Bensheim. Rund 18 Meter hoch, 3,7 Tonnen schwer und von ebenmäßigem Wuchs: Das sind die Maße des Weihnachtsbaumes, der in diesem Jahr den Bensheimer Marktplatz schmückt und am Montag, 25. November, zur Eröffnung des Weihnachtsmarktes im hellen Lichterglanz erstrahlen wird.
Eine echte Nordmanntanne – und damit der klassische Christbaum – hat in diesem Jahr beim „Baumcasting“ des Stadtmarketings den Zuschlag bekommen. Das edle Gewächs konnte mit einem besonders dichten grünen Nadelkleid und einer wohlgeformten Gestalt die kritische Jury überzeugen, zu der neben Erika Arnold vom Stadtmarketing auch Norbert und Marco Emig aus Kocherbach gehören, die seit Jahren für das Fällen der mächtigen Bäume zuständig sind.
Am Freitagvormittag wurde die Kettensäge in der Schwanheimer Straße angesetzt, wo der Baum auf dem Grundstück von Roswitha und Horst Gaber seit 55 Jahren in die Höhe gewachsen ist. Schon in jungen Jahren hatte die edle Tanne, damals noch ein kleines Bäumchen, einen Auftritt als Christbaum – erstmals im Jahr 1969: „Es war der erste Weihnachtsbaum nach unserer Hochzeit“, erzählt Roswitha Gaber. Die Tanne durfte damals mit Wurzelballen in das Wohnzimmer der Gabers einziehen und wurde auch in den kommenden Jahren als Weihnachtsbaum genutzt – bis sie dann doch zu groß fürs Haus geworden war. Dann durfte dass Bäumchen im Garten weiterwachsen. Der Kreis schließt sich, könnte man sagen, wenn die Tanne – mittlerweile ein grüner Riese – nun wieder als Weihnachtsbaum seinen Lebensabend verbringen kann.
Die Nordmanntanne wurde aus 15 Vorschlägen ausgewählt
„Es ist schon gut, dass er jetzt wegkommt“, meint Roswitha Gaber ganz pragmatisch, schließlich stand das stattliche Gewächs recht nah am Haus, das er deutlich überragt, und direkt an der Grenze zum Nachbargrundstück. Vor einigen Jahren hatte die Familie den Baum schon einmal dem Stadtmarketing angeboten, damals aber noch nicht den Zuschlag bekommen. Bei der zweiten Bewerbung hat es geklappt – „wir waren ganz erstaunt“, so Gaber, die gar nicht damit gerechnet hatte.
Rund zehn bis 15 Vorschläge lagen diesmal auf dem Tisch: „Da waren teils tolle Bäume dabei“, berichtet Erika Arnold. Allerdings spielt eben nicht nur die Optik, sondern auch die Erreichbarkeit eine Rolle: Schließlich muss der Baum mithilfe eines großen Krans gefällt und dann mit einem Tieflader abtransportiert werden.
Die Lampertheimer Firma Weiland, mit der die Stadt bereits seit Jahren zusammenarbeitet, rückt schon früh am Freitagmorgen an, um den Kran in Position zu bringen. Für 160 Tonnen ist die Maschine ausgelegt – die waren zwar nicht zu heben, aber die Entfernung zur Straße und die Notwendigkeit, den Baum über das Haus hieven zu müssen, machten einen langen Ausleger notwendig.
Drei Bäume aus dem Odenwald in Darmstadt aufgestellt
Die Hauptpersonen des Vormittags treffen um kurz nach halb zehn ein: Der Odenwälder Agrartechniker Norbert Emig und sein Sohn Marco von Emig Agrar sind ein eingespieltes Team, das sich mit dem Fällen und Aufstellen von Weihnachtsbäumen quasi ein zweites Standbein aufgebaut hat – mittlerweile werden ihre Dienste im ganzen Kreis nachgefragt. Selbst in Darmstadt hat Emig gerade drei Bäume aufgestellt, die ihre Reise sogar von Wald-Michelbach aus angetreten haben.
Routiniert gehen die Emigs ans Werk: Der Junior kraxelt als Baumkletterer den Stamm empor, um die Kette zu befestigen, mit der der Baum in die Luft gehievt wird. Der Senior setzt die Säge an und schon wenige Minuten später, nach kurzer Abstimmung per Funk mit dem Kranführer, hängt der grüne Riese am Kran und schwebt elegant über das Haus der Gabers. Die haben ihre Handys gezückt, um die fliegende Tanne im Bild festzuhalten – genau wie einige Nachbarn und Passanten auf der gegenüberliegenden Straßenseite. „Das ist schon imposant, wie der Baum dort hängt“, findet Roswitha Gabler.
Jetzt beginnt der anspruchsvollste Teil der Aufgabe, der deutlich mehr Zeit in Anspruch nimmt als das Fällen. Der gut 18 Meter lange Baum muss mit viel Fingerspitzengefühl auf dem bereitstehenden Tieflader abgelegt werden: Und dabei sollten weder allzu viele Äste ab- noch der Stamm durchbrechen. Letzteres ist seit 2007, als der erste große Baum für den Marktplatz gefällt wurde, zum Glück noch nie passiert. Aber beim Astwerk gab es auf dem Weg zum Ziel schon mal mehr, mal weniger Schwund.
Diesmal lässt sich die Nordmanntanne nach ein paar Manövrierarbeiten ganz geschmeidig ablegen. Da man die Schwanheimer Straße nicht längerfristig für den Verkehr blockieren wollte, hat sich das Team eine besondere Lösung einfallen lassen: Die Äste werden nur grob verschnürt, dann tritt der Baum den ersten Teil seiner Reise bis zum Stützpunkt der Feuerwehr in der Robert-Bosch-Straße an, wo die übrigen Arbeiten erledigt werden.
Am 25. November wird der geschmückte Baum angeknipst
Erst am Abend geht die Fahrt dann weiter – verkehrssicher verschnürt – über Wormser Straße, Rodensteinstraße und Ritterplatz, die letzten Meter legt die Riesentanne dann wie üblich über die Fußgängerzone zum Marktplatz zurück. Dort wird die Nordmanntanne mit Unterstützung von THW und Feuerwehr aus der Horizontalen wieder in eine vertikalen Position verfrachtet. „Das ist ein tolles Zusammenspiel“, lobt Erika Arnold die Teamarbeit mit den Ehrenamtlichen. Neben THW und Feuerwehr sorgt auch das DRK vor Ort für Sicherheit. „Ohne die Helfer würde all das nicht funktionieren“, betont Arnold. Finanziert wird die Aktion vom Verein Stadtmarketing.
Ab Montag geht es noch mal rund: Dann müssen die 30 000 LED-Lämpchen angebracht werden, damit aus einer Nordmanntanne ein echter Weihnachtsbaum wird. Da der Weihnachtsmarkt diesmal ein paar Tage früher eröffnet wird, bleibt für den Baumschmuck weniger Zeit als sonst. Fest steht: Am 25. November werden gegen 17.30 Uhr die Lichter angeknipst – sicher wieder begleitet von vielen „Ohs“ und „Ahs“. Auch Familie Gaber wird dabei sein – und „ihren Baum“ in seiner ganzen Pracht während der Adventszeit etliche Male besuchen und bestaunen.
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