Gespräch

MEGB: So will Michaela Kemmeter das Vertrauen zurückgewinnen

Seit August ist Michaela Kemmeter Geschäftsführerin der Marketing- und Entwicklungsgesellschaft Bensheim. Wie sie mit der täglichen Kritik gegenüber dem Unternehmen umgeht und welche Pläne sie für die MEGB hat.

Von 
Anna Meister
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Michaela Kemmeter ist seit August 2024 die neue Geschäftsführerin der Marketing- und Entwicklungsgesellschaft Bensheim. Die MEGB hat einen schweren Stand - das möchte sie ändern. Mit Transparenz und mutigen Entscheidungen. © Thomas Zelinger

Bensheim. Wenn Michaela Kemmeter in ihrem neuen Job als Geschäftsführerin der Marketing- und Entwicklungsgesellschaft Bensheim eines erfahren hat, dann das: Sobald die berühmten vier Buchstaben MEGB in der Stadtgesellschaft ausgesprochen werden, steht automatisch eine gewisse Skepsis im Raum.

Genau das möchte Kemmeter, die die Stelle im August 2024 angetreten hat, ändern. Zentral ist für die Geschäftsführerin neben regelmäßigen Gesprächen mit den Fraktionen der Bensheimer Stadtverordnetenversammlung auch der Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern. „Meine Tür steht jedem offen.“

Wegen der Unternehmensstruktur, geknüpft an den Aufsichtsrat, die Gesellschafter und den Beirat, darf Kemmeter zwar nicht im Detail auf Inhalte eingehen, die an die Beschlüsse dieser Gremien geknüpft sind: „Wo ich aber Auskunft geben kann, mache ich das gerne.“

Hierzu hat sich Michaela Kemmeter in den vergangenen Monaten intensiv mit den Projekten der Stadt, der Unternehmensstruktur der MEGB und der Historie Bensheims beschäftigt. „Um ein Projekt erfolgreich zum Ende begleiten zu können, muss ich alle Hintergründe kennen und auf dieser Grundlage aufbauen.“ In welcher Weise Entscheidungen vor ihrem Amtsantritt getroffen wurden, möchte Kemmeter nicht bewerten. „Ein Unternehmen ist nicht nur das, was es heute ist, sondern das Ergebnis vieler Jahre harter Arbeit, Innovation und strategischer Entscheidungen. Die Historie zeigt auf, welche Werte das Unternehmen geprägt haben, welche Erfolge erzielt wurden und welche Herausforderungen gemeistert werden mussten. Dieses Wissen hilft mir, nachhaltige Entscheidungen zu treffen“.

Bensheim braucht mutige Entscheidungen, um sich zu entwickeln

In Kemmeters Augen sind hierfür konsequente und mutige Entscheidungen nötig: „Jede Veränderung trifft auf unterschiedliche Interessen: Einzelhändler, Immobilienbesitzer, Bürger und Investoren haben oft gegensätzliche Vorstellungen. Mut ist nötig, um sich trotz Widerständen für eine langfristig sinnvolle Lösung zu entscheiden. Bensheim steht vor großen Herausforderungen: Wie dem Wandel des Einzelhandels, veränderten Mobilitätsanforderungen oder Klimaanpassungen, dazu kommt noch die Haushaltslage.

Womit sie auf eines der Projekte zu sprechen kommt, das ihr besonders wichtig ist: das ehemalige Kaufhaus Krämer. „Viele Menschen glauben, das Projekt würde derzeit stillstehen, wir arbeiten aber fortlaufend an den Planungen.“ Im Vordergrund stand dabei die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens. Geschaffen werden soll in dem Gebäudekomplex eine moderne Struktur, nachhaltig und mit sozialem Mehrwert. „Die Bensheimerinnen und Bensheimer sollen sich mit dem Angebot identifizieren. Ich sehe im Kaufhaus Krämer ein echtes Leuchtturmprojekt. Wir sind, was das Konzept angeht, auf einem guten Weg, die finalen Beschlüsse müssen aber die MEGB-Gremien treffen.“ Das Projekt muss Hand und Fuß haben, der nächste Schritt sitzen, weiß Kemmeter. „Egal, in welche Richtung es gehen soll: Es braucht eine Entscheidung, die alle Instanzen vertreten.“

Unsichere oder ständig geänderte Pläne schrecken Investoren ab und verunsichern die Bürger. Stadtentwicklung ist ein Prozess, der oft Jahrzehnte dauert. Ein ständiges Umschwenken würde Fortschritte behindern. Wenn die Stadt sich zu ihren Entscheidungen bekennt, wachse das Vertrauen in die Verwaltung und Politik. Und vielleicht auch in die MEGB.

