Bensheim. Es ist ein Einsatz, den zwei Polizisten wohl niemals vergessen werden: Ende Mai bemerken die aufmerksamen Beamten im Feld ein verdächtiges Fahrzeug. Sie wollen den Wagen kontrollieren und entdecken in unmittelbarer Nähe an einem Baum einen Mann bei einem Selbstmordversuch.
Durch ihr schnelles Eingreifen retten sie der Person das Leben. „Ein herausragendes Verhalten und keine einfache Situation für die Kollegin und den Kollegen“, urteilte Polizeihauptkommissar Dirk von Hammel , Leiter der Bensheimer Polizeistation.
Dort hatten sich - alle Jahre wieder - kurz vor Weihnachten Vertreter aus den Rathäusern von Bensheim, Lindenfels, Lautertal und Zwingenberg versammelt, um bei einem einstündigen Austausch die Wertschätzung gegenüber der Arbeit der Einsatzkräfte zu betonen. Diese Pflege der guten Beziehungen hat eine jahrelange Tradition.
Hohe Belastung der Kolleginnen und Kollegen
„Wir möchten uns hier ausdrücklich für die gute Zusammenarbeit und die kurzen Wege bedanken“, erklärte die Bensheimer Bürgermeisterin Christine Klein stellvertretend für die kommunale Familie im 116 Quadratkilometer großen Einzugsgebiet der Wache. Neben der Verwaltungschefin saßen noch Stadträtin Nicole Rauber-Jung, die Bürgermeister Andreas Heun (Lautertal) und Michael Helbig (Lindenfels), die ehemalige Landtagsabgeordnete Karin Hartmann sowie Ingrid Germann in Vertretung von Zwingenbergs Rathauschef Holger Habich mit am Tisch.
Von Hamel gab mit seinem Stellvertreter Matthias Groh und Juliane Ries - Leiterin der Polizeidirektion Bergstraße - einen Einblick in die Arbeit des vergangenen Jahres. Er erinnerte an die hohe Belastung der Kolleginnen und Kollegen und listete exemplarisch Einsatzlagen auf, bei denen man verstärkt gefordert war.
Dazu zählen die klassischen Großveranstaltungen wie Weinlagenwanderung und Winzerfest. Beim süffigen Rundgang zwischen Heppenheim und Zwingenberg am 1. Mai mussten sechs Strafanzeigen geschrieben werden. Als problematisch erwies sich einmal mehr der Wambolder Sand mit einem hohen (und bekanntlich nicht immer nüchternen) Besucheraufkommen. Dort mussten vier Platzverweise ausgesprochen werden.
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„Für die Anzahl an Menschen ist das aber zum Glück überschaubar“, meinte von Hammel. Gleiches gilt für das größte Weinfest in Südhessen mit seinen mehr als 100 000 Gästen an neun Tagen. Abgesehen von den üblichen Reibereien, Streitigkeiten, verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen gab es keine Beanstandungen. „Ein ruhiger Verlauf“, kommentierte der Polizeihauptkommissar.
Beim Weihnachtsmarkt in Bensheim zeigte man ebenfalls Präsenz, Handlungsbedarf bestand jedoch nicht. Auch 2023 haben trommelnde Montagsspaziergänger (zumindest bis zum Sommer), Kundgebungen von sogenannten Querdenkern, Demos der Klimabewegung Fridays for Future, Veranstaltungen zum Krieg in der Ukraine und eine Mahnwache zum Nahost-Konflikt die Beamten beansprucht. Auch die Heimspiele des Bundesligisten SV Darmstadt am Böllenfalltor gehören zu den regelmäßigen Einsätzen der Bensheimer Kollegen.
Gute Zusammenarbeit mit der Kripo und der Ausländerbehörde
Für das „Zeltdorf“ auf dem Festplatz am Berliner Ring musste die Polizei eine eigene Arbeitsgruppe einrichten, nachdem es dort zu Streitereien gekommen war. Zwei große Einsätze hatte Dirk von Hammel notiert, einmal mit neun, ein weiteres Mal sogar mit 18 Streifenwagen. „Dort hatten wir zu Beginn große Problem, es gab viele Spannungen“, was wenig verwundert, „wenn knapp 1000 Menschen auf engem Raum fast schon zusammengepfercht werden“.
Mit einem eigens erstellten Konzept der Arbeitsgruppe konnten den Herausforderungen schließlich strukturierter begegnet werden. Zumal es oft „ein- und dieselben Täter“ gewesen seien. Durch gute Zusammenarbeit mit der Kripo und der Ausländerbehörde habe man diese Personen aber in andere Unterkünfte verlegen können - oder konnte eine schnelle Rückführung in deren Heimatländer anstoßen. Mittlerweile leben in den Zelten längst nicht mehr so viele Menschen wie noch im Frühjahr und Sommer, was die Situation zusätzlich entspannt.
Der Vortrag des Verschwörungsideologen Ken Jebsen, der unter seinem bürgerlichen Namen Kayvan Soufi-Siavash im Kolpinghaus auftrat, rief bekanntlich Ende August Gegendemonstranten auf den Plan. „Die Kundgebung verlief störungsfrei, war personell aber eine Herausforderung“, fasste von Hammel zusammen.
Herausforderend waren auch die beiden Großbrände in Bensheim, bei denen jeweils eine Person ums Leben kam. In einem Mehrfamilienhaus in der Straße Im Entich sprang Ende September ein Mann auf der Flucht vor den Flammen aus einem Fenster im Treppenhaus - für ihn kam jede Hilfe zu spät.
Im November starb eine Frau beim Brand ihrer Wohnung in der Mozartstraße an einer Rauchgasvergiftung. In beiden Fällen seien technische Defekte als Ursache ausgemacht worden. Der Leiter der Polizeistation lobte das gute Zusammenwirken der Rettungsdienste (Feuerwehr, DRK, Technisches Hilfswerk) und das Engagement der ehrenamtlichen Notfallseelsorger. Bürgermeisterin Klein sprach im Zusammenhang mit den Bränden ebenfalls von einem reibungslosen Ablauf und dankte allen Beteiligten.
Rasende Motorradfahrer sind ein Problem
Dirk von Hammel kündigte darüber hinaus die verstärkte Kontrolle von Motorradfahrern auf Lindenfelser und Lautertaler Gemarkung an - sofern es die Personaldecke zulässt. Gemeinsam mit der Dienststelle in Pfungstadt, deren Einsatzgebiet sich bis an die Bergsträßer Grenzen erstreckt, will man das Thema angehen.
Die Bürgermeister Heun und Helbig wiesen im Gespräch auf die schon länger bekannte Problematik hin. Biker lieferten sich nicht nur Rennen gegeneinander, sondern ebenso solo gegen die Uhr. Wenn sie dabei erwischt werden, wird es teuer. „Das ist eine Straftat“, bemerkte von Hammel.
Allerdings warnte er generell davor, alle Motorradfahrer über einen Kamm zu scheren. 90 bis 95 Prozent fahren völlig korrekt. „Nur der kleine Teil macht es uns eben anstrengend.“
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