Kommunalpolitik

Im Ortsbeirat in Gronau macht sich Frust breit

In Zell und Gronau ging es um Haushaltsberatungen und ehrenamtliche Arbeit.

Von 
Jeanette Spielmann
Lesedauer: 
In Gronau und Zell haben sich die Ortsbeiräte am Mittwoch mit dem Haushaltsplanentwurf befasst. Ein weiteres Thema war die Verbesserung der Verkehrssituation für Radfahrer und Fußgänger zwischen den Stadtteilen. © Thorsten Gutschalk

Zell/Gronau. Auch im siebten von insgesamt elf Ortsbeiräten werden die Zahlen nicht besser. Nicht nur im Land, auch an der Basis ist das Geld knapp. Bürgermeisterin Christine Klein und ihr Fachmann für Finanzen im Rathaus, Fachbereichsleiter Markus Loser, haben auf ihrer aktuellen Haushaltstournee durch die Ortsbeiräte keine erfreuliche Aufgabe.

Nicht nur, dass sie an insgesamt neun abendlichen Sitzungen immer wieder die gleichen Erläuterungen zum Haushaltsplanentwurf 2024 geben müssen, es sind auch keine erfreulichen Nachrichten, die sie zu übermitteln haben. Dennoch gibt es hin und wieder auch Lob, wie beispielsweise am Mittwochabend in Gronau. Ortsvorsteher Stefan Hebenstreit bedankte sich bei Markus Loser für die Ausführungen, die das Zahlenwerk verständlicher gemacht hätten als die für Kommunalpolitiker angebotenen Schulungen.

Um den „Betrieb“ der Stadt aufrechterhalten zu können, muss die Stadt Bensheim im kommenden Jahr mehr Geld ausgeben, als sie an Steuern, Gebühren und Entgelten einnimmt. Das Defizit von 10,8 Millionen Euro kann aber noch durch einen Griff in die Rücklagen ausgeglichen.

Dünnes finanzielles Polster der Stadt Bensheim

Das finanzielle Polster der Stadt ist aber auch sehr dünn geworden und die von der Finanzaufsicht geforderten ausgeglichenen Haushalte sind nicht mehr möglich. Die müssen von den Kommunen bei ihrer mittelfristigen Finanzplanung aber aufgezeigt werden, um eine Genehmigung der Finanzplanung zu erhalten und überhaupt handlungsfähig zu bleiben.

Die Stadt Bensheim bedient sich dabei mit dem legitimen Trick einer „technischen Erhöhung“ bei der Grund- und der Gewerbesteuer ab dem Haushaltsjahr 2025. Bürgermeisterin Klein bezeichnete das in der Sitzung des Ortsbeirates Zell als „Kröte“. Es sei ihr aber wichtig gewesen, auf dieses Mittel des Haushaltsausgleichs im kommenden Jahr noch zu verzichten, um die Bürgerinnen und Bürger, die schon mit Inflation und Preissteigerungen zu kämpfen haben, nicht noch weiter zu belasten. Dennoch sind die Hinweise auf die mageren Jahre nicht zu übersehen. So seien beispielsweise die angekündigten Erhöhungen der Kreis- und Schulumlage im Haushaltsplanentwurf noch gar nicht berücksichtigt, da deren Umfang noch nicht bekannt ist, so Klein.

Insofern gab es am Mittwoch in den Ortsbeiräten von Zell und Gronau durchaus Verständnis für die schwierige Finanzsituation und auch eine grundsätzliche Zustimmung für die Finanzplanung. In Zell war sie allerdings an die Realisierung von zwei Maßnahmen geknüpft, die auch intensiv diskutiert wurden.

Für Ortsbeirätin und Stadtverordnete Tanja Marquardt waren sie außerdem Anlass für ein Statement, der ihren Frust deutlich machte. „So macht die ehrenamtliche Arbeit vor Ort keinen Spaß mehr“, fühlt sie die Arbeit des Ortsbeirates schon seit Jahren von der Verwaltung missachtet. „Wir machen uns Gedanken, weil wir die Situation vor Ort kennen, doch unsere Vorschläge interessieren nicht und die Verwaltung weiß es vermeintlich besser“. Das sei ärgerlich und mache verdrossen, so Marquardt.

Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"

Anlass war die aktuelle Stellungnahme zu der geforderten Schaffung von Parkplätzen oberhalb des Friedhofes. Auf diesen Bedarf hatte der Ortsbeirat schon vor Jahren hingewiesen, als die Bebauung des Geländes an der Gronauer Straße und der dadurch bedingte Wegfall von vorhandenen Parkplätzen gegenüber des Friedhofs bekannt wurde. Die Häuser sind längst bewohnt und im aktuellen Haushaltsplan wurden 60 000 Euro für die Anlegung von neuen Parkplätzen auf dem städtischen Grundstück oberhalb des Friedhofs eingestellt.

