Bensheim. Eine bestens aufgelegte, quasi legendäre hessische Band, absolut begeisterungsfähige Fans, die jedes Stück Wort für Wort mitsingen können, dazu Song-Klassiker, die sich im Gehörgang festsetzen: Beim wiederholten Gastspiel der Rodgau Monotones im Musiktheater Rex stimmt wieder alles.
Einen Abend lang lässt sich das, was gerade auf der Welt passiert, mit Hilfe von fetzigem Rock und wohligen Balladen vergessen, bevor dann die später folgenden Nachrichten leider wieder die Realität in den Rockhimmel zurückbringen.
Der Anfang ist eher unspektakulär. Gemächlich kommen vier ältere Herren mit Woll- oder Schiebermütze auf die Bühne geschlurft, hängen sich die Instrumente um oder schnappen sich ein Mikro. Groß akklimatisieren müssen sich die Rodgaus nicht. Man kennt sie in Bensheim von unzähligen Auftritten im Rex und gerade erst vergangenen August auf dem Festplatz. Auch wenn sie Stammgäste sind, kommen die Besucher trotzdem immer in Scharen, um ihre alten Helden zu sehen. Beste Voraussetzungen, um gleich den Rock-Hammer auszupacken.
Im Würde mitgealtert
Bei „Ein Leben für Lärm“ kommt Leben in die alten Knochen. Immerhin sind noch vier Gründungsmitglieder von 1977 mit dabei, die jetzt einen auf Hardrocker machen. Sänger Peter „Osti“ Osterwold mimt ironisch mit „Rücken“ den Deep-Purple- und Whitesnake-Frontmann David Coverdale mit dessen Mikroständer-Akrobatik, während die anderen losfetzen.
Erinnert der Gesang Osterwolds manchmal an Westernhagen, so kommt in den Instrumenten immer mal wieder der ZZ-Top-Einschlag durch. Der Blick in die Zuschauermenge zeigt, dass die meisten mit ihren Helden mitgewachsen und mitgealtert sind. Was aber der Begeisterung keinen Abbruch tut. Die Texte können sowieso alle auswendig, so dass „Osti“ eigentlich nur einen großen Chor dirigierten muss. Das zeigt sich gleich zu Beginn bei „Ei Gude wie“, wenn ohne großes Kommando der Refrain angestimmt wird.
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Auf der Bühne wird gescherzt und gealbert, über- und miteinander gelacht, über Dinge, die Besuchern manchmal verborgen bleiben. Nicht nur Gitarrist „Ali“ Neander, in der Region durch seine vielfältigen Bandaktivitäten unter anderen mit Söhnen Mannheims bekannt wie ein bunter Hund, fühlt die ausgelassene Stimmung, wenn beim Konzert gefeiert wird, als gäbe es die vergangenen zwei Jahre nicht.
Gitarrist Raimund „Ray“ Salg und Bassist Joachim „Joky“ Becker komplettieren mehr im Hintergrund das Ur-Quartett, zu dem sich 1991 Sängerin Kerstin Pfau gesellte. Zusammen mit Saxofonist Matthias Dörsam und Schlagzeuger Martin Kessler hauen sie einen ungemein fetten Sound von der Bühne.
Volle Lotte ins Finale
Ab und zu darf aber auch mal ganz besinnlich werden – etwa, wenn Pfau die unter die Haut gehende Ballade „Is’ nur Kino“ singt. „Alles halb so schlimm, nur ein schlechter Film, in den ich reingeraten bin“: Das passt zur aktuellen Situation wie die Faust aufs Auge. Deshalb dürfte es wohl kein Zufall gewesen sein, dass bei diesem Song die Bühne blau-gelb in den ukrainischen Nationalfarben ausleuchtet wird.
Aber dann geht’s volle Lotte weiter: Alle haben sie die klassischen Rock-Riffs bis ins Effeff drauf. Und das natürlich mit den gewohnten, Rodgau Monotones typischen Texten, direkt aus dem (Rock-)Leben gegriffen. „Mama Lauda“ etwa, wenn die Verstärker glühen dürfen, oder „Das macht uns keiner nach“, in dem die Band ihre eigene nachhaltige Wirkung beschwört.
„Hundert Fässer grüne Soße“ mit Tausenden von Rippchen und Fässern von Äppler huldigt den hessischen Nationalgerichten und springt nebenbei noch auf den Zug der populären Seefahrer-Shantys auf. Mitgesungen wird immer (lauter). Mal besser, mal schräger. Letzteres sind bestimmt die Offenbacher, witzelt Neander.
Es gibt ein paar Rodgau-Klassiker und „die“ eine Hymne, ohne die es Band natürlich nicht wagen dürfte, von der Bühne zu gehen. „Volle Lotte“ oder „St. Tropez am Baggersee“ machen sie über die Landesgrenzen hinaus bekannt – und der Klassiker „Die Hesse komme!“. Der wirkt logischerweise immer gut in den eigenen Landesgrenzen. Alle haben darauf gewartet – und auf ein weiteres Highlight am Ende der Zugabe: „Highway to Hell“. Natürlich enttäuscht die Band die eingefleischten Fans nicht. Die Musiker geben noch einmal so richtig Vollgas.
Info: Das Programm im Musiktheater Rex für den März und das Frühjahr im Internet unter unter www.musiktheater-rex.de
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