Kommunalpolitik

Bensheimer Erste Stadträtin weist Kritik zurück

Die Koalition hatte in ihrem Halbzeitgespräch Kritik am Rathaus geübt - konkret an der ihrer Meinung nach zu überschaubaren Anzahl an Vorlagen aus der Verwaltung. Erste Stadträtin Nicole Rauber-Jung wies den Vorwurf zurück.

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Dirk Rosenberger
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Die Koalition fordert mehr Verwaltungsvorlagen zur Entscheidung aus dem Rathaus. Erste Stadträtin Nicole Rauber-Jung bezog im Pressegespräch zur Kritik Stellung. © Thomas Neu

Bensheim. Die Aussagen der Koalition aus CDU, SPD und FDP haben bei Erster Stadträtin Nicole Rauber-Jung (CDU) leichte Irritationen ausgelöst. In ihrer Halbzeitbilanz hatten Vertreter des Bündnisses kritisiert, dass aus dem Rathaus zu wenig Vorlagen kommen, über die kommunalpolitisch entschieden werden könne.

Exemplarisch genannt wurden von Seiten der Christdemokraten Bebauungspläne. „Ich war verwundert, dass man mich von Seiten meiner eigenen Fraktion auf die Produktion von Bebauungsplänen reduziert“, bemerkte die Baudezernentin im Gespräch mit dieser Zeitung.

Es habe immer Gründen, warum man keinen Bebauungsplan vorlegt. Es komme beispielsweise auf die Größe und Komplexität der Projekte an – und was drum herum noch passierte. Wenn ihr Team sich nur um Bebauungspläne zu kümmern hätte, wäre das kein Thema. Sie selbst sei darüber hinaus ja nicht nur die Baudezernentin. Dank des Beschlusses der Koalition, keinen zweiten hauptamtlichen Stadtrat mehr einzustellen, habe sie ein sehr vielfältiges Dezernat.

Die Bensheimer Erste Stadträtin Nicole Rauber-Jung. © Thomas Neu

„In Teilen ist das im Fachbereich Stadtentwicklung gut. Das gibt es viele Synergieeffekte. Aber es ist ebenso ein sehr hoher Steuerungsaufwand, zumal im Stellplan auch nicht die Fachbereichsleitung besetzt werden konnte“, betonte Rauber-Jung. Daher habe sie weniger Zeit, um strategisch in der Stadtentwicklung einzugreifen.

Trotz allem habe man unabhängig von den Bebauungsplänen viel auf den Weg gebracht. Dazu zählt die Stadträtin die Ausschreibung für das Mobilitätskonzept. Für dieses habe man eigeninitiativ einen Förderantrag gestellt – mit guten Aussichten, 65 Prozent der Kosten zurückzubekommen. Vorbereitet werden zurzeit nach Angaben der Stadträtin umfangreiche Veranstaltungen zur Energiewende. Aktuell würden dazu sämtliche Fraktionen informiert. „Wir bereiten hier die Zukunft der Energieversorgung vor, hinzu kommt noch die Wärmeplanung“, konstatierte Rauber-Jung.

Die Unterbringung von Geflüchteten und die Suche nach geeigneten Unterkünften beschäftigt die Verwaltung besonders intensiv seit dem vergangenen Jahr. In die Standortsuche seien viele Teams aus dem Rathaus involviert. Für jedes Grundstück oder Gebäude müsse ein städtebaulicher Kurzsteckbrief verfasst werden. „Da sitzt auch jemand nicht nur eine halbe Stunde dran.“

Allgemein sei man in ganz vielen Gesprächen über ganz viele Projekte, die sich in unterschiedlichen Stadien befinden, gab die Dezernentin einen Kurzabriss über das Aufgabenportfolio. Viele befänden sich in der Erstabstimmung, andere seien kurz vor der Offenlage. „Während Corona ist einiges aufgelaufen, was jetzt nach und nach abgearbeitet wird“, erläuterte die Baustadträtin. In der Hochphase der Pandemie seien die kommunikativen Abläufe schwieriger gewesen. Das alles habe zu einem gewissen Stau geführt, den es nun gelte, zusammen mit den Planungsbüros aufzulösen.

Man befinde sich in einer kleinen Hängepartie

Im ersten Halbjahr 2024 werde eine ganze Menge an Plänen kommen. Jetzt befindet man sich in einer kleinen Hängepartie. „Meine Intension ist es, gute und rechtssichere Bebauungspläne vorzulegen und nicht irgendeinen Stand, damit ich irgendeinen Beschluss habe“, verdeutlichte Rauber-Jung. Man habe schließlich in der Vergangenheit gesehen, wie viele Runden solche Pläne in den Gremien gedreht hätten, ohne dass es zu einem Beschluss gekommen sei. Ihr Ziel ist es, eher weniger Beschlüsse pro Bebauungsplan, dafür aber qualitativ hochwertige und richtige Beschlüsse.