Die will die Verwaltung jetzt aber offensichtlich nicht ausgeben, denn für die Herstellung der Stellplätze wäre ein aufwendiges Bebauungsplanverfahren erforderlich, dessen Kosten in keinem Verhältnis zum Nutzen stünde, da nur wenige Stellplätze geschaffen werden könnten. Laut der Stellplatzsatzung der Stadt hätte der Friedhof einen Bedarf an zehn Stellplätzen.

Ein wenig hilfreiches Argument, denn jeder weiß, dass die rechnerischen Größen der Stellplatzsatzung in der heutigen Zeit bei weitem nicht mehr ausreichen (Diskussion Dorfgemeinschaftshäuser). Außerdem wurde vom Ortsbeirat noch darauf verwiesen, dass es nicht nur um den Friedhof ginge. Für viele Wanderer und Spaziergänger sei der Bereich auch Ausgangspunkt für Wanderungen.

Mehr zum Thema

Haushaltsplan 2024

Ortsbeiräte Bensheimer Stadtteile müssen sich gedulden

Veröffentlicht
Von
Jeanette Spielmann
Mehr erfahren
Ortsbeirat Wilmshausen

Eine Sitzbank, aber kein Basketballkorb

Veröffentlicht
Von
Thomas Tritsch
Mehr erfahren

Ein weiteres Problem, dass sich bei vielen Wünschen in den Ortsbeiräten zeigt, sind die bürokratischen Formalien, die pragmatische Lösungen verhindern. Allerdings lässt sich hin und wieder auch der Eindruck nicht vermeiden, dass sich die Verwaltung darauf zurückzieht.

Sei es in Langwaden die vernünftige Ausstattung der Bushaltestelle am Ortsausgang Richtung Jägersburger Wald oder in Zell die Parkflächen am Friedhof, das Aufstellen eines kleinen Glockenturms auf dem Friedhof oder die Schaffung einer Stellfläche an der Bushaltestelle Hambacher Weg für einen sicheren Wartebereich für die Schulkinder – immer wird auf notwendige Planungen und Machbarkeitsstudien und die dadurch entstehenden Kosten hingewiesen.

Für Ortsvorsteher Hans-Peter Ott ein Totschlagargument, der sich eine pragmatische Lösung und keine aufwendigen Planungen wünscht. Aber das verhindert die Bürokratie, denn die Verwaltung muss sich an baurechtliche Vorgaben halten, auch um den Versicherungsschutz bei möglichen Schäden nicht zu gefährden.

Bezüglich der gewünschten Ersatzbepflanzung der Hecken entlang des Meerbachs an der Gronauer Straße hält der Ortsbeirat die von der Verwaltung für den Abschnitt zwischen Hausnummer 73 und 85 vorgeschlagene bauliche Maßnahme mit einem Fallschutzgeländer für unnötig. Hier wäre eine Nachbepflanzung mit Hecken ausreichend und nicht so teuer.

Mit der Maßgabe, an den zusätzlichen Stellplätzen und der Heckenbepflanzung festzuhalten, stimmte der Ortsbeirat Zell dem Haushaltsplanentwurf zu. Tanja Marquardt, die aus beruflichen Gründen die Sitzung früher verlassen musste, hatte sich enthalten.

Der Fahrradweg bleibt ein Thema

Auch in Gronau kamen die in Aussicht gestellte Umsetzung der gewünschten Maßnahmen 2025 nicht überraschend. Denn sowohl bei der Umgestaltung des alten Rathauses, der Umgestaltung des Dorfplatzes „Am Römer“ und der räumlichen Verbesserung im Dorfgemeinschaftshaus handelt es sich um Maßnahmen der Dorfentwicklung, für die schon in der Steuerungsgruppe des Programms der Zeitplan festgelegt wurde.

In der Schwebe ist nach wie vor die Schaffung eines sogenannten Fahrrad- und Gehweges zwischen Zell und Gronau. Hier hatte es eine Machbarkeitsstudie gegeben, deren Umsetzung aber sowohl von Zell als auch von Gronau als zu überdimensioniert gesehen wurde. Dennoch sei das Thema nicht vom Tisch, machte der Gronauer Ortsvorsteher deutlich, dass man weiter daran arbeiten werde, eine Verbesserung der Verkehrssituation für Radfahrer und Fußgänger zu finden.

Die Verbesserung des Wassersystems auf dem Sportplatz durch die Errichtung einer Zisterne wurde als nicht sinnvoll und notwendig abgelehnt. Bezüglich der Installation einer LED-Flutlichtanlage wurde auf die aktuelle Erstellung eines Konzeptes für alle Sportanlagen der Stadt verwiesen.

Freie Autorin

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

VG WORT Zählmarke
  • Winzerfest Bensheim