Michaela Kemmeter ist weder Politikerin noch Diplomatin: Sie spricht offen und nimmt Vorschläge und Kritik gerne an. „Ich lasse mich nicht entmutigen.“ Die Geschäftsführerin weiß um den schweren Stand, den das Unternehmen in Bensheim hat. „Beinahe jede Woche leiste ich in meinem Team Überzeugungsarbeit, sich von der Kritik nicht unterkriegen zu lassen. Hinter der MEGB stehen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die alle ein vielfältiges Aufgabengebiet verantworten und nachhaltig zum Ergebnis beitragen. Wir sind keine Schatztruhe, wie aktuell von so mancher Seite suggeriert wird“, spielt die Geschäftsführerin auf Forderungen nach einer Kapitalrückzahlung oder Gewinnausschüttung an die Stadt an.

Rücklagen der MEGB an die Stadt ausschütten?

Eine Frage, die die Bensheimerinnen und Bensheimer in Zeiten des Haushaltsdefizits, nicht enden wollender Gewerbesteuerrückzahlungen und der drohenden massiven Grundsteuererhöhung besonders beschäftigt: Könnte die Stadt die Rücklagen der MEGB in Höhe von etwa 12 Millionen Euro einfordern, um die eigene Kasse aufzubessern? Kemmeter kann hierzu Folgendes sagen: „Durch eine solche Kapitalrückzahlung, die nicht ohne weiteres möglich ist, hätte die Stadt zwar theoretisch einen kurzfristigen Effekt auf den Haushalt. Allerdings stünde dem Geldwert so nichts mehr gegenüber.“ Wie bereits erwähnt, ist dieses Kapital fast vollständig gebunden. „Die Gelder sind unter anderem für Sanierungsmaßnahmen in den Gebäuden, für die wir zuständig sind, zurückgestellt. Derzeit läuft im Guntrum-Parkhaus der Stadt eine umfassende Betonsanierung. Wenn diese Arbeiten beendet sind, ist eine Sanierung im Parkhaus in der Fehlheimer Straße zwingend erforderlich.“ Weiter sei auch die Erschließung des Gewerbegebiets Stubenwald II noch nicht vollständig abgeschlossen, wofür ebenfalls die MEGB aufkomme.

Würde der MEGB die Liquidität genommen, könnten die notwendigen und geplanten Maßnahmen im Gewerbegebiet nicht umgesetzt werden und das Parkhaus Fehlheimer Straße müsste geschlossen werden, außerdem sähe es um die Zukunft der Innenstadtentwicklung und der Gewerbegebietsentwicklung schlecht aus. „In der aktuellen Lage müssen alle Akteure einen kühlen Kopf bewahren und genau abwägen, welche Folgen bestimmte Entscheidungen nach sich ziehen.“

Lichtblick für Dalberger Hof und Vision zur Innenstadtentwicklung

Im Juli 2021 wurde das Bürgerhaus an den Pächter Bensheim Event GmbH übergeben. Er betreibt seitdem die beiden Gebäude Bürgerhaus und Dalberger Hof, die von Bensheimern, Vereinen und Firmen für private und öffentliche Veranstaltungen genutzt werden können. Für Letzteren hat sich nach erneutem Leerstand nun eine Lösung gefunden. Zu viel möchte Kemmeter an dieser Stelle nicht verraten. Nur so viel: Im Frühjahr kann es wieder losgehen.

