Bensheim. Nachdem BfB und VuA bereits in der Sitzungsrunde im Oktober eine Anfrage zum Sachstand bei der Sanierung des ehemaligen Kaufhauses Krämer gestellt hatten, brachten die beiden Fraktionen nun mit der FWG einen Antrag in die Stadtverordnetenversammlung ein, der für Diskussion und stellenweise Irritation sorgte.
Gefordert wurde von Magistrat und MEGB, bis zur Beratung des Haushaltsentwurfes 2025 eine Entscheidungsgrundlage für den Gebäudekomplex in den MEGB-Gremien und der Stadtverordnetenversammlung vorzulegen. Darin dargestellt werden sollte ein Nutzungskonzept sowie die anfallenden Sanierungskosten und mögliche Fördertöpfe, aus denen man sich hierfür bedienen könne.
Anhand dieser Daten forderten die Fraktionen eine Einschätzung darüber, wie die Sanierung kostendeckend erfolgen kann. Ein Vorschlag war dabei der Verkauf von Eigentumswohnungen. Darüber hinaus wünschten sich die Antragsteller eine Marktabfrage über einen zu erzielenden Verkaufspreis des ehemaligen Kaufhaus-Komplexes Krämer.
Rund 2,2 Millionen Euro hat die MEGB bisher in die Immobilie investiert, davon flossen etwa 250 000 Euro in Planungskosten sowie in die Bestandsaufnahme, den Löwenanteil machte der Erwerb selbst aus.
„Krämer soll kein Millionengrab werden“
„Es wird höchste Zeit, zu einer Entscheidung zu kommen. Unser gemeinsamer Antrag kommt dabei genau richtig. Wir benötigen die angeforderten Unterlagen, um zu einer sachgerechten Entscheidung zu kommen. Der Krämer-Komplex kann nicht als Millionengrab ohne Entscheidung liegen bleiben. Bensheim braucht ergebnisoffene Entscheidungen – dieser gemeinsame Antrag liefert die Grundlage dafür“, begründete Franz Apfel (BfB) den Vorstoß der Fraktionen.
„Mit dem Antrag geht es darum, sämtliche Möglichkeiten offenzulegen, mit denen die Stadt Gelder generieren kann“, ergänzte Matthias Penteker (VuA). Alois Hillenbrand (FWG) kritisierte an dieser Stelle, dass die MEGB bereits an anderen Stellen, etwa beim Bürgerhaus, jährlich Mindereinnahmen generiere. Dazu sollte es beim sogenannten „Bensheimer DreiViertel“ nach Möglichkeit nicht kommen.
Bernhard Stenger (CDU) erschloss sich an dieser Stelle nicht, weshalb BfB, FWG und VuA die Zukunftsfragen um dieses Projekt „in die Stadtverordnetenversammlung zerren wollten“, obwohl es dort aktuell gar nichts zu suchen habe. „Das ist nichts als Theaterdonner.“
Umfassende Bestandsaufnahme und Sammlung von Ideen zur Nutzung
Alles habe 2018 mit der Vorlage begonnen, Gelder, die aus Verkäufen im Gewerbegebiet Stubenwald kamen, sinnvoll einzusetzen. Gemeinsam habe man entschieden, das ehemalige Kaufhaus Krämer selbst, beziehungsweise unter Federführung der MEGB als Eigentümerin, zu entwickeln. „Wir wollten die Hand auf diesem Komplex haben, um selbst entscheiden können, wie die Räume die Stadt weiter bereichern können.“ Hierzu habe es eine umfassende Bestandsaufnahme gegeben, Ideen zur Nutzung wurden gesammelt.
Eine Voraussetzung beim Kauf war: er soll sich rechnen. „Bisher haben wir das nicht gesehen, das Konzept wird fortentwickelt. Aber all das wissen die Antragstellenden, denn sie sind Mitglieder im Beirat der MEGB. In den regelmäßigen Sitzungen wird fortlaufend über das Projekt und den aktuellen Stand berichtet“, so Stenger.