Seit Mitte des vergangenen Jahres habe man im Rathaus ein komplett neues Dokumentenmanagement-System eingeführt. Das Team Stadtplanung musste und müsse noch alle Daten in dieses System übertragen. Bensheim sei eine von zwei Modellkommunen für den digitalen Bauantrag, der nun kommen soll. Das musste von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusätzlich gestemmt werden – vor dem Hintergrund, dass die Stelle der Teamleitung ein Jahr nicht besetzt war.

Man dürfe es dennoch nicht auf die Erstellung von Bebauungsplänen reduzieren. Im Hintergrund seien viele Projekte gelaufen, die keines Bebauungsplans oder einer Änderung bedurften. „Das sind Dinge, die sehen die Stadtverordneten gar nicht.“ Sie fände es traurig, wenn man jetzt sage, es komme zu wenig aus dem Rathaus. Es sei immer die Frage, was für eine Qualität komme und was ohne Beschlüsse passiere.

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Wenn kommunalpolitisch kritisiert wird, dass im Haushalt zu viele Unterhaltungskosten auflaufen, man aber gleichzeitig neue Fässer mit weiteren Unterhaltungskosten aufmache, „muss ich mich nicht wundern, wenn die Kosten steigen“. Als Beispiel nannte die Stadträtin auf Nachfrage die Taunusanlage, in der durch viel Eigeninitiative ein Bewegungspark entstehen soll (wir haben berichtet). Ein schönes Vorhaben, so die Stadträtin, aber die Stadt müsse im Nachgang im Zweifel für die Betriebskosten geradestehen.

Damit alles in Schuss bleibe, müsse es gut gepflegt werden. Das sehe man an der Laufbahn im Weiherhausstadion. Nachdem dort über viele Jahre nichts passiert ist, muss die Stadt nun viel Geld für eine Erneuerung in die Hand nehmen. Konkret braucht es wohl 1,6 Millionen Euro, ursprünglich hatte man mit knapp 600 000 Euro gerechnet. Diese zusätzliche Million findet sich im Haushaltsplan allerdings nicht, sie habe schweren Herzens darauf verzichtet – wohlwissend um die Gefahr, dass die Laufbahn dann irgendwann gesperrt werden muss.

„Wir sind auch von der Kommunalpolitik aufgefordert worden zu sparen. Und ich habe keine anderen Projekte in der Größenordnung, auf die ich verzichten könnte, um die Sanierung umzusetzen.“ Ihr persönlich tue das sehr leid. Das Weiherhausstadion sei ein super Stadion. Als Verwaltung wolle man die Anlagen auch in einem sehr guten Zustand halten. „Nur wenn bei jeder Maßnahme die Frage kommt, ob wir schieben können, dann ist irgendwann genug geschoben. Und wenn es dann ein Jahr mit einem knappen Haushalt ist, wird es schwierig“, meinte die Dezernentin.

„Mit Weitsicht planen“

Die Generalplanung Weststadthalle werde ebenfalls Jahr für Jahr geschoben. Bis man an den Punkt kommt, an dem es nicht mehr gut ist. Ob im Etat dann noch Geld zur Verfügung steht, wisse man nicht. In diesem Jahr habe es ein Bundesförderprogramm gegeben zur Sanierung solcher Liegenschaften. Daran habe Bensheim nicht teilnehmen könne, weil „wir die Untersuchung nicht hatten“. Generell müsse mit Weitsicht geplant werden. Wenn aber die entsprechenden Beschlüsse nicht vorlägen und die Mittel nicht eingestellt werden, „kann ich das an der Stelle halt nicht tun“.

Selbst bei der Erneuerung von Straßen sei oft die erste Frage aus dem politischen Raum, ob es in diesem Jahr tatsächlich erledigt werden muss. Für 2024 würden zwei eigentlich notwendige Fahrbahnsanierungen von Verwaltungsseite aus geschoben – in der Rohrheimer Straße und in der Donaustraße. Dadurch würden rund 400 000 Euro gespart, was mit dazu beitrage, den Haushalt genehmigungsfähig zu machen – ohne dass die Grundsteuer erhöht werden müsse.

„Es gibt Phasen, in denen es mal nicht so viele Vorlagen gibt. Das hat mitunter auch etwas mit dem Haushaltskonsolidierungskonzept zu tun, weil viel interessante Projekte, die vielleicht eine Entscheidung bräuchten, nicht gemacht werden können – weil der Gestaltungsspielraum eingeschränkt ist aufgrund der finanziellen Handlungsspielräume“, verdeutlichte die Erste Stadträtin abschließend.

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