Berliner Ring

Nächtlicher Brückentag in Bensheim

Nach einer dreimonatigen Sanierung in Lorsch ist die Fußgängerbrücke an der Bensheimer Weststadthalle wieder an Ort und Stelle gehievt worden. Die Arbeiten am Mittwochabend verliefen reibungslos.

Von 
Dirk Rosenberger
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Da ist das Ding: Die sanierte Brücke über den Berliner Ring in Bensheim wurde in der Nacht auf Donnerstag an ihren Ursprungsort gehievt. © Thomas Zelinger

Bensheim. Bevor der verlorene Sohn am Ziel ankommt, muss er eine Ehrenrunde drehen. Gehört sich schließlich so, wenn man knapp drei Monate Auslandsaufenthalt in Lorsch hatte. Die Zeit hat der Brücke, die den Haupteingang der Weststadthalle mit dem Parkplatz am Berliner Ring in Bensheim verbindet, aber sichtlich gutgetan. Schließlich lässt es sich bei den klösterlichen Nachbarn gut leben.

Auf dem Betriebshof der Firma Stahlbau Ried bekam der 24 Tonnen Koloss bekanntlich eine Generalüberholung, sprich Sanierung, nachdem am 18. März 2022 ein Lkw die Konstruktion gerammt und praktisch aus den Angeln gehoben hatte.

Für Mittwochabend organisierte der zuständige Zweckverband Kommunalwirtschaft Mittlere Bergstraße (KMB) nun im Zusammenspiel mit Behörden, dem Fachbetrieb und dem Bensheimer THW die Rückfahrt. Um 22 Uhr ging es in der Klosterstadt los, eine Schwerlastparade mit zuckenden Warnlichtern in einer lauen Sommernacht.

THW mit 14 Personen aktiv

Das hat alles reibungslos funktioniert“, erklärte Dienststellenleiter Sascha Stein vom Bensheimer THW. Die Helfer begleiteten nicht nur den Transport und übernahmen die Demontage von Verkehrsschildern, wenn es mal etwas enger wurde. Sie unterstützten insgesamt die Aktion mit 14 Mann, kümmerten sich um das Ausleuchten der Einsatzstelle, die Verkehrssicherung und stellten die Stromversorgung sicher.

Eine Dreiviertelstunde nach dem Aufbruch erreichte die Kolonne die Weststadthalle, wo die Brücke zunächst besagte Ehrenrunde im Kreisel Europa-Allee hinter sich bringen musste, um später rückwärts in die exakte Parkposition gebracht zu werden. Bis dahin verwandelte sich der Abschnitt auf dem Berliner Ring in eine kleine Baustellenlandschaft, in der alle Beteiligten Hand und Hand arbeiteten, um einen reibungslosen Ablauf sicherzustellen.

KMB-Geschäftsführer Frank Daum und Professor Matthias Pfeifer beobachteten die Vorgänge aus der ersten Reihe. Pfeifer hatte in seinem Darmstädter Ingenieurbüro im Jahr 2008 mehrere Entwürfe selbst angefertigt und der Stadtverwaltung vorgelegt. Seine Vorstellungen deckten sich damals mit denen der Entscheidungsträger. Nach dem Unfall hatte ihn der KMB kontaktiert und um eine Einschätzung und Begutachtung gebeten.

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Sein Büro gab schließlich grünes Licht für eine Reparatur und erstellte einen Sanierungsplan. Pfeifer betonte am Mittwoch, wie viel Glück am Tag des Zusammenstoßes alle hatte. „Das hätte alles viel schlimmer ausgehen können, auch für den Fahrer.“ Auf dessen Führerhaus blieb der Steg schließlich liegen, was verhindert, dass die Brücke auf die Fahrbahn krachte und stärker beschädigt wurde.

So aber konnte das geschwungene Exemplar in einem Stück geborgen und schließlich zur Reparatur nach Lorsch gebracht werden. Frank Daum zeigte sich bei der Rückkehr zufrieden mit dem Ablauf und dem zügigen Zusammenspiel der Beteiligten.

Nachdem die vorbereitenden Arbeiten abgeschlossen waren, musste der Hauptdarsteller des Abends in Stellung gebracht werden. Zwei Autokräne der Firmen Stahlbau Ried und Weiland hievten die Last an mächtigen Stahlseilen behutsam in die Höhe und richteten sie quer zur Fahrbahn aus. Danach war Millimeterarbeit und Handauflegen der Experten angesagt, die langsam und sicher den Steg auf die Brückenlager manövrierten, schoben und in die Lücke „drückten“.

Zu Komplikationen kam es nicht

Gegen 1.50 Uhr konnte der Berliner Ring schließlich wieder freigegeben werden, nachdem die Spuren der Aktion beseitigt waren. Verfolgt wurde das Einheben von ein paar Zaungästen, die meisten interessiert mit Handykamera im Anschlag, der eine oder andere aber mit leichtem Drang zur lauten Selbstdarstellung. Die Kräfte des THW und das städtische Team Allgemeine Sicherheit und Ordnung unter der Leitung von Jochen Scharschmidt hatten daher nicht nur ein waches Auge auf den Verkehr, sondern auch auf solche Randerscheinungen.

Unterm Strich verlief die generalstabsmäßig geplante Angelegenheit aber ohne Komplikationen. Für die Stadt und vor allem den KMB ist die Geschichte mit dem finalen Kapitel und einem nächtlichen Brückentag abgeschlossen.

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Angefangen hatte sie bekanntlich an jenem 18. März vor etwas mehr als einem Jahr. Ein Lastwagen hatte mit ausgefahrenem Kranausleger die Brücke gerammt und zum Einsturz gebracht. Verletzte gab es bei dem Unfall glücklicherweise nicht. Der Fahrer kam mehr oder weniger mit dem Schrecken davon, zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes befanden sich weder andere Autos in Reichweite noch waren Fahrradfahrer und Fußgänger in dem Bereich unterwegs. Auch auf dem Steg befand sich niemand.

Die Aufräumarbeiten gestalteten sich schwierig. Ein Teil der Konstruktion lag auf dem Führerhaus des Lkw, die vielbefahrene Straße musste stundenlang gesperrt werden. Schließlich lösten zwei Kräne das Problem, an ihren Steilseilen baumelnd wurde der Steg zur Seite gehoben. Dort blockierte die Brücke monatelang den Radweg, weil sich die Verständigung mit der gegnerischen Versicherung zu einem Geduldsspiel entwickelte.

Erst Anfang Februar bekam der KMB das Okay, um Stahlbau Ried zu beauftragen. Die Gesamtkosten belaufen sich nach wie vor aller Voraussicht nach auf 104 000 Euro. Die Summe wird von der Versicherung beglichen, der Bensheimer Haushalt, und damit der Steuerzahler, wird nicht belastet.

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