausen über Bensheim bis Lautertal

Seit 2014 arbeitet der KMB an einem Generalentwässerungsplan für das komplette Verbandsgebiet. Ein Aspekt dabei ist die Reduzierung von sogenanntem Fremdwasser: das ist Wasser, das meist ungewollt in die Kanalisation eindringt, sich mit dem Schmutzwasser vermischt und gemeinsam abfließt. Durch eine hydraulische Sanierung des bestehenden Netzes habe man seither die Strukturen optimiert und ein ausreichend leistungsfähiges Ablaufsystem sichergestellt. Das Verbandsgebiet umfasst rund 460 Kanalkilometer mit über 13 000 „Haltungen“. Eine „Haltung“ ist die Verbindungsstrecke eines Abwasserkanals zwischen zwei Schächten. Das Einzugsgebiet des Verbands reicht von Einhausen über Bensheim bis Lautertal.

In den grafischen Darstellungen sind Regenabflüsse an der Erdoberfläche bei einem jeweils definierten Regenereignis berechnet und visuell markiert. Beim Zoomen auf die Karte werden Gebäude und Verkehrsflächen deutlich. Die Risikobewertung ist farblich gekennzeichnet – und dynamisch. Denn im Zusammenhang mit der laufenden Aktualisierung der Karten sind Hinweise zu den Ergebnissen sowie Rückmeldungen von Betroffenen ausdrücklich erwünscht, wie Lars Stuckert betont.

Tiefgaragen und Unterführungen sind Risiko-anfällig

Alle Informationen werden gesammelt und fließen in das Berechnungsmodell zur Verbesserung der Ergebnisse ein. „Es ist wichtig, die Karten weiterhin zu konkretisieren, um das kleinräumige Überflutungsgeschehen realitätsnah abzubilden“, so der KMB-Geschäftsbereichsleiter, der die Bürger zur Mithilfe auffordert.

Zu den neuralgischen Punkten zählen grundsätzlich Tiefgaragen, Unterführungen und alle Art von Senken, an denen sich übermäßiges Wasser sammeln kann. In Hochstädten ist das unter anderem auf dem Feld nördlich des Feuerwehrhauses parallel zur Mühltalstraße der Fall. Auch der Weiherweg, das Oberdorf und das Neubaugebiet gehören zu den neuralgischen Stellen.

Für Auerbach zeigt das digitale Modell Problemzonen entlang der Verkehrsflächen an der Bachgasse bis über die B 3 in westlicher Richtung. Viele Gebäude sind einzeln markiert und bewertet.

Hauseigentümer müssen Vorkehrungen zum Schutz treffen

Auch in der Bauleitplanung spielen diese Daten eine wichtige Rolle, so Bensheims Stadträtin und KMB-Verbandsvorsitzende Nicole-Rauber Jung in Hochstädten. Auch sie fordert die Bevölkerung zur Mitarbeit auf. Man benötige so viele Daten wie möglich, um die Informationen optimieren zu können und sich so auch präventiv besser aufstellen zu können.

Im Allgemeinen sind für die bis zu fünfjährigen Regenereignisse die Entwässerungsbetriebe verantwortlich. Dazu gehören auch bauliche Maßnahmen wie zuletzt eine neue Regenwasserführung an der Schönberger Straße in Auerbach, die im Zuge der Fahrbahnsanierung installiert wurde. In Hochstädten soll Niederschlagswasser im Bereich der Felsbergstraße künftig besser abgeführt werden.

Trotz dieser Maßnahmen müsse aber auch der Hauseigentümer gesonderte Vorkehrungen zum Schutz seiner Immobilie treffen, so Florian Bolz. Denn die Beherrschung dieser Oberflächenabflüsse liegt nicht allein im Aufgabengebiet des Kanalnetzbetreibers und der Kommune, sondern sei als Gemeinschaftsaufgabe aller Betroffenen zu verstehen. Sie sind dazu verpflichtet, vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen und ihre Grundstücke und Häuser entsprechend zu sichern. Die Eigenvorsorge ist ausdrücklich im Wasserhaushaltsgesetz vorgeschrieben.

Weitere bauliche Schutzmaßnahmen seien ebenfalls sinnvoll

In Gebäuden, die nicht gegen Rückstau geschützt sind, kann das aufgestaute Abwasser beispielsweise über Waschbecken, Waschmaschinen oder Toiletten in Kellerräume eindringen und erhebliche Schäden verursachen. Auch Vermieter haften gegenüber ihren Mietern für entstandene Schäden. Umso wichtiger ist für Eigentümer eine Rückstau-Sicherung, die das Gebäude vor eindringendem Abwasser schützen könne, so Bolz.

Unabhängig davon sind laut KMB, der Bürger dazu auch individuell berät, weitere bauliche Schutzmaßnahmen sinnvoll. Etwa Versickerungsmulden auf dem Grundstück, der Einbau druckstabiler und wasserdichter Kellerfenster und Türen oder die Überdachung von Kellereingängen und Schächten aller Art.

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Parallel zu der aktuellen Tour des Verbands zwecks eines Dialogs mit den örtlichen Gremien entwickelt der Gewässerverband Bergstraße derzeit eine Hochwassergefahrenkarte. Dabei sind auch der KMB und das Amt für Bodenmanagement eingebunden. In Hochstädten ist demnächst ein Rundgang geplant, um über die Ableitung von Oberflächenwasser in die Außenbereiche zu informieren.

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