Haushalt

Fraktionen im Bensheimer Stadtparlament fordern massiven Sparkurs

Die Bensheimer Stadtverordnetenversammlung stimmte am Donnerstagabend im Bürgerhaus mehrheitlich für den Haushaltsplanentwurf der Verwaltung - trotz eines hohen Fehlbedarfs.

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Thomas Tritsch
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Mit einem kleinen Sparschwein wird der Bensheimer Haushalt auf Dauer nicht ins Lot kommen. Die Stadtverordnetenversammlung stimmte am Donnerstag trotz eines hohen Fehlbedarfs mehrheitlich für den Entwurf. © dpa

Bensheim. Der Bensheimer Gabentisch ist karg gedeckt. Im Etat für 2024 steht bekanntlich ein Fehlbetrag von 12,4 Millionen Euro im Ergebnishaushalt. In der letzten Stadtverordnetenversammlung des Jahres forderten sämtliche Fraktionen einen massiven Sparkurs für die kommenden Jahre. Unterschiedlich waren im Detail nur die Vorstellungen, an welchen Stellen und mit welcher Härte man den Rotstift ansetzen muss.

Das kleine süße Dankeschön von Stadtverordnetenvorsteherin Christine Deppert war das einzige Leckerli eines langen Abends, der sich im Bürgerhaus über insgesamt viereinhalb Stunden erstreckt hat. Dickstes Kapitel der 18. Sitzung war der Haushaltsplan für das nächste Jahr inklusive eines Abstimmungsmarathons. Der zweite unter der Verantwortung von Bürgermeisterin Christine Klein in ihrer Rolle als Finanzdezernentin. Seit knapp zwei Jahren ist die Rathauschefin auch oberste Kassenwärterin für die größte Stadt des Kreises.

Letztlich wurde der Etat, aktualisiert mit zahllosen Änderungsanträgen der Fraktionen, dann doch mehrheitlich verabschiedet. Dafür stimmte neben der Koalition aus CDU, SPD und FDP auch die FWG. Grüne, BfB und VuA (Vernunft und Augenmaß) votierten erwartungsgemäß dagegen. Beim Investitionsprogramm sowie dem Haushaltssicherungskonzept gab es das gleiche Ergebnis. Auch der Stellenplan ging mit einem ähnlichen Votum mehrheitlich durch.

Städte und Gemeinden stehen sehr unter Ruck

Bereits zuvor war bekannt, dass 2024 weder die Grundsteuer B noch die Gewerbesteuer erhöht werden sollen. Ob dies auch in den Jahren danach so bleiben wird, konnte und wollte die Bürgermeisterin am Donnerstag nicht zusagen. „Das gliche einem Blick in die Glaskugel.“ Zumal in vielen Kommunen im Kreis Bergstraße, aber auch in Darmstadt-Dieburg, die Grundsteuer aktuell mehr oder weniger stark erhöht werde, wie Klein betonte. Lampertheim und Viernheim haben bereits gehandelt, in den nächsten zwei Jahren planen weitere sieben Kommunen im Kreis eine Anpassung nach oben. Auch in Bensheim könnte es dann so weit sein.

Die Städte und Gemeinden stehen massiv unter Ruck, so die Rathauschefin. Herausforderungen wie die wachsende Zahl an Flüchtlingen, die Energiekrise und steigende Ausgaben sorgen für erhebliche Belastungen, die sich vermehrt in Haushaltsdefiziten niederschlagen. Die lokalen Verwaltungen sind deshalb gefordert, verstärkt ihre freiwilligen Aufgaben und Standards zu hinterfragen sowie Prioritäten zu setzen.

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Auch im Bensheimer Stadtparlament war und ist genau das die zentrale Frage. Keiner wollte bezweifeln, dass gespart werden muss, um weiterhin einen einigermaßen stabilen Haushalt aufstellen zu können. Doch in der Art und Weise gibt es erhebliche Differenzen. Darüber hinaus gab es am Donnerstag erhebliche Kritik an der konkreten Umsetzung des Haushaltssicherungskonzepts der Bürgermeisterin, die dafür extra eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe zur Haushaltskonsolidierung installiert hatte.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Tobias Heinz zeigte sich enttäuscht von den Ergebnissen der Verwaltungsspitze. Nach über einem Jahr habe er sich deutlich mehr erhofft. Die Zeit sei leider nicht genutzt worden. „Die Finanzdezernentin sollte ihre Aufgabe ernst nehmen“, sagte Heinz. Dass der Haushalt 2024 genehmigungsfähig ist, sei keineswegs ein Verdienst, sondern eine zu erwartende Grundvoraussetzung.

