Prellsteine waren in Bensheim einst ein wichtiger Schutz

Am Wegesrand: Wer zu Fuß geht, der kann viel erleben und nicht nur nette Mitmenschen zum Plausch treffen, sondern an allen Ecken auch (meist) steinerne Zeugen vergangener Zeiten. Genau besehen, ist das gesamte Bensheimer Stadtgebiet ein Freiluftmuseum.

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Nicht zu hoch und schräg von der Hausecke abweisend, sorgte der Prellstein am ehemaligen Hohenecker Hof in der heutigen Straße am Bürgerhaus für den nötigen Abstand der Wagen von der Mauer und schonte zugleich die Radnaben. © Eva Bambach

Bensheim. Immer wieder schaffen es auch ganz kleine Objekte, sich gegen die Zeitläufte zu behaupten und an dem Ort und der Stelle zu verharren, an der sie vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten gesetzt wurden.

An mehreren Stellen im Stadtgebiet findet man zum Beispiel noch alte Radabweiser aus Sandstein. Obwohl der Straßenbelag in unseren Tagen (manchmal verblüffend) oft erneuert wird, blieben diese kleinen Monumente unangetastet und werden mitunter sogar sehr liebevoll mit Pflaster umgeben.

In der Bensheimer Innenstadt findet man sie noch in der Straße Am Bürgerhaus, aber auch in der Hauptstraße, zum Beispiel an der „Bretzel“ (Hausnummer 53) oder – in den Sockel integriert – an der Durchfahrt am Haus Fleck.

Prellsteine, um Schäden am Haus zu vermeiden

Früher hatten diese Steine die Aufgabe, Schäden durch den zu engen Kontakt von Hausecken und Fahrzeugen zu vermeiden. Davor hat man heute sichtlich weniger Angst, denn solche Prellsteine werden in neuerer Form nur noch recht selten gesetzt.

Doch ist wohl weniger die Fahrweise umsichtiger geworden. Die heutigen Fahrzeuge halten die Spur besser, sind aber auch ganz anders gebaut als die früheren von Tieren gezogenen Fuhrwerke und Kutschen. Gelenkt wurden diese über die Deichsel und eine starre Achse.

Überdauert haben Prellsteine nicht nur in der Innenstadt, sondern im gesamten Stadtgebiet, etwa an der Nibelungenstraße in Schönberg. © Eva Bambach

War die Vorderachse des Wagens an einer Gebäudeecke vorbei, konnte der hintere Teil des Wagens noch dort hängen bleiben.

Die nach Art eines Kegels konische Abrundung der Steine hat sich seit der Zeit der Römer bewährt und wurde folglich nur wenig variiert. Doch finden sich auch eher kugelförmige Prellsteine. In der Regel sind diese Radabweiser rein funktional und fast schmucklos ausgeführt.

Auch Fuhrwerke profitierten

Wichtig war jedenfalls, dass der Stein schräg nach unten von der Gebäudeecke weg wies. Kam dann ein Rad eines Fuhrwerkes dem Gebäude zu nahe, rutschte es ab und geriet damit etwas weiter weg von der Hausecke. Aber nicht nur diese wurde geschützt: Auch die Fuhrwerke selbst profitierten.

Der Prellstein der Durchfahrt am Fleckschen Haus wurde in den Sockel des Gebäudes integriert. © Eva Bambach

Besonders empfindlich waren die Radnaben, die aus dem Rad herausstanden und die seitlich am weitesten herausragenden Bauteile waren. Wenn der Wagen damit an einer Ecke hängen blieb, konnte die gesamte Achse beschädigt werden.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon von 1905 beschrieb die Funktion dieser Steine ausführlich und erklärte unter anderem: „Die Prellsteine müssen niedriger als die Radnaben und vorn geneigt sein, um die zu nahe heranfahrenden Räder nicht zu hemmen, sondern nur abgleiten zu lassen“.

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