Bensheim. Der Berliner Ring hat seinen Status als Entlastungsstraße für die Bensheimer Ortsdurchfahrt (B 3) längst eingebüßt. Stattdessen musste kurz vor dem Hessentag 2014 mit der Westtangente eine Umfahrung für den Berliner Ring eingerichtet werden.
Nach den Gründen muss man nicht lange suchen. Entlang der Straße liegen mittlerweile etliche Sportstätten, dazu der Badesee, einige Firmen haben sich dort angesiedelt, Wohn- und Geschäftshäuser wurden hochgezogen. Momentan befindet sich eine siebenzügige Kita im Bau, auf einem Nachbargrundstück will die TSV Auerbach zwei Sporthallen errichten. Im weiteren Verlauf in Auerbach eröffnete zudem ein Ärztehaus, das ebenfalls gut besucht wird.
Bedenken wegen der Kosten
Gegen die Gesamtentwicklung gibt es grundsätzlich wenig zu sagen. Allerdings braucht man sich dann weder über die hohe Verkehrsbelastung wundern, noch sich der Frage verschließen, in welchem Maß der ÖPNV dort ausgebaut werden muss, um zukunftsweisend aufgestellt zu sein. Über die Ausweitung der vorhandenen Ruftaxilinie oder einer neuen Stadtbuslinie für den Berliner Ring wird deshalb kommunalpolitisch schon länger diskutiert.
Aktuell befindet sich ein Antrag der SPD-Fraktion in der Debatte, der eine neue Stadtbuslinie 672 fordert. Der Stadtbus soll die Ruftaxilinie ersetzen, die gegebenenfalls ergänzend in Randstunden angeboten werden könnte. Grundlage des SPD-Vorstoßes bildet eine Studie des VRN. Die Kosten würden sich auf 330 000 Euro jährlich belaufen. Die BfB-Fraktion will den Antrag deshalb in die Sitzungsrunde zur Haushaltsberatung verschieben. „Wir stehen der Linie positiv gegenüber“, versicherte Fraktionschef Franz Apfel im Haupt- und Finanzausschuss.
Um diese 2021 umsetzen zu können, brauche es aber belastbare Informationen zum Haushalt. Dafür benötige man erst den Planentwurf, damit „wir einschätzen können, ob die Ausgaben finanziell tragbar sind“.
SPD-Fraktionschefin Eva Middleton sah jedoch keine Notwendigkeit für eine Verschiebung. Wenn man jetzt beschließe, habe man die Stadtbuslinie schon im Haushalt berücksichtigt. Das sei ein wichtiges Signal für den ÖPNV.
Tobias Heinz (CDU) hatte jedoch Bedenken wegen der Kosten. Einerseits brauche man eine gute Busanbindung, andererseits „verstehe ich nicht, warum wir einfach so über die Ausgaben hinweggehen sollen“. Der Haushaltsansatz würde damit um mehrere hundert Prozent erhöht. „Das ist ein ordentlicher Happen.“
Heinz wies auf die bestehende Ruftaxilinie hin, die schon ein Zugeständnis für die Anbindung des Ärztehauses gewesen sei. Das Ruftaxi sei im Oktober für 100 Fahrten genutzt werden. Das seien rund fünf Fahrten pro Werktag. Er bezweifle deshalb, ob man dafür extra eine Buslinie einrichten müsse. Das Ruftaxi würde die Stadt darüber hinaus nur 4000 Euro im Jahr kosten und nicht 330 000 Euro. Aus seiner Sicht könnte die bestehende Linie 669, die zwischen Heppenheim und Alsbach verkehrt, Teil der Lösung sein.
Der VRN will die Linie teilen, wenn in Zwingenberg die B 3-Baustelle abgeschlossen ist. Zwei Varianten wären dabei möglich, zumindest eine davon könnte den Berliner Ring bis zum Weiherhaus besser bedienen – und das ohne Mehrkosten für die Stadt, so Heinz. Eine Verlängerung bis zum Ärztehaus hält der VRN jedoch für schwierig umsetzbar.
Verkehrsdezernent Andreas Born (BfB) wies auf Nachfrage darauf hin, dass der Kreis zuständig und es keine Entscheidung der Stadt sei. „Wir könnten ja trotzdem eine Präferenz äußern“, entgegnete Heinz, der betonte, dass die Stadt in der jüngeren Vergangenheit schon einiges zur Verbesserung des ÖPNV unternommen habe.
Besser als nur ein Ruftaxi
Doris Sterzelmaier (GLB) begrüßte im Gegensatz dazu, dass am Berliner Ring endlich „Nägel mit Köpfen gemacht werden sollen“. Eine richtige Buslinie sei besser als ein Ruftaxi. Wenn es eine gute Verbindung gebe, würde dieser sicherlich mehr genutzt werden als das Ruftaxi bisher. „Vor allem, weil es ja nicht nur um das Ärztehaus geht“, so die Fraktionsvorsitzende. Es gebe viele Ziele, die angefahren werden können – und zu einer Ablösung des Individualverkehrs führen könnten.
Je früher der Verwaltung der Auftrag erteilt werde, desto mehr Zeit habe diese, um das Geld einzuplanen. „Wenn wir es nicht beschließen, wird es im Haushaltsplanentwurf nicht berücksichtigt.“ Wenn man knapp sieben Millionen Euro für die Sanierung der Märkerwaldstraße in Gronau locker mache, könne man auch 330 000 Euro für eine neue Buslinie bereitstellen.
Holger Steinert (FDP) äußerte ebenfalls Sympathien für den SPD-Antrag. Der ÖPNV am Berliner Ring müsse sinnvoll ausgebaut werden. Allerdings sei es viel Geld und der Vorstoß komme zu früh. „Reichen sie ihn ein, wenn die Haushaltszahlen auf dem Tisch liegen“, so der Fraktionschef. Die Stadt müsse außerdem darauf Einfluss nehmen, wie die geteilte Linie 669 künftig verlaufen soll.
Eva Middleton verdeutlichte abschließend, dass es der SPD nicht um eine Anbindung des Ärztehauses gehe, sondern des gesamten Berliner Rings mit seinen Sportstätten und Anlaufstellen. Die Summe, die bisher im Haushalt für den ÖPNV berücksichtigt ist, sei beschämend niedrig.
Dass es in Bensheim Verbesserungsbedarf gebe, räumte auch Markus Woißyk ein. Aber der ÖPNV sei nicht das Allheilmittel. „Eine Handballmannschaft wird nicht nach dem Training gemeinsam in den Stadtbus steigen und nach Hause fahren.“ Man könne es sich zurzeit nicht erlauben, solche Ausgabe einfach zu beschließen. Das gelte nicht nur für den ÖPNV. Wenn man das wolle, müsse man auch sagen, was für diese Summe im Haushalt gestrichen werden soll.
Der Haupt- und Finanzausschuss stimmte schließlich – wie bereits der Bauausschuss – einer Verschiebung bis zur Haushaltsberatung zu. Dem BfB-Antrag stimmten neben der BfB noch CDU, FDP und AfD zu. Die GLB enthielt sich, die SPD votierte dagegen.
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