Die Union erwartet insgesamt engere Vorgaben für eine Konsolidierung und einen klaren, strukturierten Kurs mit erkennbaren Prioritäten, um Steuererhöhungen doch noch vermeiden zu können. Auch Bereiche wie die Kinderbetreuung und die Stadtkultur dürften keine Tabus darstellen, so Tobias Heinz weiter. Dass man sich in diesen Genres mit Kürzungen keine Fans erobert, war im Stadtparlament wohl jedem klar. Die Dreierkoalition hatte einen siebenseitigen Änderungsantrag eingebracht, der am Donnerstag mehrheitlich befürwortet wurde. Grundsätzlich geht es auch dabei um Kostenreduzierungen in einzelnen Produkten.

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Die Haushaltssituation sei angespannt aber beherrschbar, sagte Doris Sterzelmaier von den Grünen. Nur dank der Jahresüberschüsse aus den Jahren 2016 bis 2020, die unter der Ägide des Grünen Finanzdezernenten Adil Oyan gebildet worden seien, habe die Stadt aktuell den finanziellen Spielraum, den sie benötige. Die Änderungen am Haushaltsentwurf der Koalition lehnen die Grünen ab. Auf die im Entwurf zunächst vorgesehene schrittweise Erhöhung der Grundsteuer B werde bis 2026 verzichtet, die zweimalig aufgestockte Gewerbesteuererhöhung bis 2027 soll sogar ganz entfallen.

„Bei Steuererhöhungen sollten aber Grundstückseigentümer und Gewerbetreibende gleichermaßen beteiligt werden“, so Sterzelmaier, die im Änderungsantrag zu wenige Balancen erkennt: So würden die Gebühren für die Gemeinschaftshäuser erhöht, die Parkgebühren aber nicht. Auch bei der Verkehrswende sieht sie zu wenig Engagement - beispielhaft nannte Sterzelmaier den Radweg zwischen Auerbach und Hochstädten, für den 2024 keine Mittel im Etat eingestellt sind. „Obwohl eine Machbarkeitsstudie vorliegt“, so die Grünen-Politikerin. Im gleichen Atemzug wolle die Stadt 2,2 Millionen Euro für die grundhafte Sanierung der Neuhofstraße ausgeben. Für die Fraktion ist das nicht nachvollziehbar.

Ab Januar hat Bensheim keinen Kämmerer mehr

Zudem fordern die Grünen einen zweiten hauptamtlichen Dezernenten: „Wir brauchen einen Kämmerer.“ Die Stelle wurde von der Koalition gestrichen. Die daraufhin von der Bürgermeisterin für 2023 geforderte Umstrukturierung im Stellenplan mit einer neuen Fachbereichsleiterebene sei ebenfalls von der Koalition abgelehnt worden, bemängelte Sterzelmaier. „Jetzt sehen wir, dass die Stelle des Teamleiters Finanzen ausgeschrieben ist. Ab Januar 2024 hat Bensheim sozusagen keinen Kämmerer mehr. Wir machen uns Sorgen.“ Die Fraktion habe andere Vorstellungen für die Zukunft Bensheims und könne den Haushalt deshalb nicht mittragen.

Für die SPD sprach Jürgen Kaltwasser. Er erkennt ein Ausgabenproblem von struktureller Natur. Steigende Steuern lehne er ab. Stattdessen müsse die Stadt einen konsequenteren Sparkurs in der Fläche fahren, ohne einzelne freiwillige Leistungen radikal einzudampfen. „Wir leben seit Jahren über unsere Verhältnisse.“ Bensheim müsse trotz Sparmaßnahmen als attraktiver Standort erhalten bleiben.

Die SPD stimmte dem Haushalt zu. So auch die FDP - trotz größerer Bedenken. Fraktionschef Tobias Fischer äußerte sich enttäuscht von der Arbeit der Verwaltungsspitze, in puncto Konsolidierung gebe es kaum etwas vorzuweisen.

„Die Arbeitsgruppe hat enttäuscht, die Ankündigungen der Bürgermeisterin haben sich nicht erfüllt.“ Es sei bemerkenswert, dass ehrenamtliche Stadtverordnete die eigentliche Arbeit der hauptamtlichen Verwaltung übernehmen müssten, so Fischer über den gemeinsamen Änderungsantrag mit CDU und SPD zu einzelnen Haushaltspunkten. Nur unter Beachtung dieses Antrags könne die Fraktion diesen Etat mittragen, so Fischer im Bürgerhaus.

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