Kommunalpolitik

Neuer Stadtbus könnte ab Juni in Bensheim fahren

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Dirk Rosenberger
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Drehkreuz Bahnhof: Im Haupt- und Finanzausschuss gab es Diskussionen um die neue Stadtbuslinie entlang des Berliner Rings. © Zelinger

Bensheim. Starke Nerven und gutes Sitzfleisch waren in der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses in Bensheim gefragt. Mehr als vier Stunden verbrachte das Gremium gemeinsam im Rathaus, um eine ordentlich bestückte Tagesordnung abzuarbeiten. Rechnet man den vorgeschalteten Ortstermin im Weiherhausstadion dazu, dauerte die kommunalpolitische Geselligkeit sogar mehr als fünf Stunden – immerhin aber mit einem höheren Frischluftanteil.

Ausgiebigen Redebedarf gab es vor allem bei einer Sache: der möglichen neuen Stadtbuslinie entlang des Berliner Rings bis zum Ärztehaus. Ein Lieblingsthema der SPD, für das sich aber schon seit einiger Zeit auch andere Fraktionen erwärmen können. Die Sozialdemokraten ließen das Vorhaben in der Koalitionsvereinbarung mit CDU und FDP festschreiben. Von der Stadtverordnetenversammlung wurde die neue Linie schließlich mit großer Mehrheit im Sommer 2021 beschlossen. Ausgangslage damals: 330 000 Euro jährliche Kosten, jedoch 2023 eine Überprüfung, ob sich der Aufwand rechnet.

Kosten für das Angebot: 220 000 Euro

In der aktuellen Sitzungsrunde präsentierte das Rathaus nun die Vorlage zur Abstimmung, damit zum Fahrplanwechsel am 12. Juni die Strecke angeboten werden kann. Die Kosten würden sich dank eines aktualisierten Angebots auf 220 000 Euro reduzieren. Allerdings sprach sich die Verwaltung dafür aus, die Haushaltsmittel bis zum Ende des Konzessionsvertrags 2028 zur Verfügung zu stellen – und nicht schon früher zu schauen, ob das Geld eingespart werden kann, weil die Fahrgäste ausbleiben. Eine Evaluation im Jahr 2023 sei wegen der kurzen Laufzeit und der Corona-Einflüsse (weniger Leute nutzen den ÖPNV) nicht möglich.

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Zusätzlich zur Neuanschaffung für den Berliner Ring hatte die Stadt mit dem zuständigen Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) ein Gesamtkonzept aller Stadtbuslinien erstellt, um Probleme in der Linienführung abzustellen. Soweit der Sachstand in aller Kürze, über den der Ausschuss zu debattieren hatte und dies auch ausführlich tat.

CDU-Fraktionschef Tobias Heinz stellte unter anderem die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Änderungen bei den bestehenden Strecken, hakte nach, ob die neue Linie am Wochenende nicht auch das Fürstenlager anbinden könne und betonte, dass diese höhere Kosten verursachen würde als bereits vorhandene. Heinz äußerte außerdem kein Verständnis, dass sich nicht die Verkehrskommission damit befasst habe und die Ortsbeiräte nicht eingebunden worden seien. Das sei eine vertane Chance.

Wenig angetan war der CDU-Chef über den längeren Zeitraum, bevor es zu einer Überprüfung kommen soll. „Wenn der Bedarf angeblich so groß ist, kann bereits 2023 gezählt werden. Das hat auch nichts mit Corona zu tun.“ Bis 2028 das Geld bereitzustellen, sei zu lang. Da werde man nicht zustimmen.

Auch über der FDP schwebten viele Fragezeichen, darunter ein zentrales: „Warum sollen wir das überhaupt durchführen“, meinte Tobias Fischer. Er sei von den vorliegenden Zahlen enttäuscht. Mit den Ruftaxis würde man in diesem Bereich besser fahren. Durch die neue Linie entstünde kein Mehrwert für Bensheim. „Und wenn Leute mit Beschwerden, aber ohne Auto zum Ärztezentrum müssen, nehmen sie bestimmt nicht den Bus“, so Fischer. Er sehe die Einführung im Sommer nicht als Priorität an.

„Viele haben darauf gewartet“

Einen deutlich höheren Stellenwert hat das Vorhaben hingegen für die Grünen. „Es gibt viele, die darauf gewartet haben. Der Berliner Ring hätte das schon seit vielen Jahren gebraucht“, erklärte Fraktionschefin Doris Sterzelmaier. Wenn es nach ihnen gegangen wäre, hätte man die Linie schon 2016 ausschreiben können. Aber da habe man sich in der Koalition nicht durchsetzen können.

Es gehe bei der ÖPNV-Erschließung auch nicht nur um die Anbindung des Ärztezentrums, da entlang des Weges viele andere Einrichtungen liegen – wie Badesee, Sportpark West, demnächst die neue Kita oder das Weiherhausstadion. Begrüßt wurde die Vorlage erwartungsgemäß von der SPD in Person des Ausschussvorsitzenden Werner Bauer. Seine Fraktion sehe nach wie vor den Bedarf, die Vorlage sei überzeugend, eine Laufzeit bis 2028 zweckmäßig. Rolf Tiemann (FWG) gab zwar an, sich an der der Verlängerung bis 2028 etwas gestört zu haben. Er gehe dennoch davon aus, dass sich die neue Linie lohne. Es stelle sich ohnehin die Frage, an welchen Merkmalen man festmachen wolle, ob sich das Angebot lohne oder nicht, so der Fraktionschef.

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Franz Apfel hatte sich vor der Sitzung über eine Anfrage weitere Antworten aus der Verwaltung geholt. So könnte beispielsweise 2025 eruiert werden, ob sich die Ausgaben gemessen an der Fahrgastzahl rentieren. Sollte man zur Erkenntnis gelangen, die Linie einstampfen zu wollen, „können die bis 2028 bestellten Mehrkilometer auch innerhalb des Linienbündels verteilt werden“, bemerkte der BfB-Fraktionschef.

Der Stadt würde damit nichts verloren gehen. Er erinnerte zudem daran, dass die Kosten deutlich niedriger seien als bei der Beschlussfassung im Sommer. Sollte die Koalition jedoch internen Klärungsbedarf haben und wollte man die Ortsbeiräte einbinden, käme auch eine Verschiebung des Tagesordnungspunktes in die nächste Sitzungsrunde infrage, konstatierte Apfel.

Auf eine Vertagung wollte sich die Runde jedoch nicht einlassen. Stadtrat Adil Oyan (Grüne) riet davon ebenfalls ab, weil man sonst den Termin zum Fahrplanwechsel im Sommer nicht halten könne – sofern es überhaupt eine Mehrheit für das Projekt gibt. Im Haupt- und Finanzausschuss war dem so: SPD, Grüne, FWG und BfB votierten dafür, die CDU enthielt sich, die FDP stimmte dagegen.

Die nächste Diskussionsrunde steht nun am 31. März in der Stadtverordnetenversammlung an, wenn alle Fraktionen final Farbe bekennen müssen.

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