Zentral für die MEGB-Geschäftsführerin ist, dass Bensheim ein Konzept zur Entwicklung der Innenstadt aufstellt. „So erhalten wir eine strategische Grundlage für die nachhaltige Gestaltung und Belebung des urbanen Raums. Unsere Innenstadt steht vor vielfältigen Herausforderungen, darunter dem Wandel im Einzelhandel. Ein durchdachtes Konzept kann dazu beitragen, die Attraktivität und Aufenthaltsqualität zu steigern, indem öffentliche Räume ansprechend gestaltet und Plätze geschaffen werden, die Menschen zum Verweilen einladen. Gleichzeitig stärkt es die Wirtschaft, indem es Strategien zur Belebung des Einzelhandels entwickelt, Leerstände reduziert und die Innenstadt als vielfältigen Standort für Handel, Gastronomie, Kultur und Dienstleistungen etabliert. Wobei wir nicht vergessen dürfen, dass Bensheim bereits eine lebendige Innenstadt mit viel Potenzial hat. Sie ist ein Ort mit vielen Möglichkeiten, ein Ort, an dem man sich gerne aufhält. Deswegen kommen auch Menschen von außerhalb gerne nach Bensheim. Das gilt es zu nutzen.“

Welche Aufgaben hat die MEGB?

Die Marketing- und Entwicklungsgesellschaft Bensheim mbH ist ein kommunales Unternehmen, das eigenständig wirtschaftet und verschiedene Aufgaben im Bereich der Standortentwicklung, der Objektverwaltung, der Wirtschaftsförderung und dem Stadtmarketing übernimmt. Ihr Ziel ist es, Bensheim als Wirtschaftsstandort zu stärken, Unternehmen zu unterstützen und zur Stadtentwicklung beizutragen.

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Von
Gerlinde Scharf
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Die MEGB ist in mehreren Bereichen tätig: Sie erwirbt, veräußert Grundstücke, um eine nachhaltige und wirtschaftlich sinnvolle Nutzung zu ermöglichen. Die Gesellschaft plant, errichtet, betreibt und verkauft Objekte und Grundstücke. Sie ist die Schnittstelle zwischen Interessenten und Eigentümern gewerblicher Immobilien, um Unternehmen geeignete Standorte zur Verfügung zu stellen. Die MEGB berät zudem Unternehmen bei der Standortwahl, der Neuansiedlung und der Verlagerung von Betriebsstätten innerhalb der Stadt. Die Gesellschaft ist an der Entwicklung neuer Baugebiete sowie an der Verwertung und Bereitstellung von Grundstücken beteiligt.

Die MEGB übernimmt technische, wirtschaftliche und organisatorische Aufgaben im Hoch- und Tiefbau, etwa im Bereich der Parkhäuser. Dazu gehören unter anderem Finanzmanagement, Projektsteuerung, Organisation und Kostenkontrolle.

Über Michaela Kemmeter

Michaela Kemmeter hat am 1. August die Position der Geschäftsführerin übernommen. Sie trat die Nachfolge von Helmut Richter an, der nach mehr als 19 Jahren Tätigkeit für die städtische Tochtergesellschaft in den Ruhestand ging. Kemmeter kommt von der SKD aus Bad Kreuznach an die Bergstraße. Bei der Stiftung Kreuznacher Diakonie war sie in den vergangenen dreieinhalb Jahren Leiterin des Portfoliomanagements und der Neubauabteilung.

Ihre berufliche Laufbahn startete sie bei der Sparkasse Mainz. Nach der Ausbildung zur Bankkauffrau und einer langjährigen Tätigkeit für das Geldinstitut studierte sie Bauprojektmanagement. Bei Aldi Süd sammelte sie im Anschluss Erfahrung in der Projekt- und Filialentwicklung. Die Planungen von Neubauten gehörten ebenso zu ihrem Aufgabengebiet wie Marketing und Netzwerken.

Bensheim und die Region kannte die neue Geschäftsführerin bereits, bevor sie Interesse an der Führungsposition hatte. Das wirtschaftliche Potenzial des Mittelzentrums und die Möglichkeiten, vor Ort Projekte und Prozesse aktiv mitgestalten zu können, spielten ebenfalls eine Rolle bei ihrer Entscheidung.

Redaktion

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