„Falsches Gremium, falscher Zeitpunkt“
Die MEGB arbeite ohnehin an dem Projekt. Die neue Geschäftsführerin, Michaela Kemmeter, habe im August ihre Arbeit begonnen. „Sie wurde eingestellt, um ihre Expertise einzubringen und das Projekt weiterzuentwickeln. Dafür benötigt sie allerdings mehr Zeit, als ein paar Wochen.“ Es sei also alles andere also der richtige Zeitpunkt – und zudem das falsche Gremium, an das die Fraktionen ihren Antrag gerichtet haben. „Im Rahmen der Beiratssitzungen besteht die Möglichkeit, seine Ideen konstruktiv einzubringen“, kritisierte Stenger weiter, wobei in seinem Unterton herauszuhören war, dass er diesen Vorstoß als puren Aktionismus als Reaktion auf die finanziell desaströse Lage der Stadt Bensheim wertete.
Dieser Argumentation schloss sich auch Doris Sterzelmaier (Grüne) an. „Mit dem Kauf des Gebäudekomplexes wollten wir die Innenstadt noch wertiger gestalten. Da die MEGB Eigentümerin ist, liegt bei ihr auch die Entwicklung des Konzeptes. Die Antragstellenden wissen aufgrund ihrer Beiratsmitgliedschaft um die Kostenentwicklung.“ Auch die lehnt eine Marktabfrage für das DreiViertel ab. Den Komplex wegen der aktuellen Haushaltslage abzustoßen, hält sie nicht für zielführend. „Wir sollten zunächst abwarten, welche Vorschläge seitens der MEGB unter Leitung von Frau Kemmeter gemacht werden.“ Schließlich habe sie angekündigt, das Projekt genau zu durchleuchten.
„Können nicht verkaufen, was uns nicht gehört“
Ebenso sehen es SPD und FDP: Tobias Fischer (FDP) ergänzte: „Es macht keinen Sinn, einen Beschluss zu einem Thema zu fassen, das nicht in unserer Hand liegt.“ Die Frage, was aus dem Kaufhaus werden soll, sei schon vor mehreren Jahren gestellt worden, mehrere Begehungen und Vorträge, etwa zur Historie des Komplexes, hätten das Vorhaben der Stadt, die Immobilien durch die MEGB erschließen zu lassen, weiter untermauert. „Es sollte nicht passieren, was am Marktplatz – etwa bei den Immobilien schräg links gegenüber – schon mehrfach passiert ist.“ Fischer bat die Antragsteller, „den Ball flachzuhalten“, da das Konzept zum Kaufhaus aktuell weiterentwickelt werde. Und hierüber berichte die MEGB ständig.
Trotzdem: Franz Apfel sieht alle Zeitabläufe überschritten. „Und deswegen müssen wir jetzt zu einer Entscheidung kommen. Bis zur Beratung des Haushaltes muss es doch möglich sein, die Grundlagen dafür vorzubereiten. Schließlich müssen wir uns mit dem neuen Haushalt auch die Frage stellen, ob wir uns die Sanierung erlauben können, oder ob ein Verkauf nötig ist.“ Man könne allerdings nicht verkaufen, was einem nicht gehöre, entgegnete Fischer. Da die Stadt nicht Eigentümerin des ehemailgen Kaufhauses ist, hätten die Stadtverordneten an dieser Stelle überhaupt keine Entscheidungsgrundlage.
Auf Franz Apfel wirkte diese Argumentation so, als wolle man „die Situation aussitzen und die Diskussion ins stille Kämmerlein verlegen“. Dem widersprach Bernhard Stenger energisch: „Sie bekommen alle Informationen aus erster Hand im MEGB-Beirat, das ist kein stilles Kämmerlein, zumal in diesem Gremium auch Bürger vertreten sind.“ Die Gebäude jetzt zu verkaufen wäre falsch, die Chancen auf eine die Innenstadt bereichernde Entwicklung mit diesem Schritt vertan. Das sah die Mehrheit der Stadtverordneten ähnlich, weshalb Koalition und Grüne gegen den Antrag stimmten.
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