Innenstadt

Marktplatz-Entwürfe aus 1969 ähneln den heutigen Ideen

Rudolf Schmitt vom Museumsverein entdeckte in seinem Archiv eine Skizze, die die Entwürfe von heute vorwegzunehmen scheint

Von 
Eva Bambach
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Die Skizze wurde 1969 im Bergsträßer Anzeiger veröffentlicht: Auch damals suchte man nach Ideen, wie der obere Marktplatz gestaltet werden könnte. Der eingeschossige Bau mit den Arkaden vor der Kirche kommt einem der preisgekrönten Entwürfe aus dem aktuellen Ideenwettbewerb recht nahe. © RED

Bensheim. Das umfassende Archiv des Museumsvereins Bensheim birgt manche Überraschung. So stieß Rudolf Schmitt, Mitglied im Vorstand des Vereins, kürzlich auf einen Zeitungsausschnitt, dessen Illustration ihm sofort ins Auge stach: Der längst vergessene BA-Artikel vom 11. Dezember 1969 war mit einer Skizze zur Markplatzgestaltung bebildert, die einen der drei preisgewürdigten Entwürfe des jüngsten Ideenwettbewerbs mehr als fünfzig Jahre vorweggenommen zu haben scheint.

Ebenso wie der Entwurf von Bf Bauforum Berlin und den Architekten Rintz und Quack aus dem Jahr 2024 setzt das Konzept aus dem vorigen Jahrhundert auf einen eingeschossigen Bau, der den Marktplatz zur Kirche hin abschließt und zugleich den Blick auf die Fassade von Sankt Georg weitgehend frei lässt. Damals ging es um die Gestaltung der Lücke, die der Abriss des im Zweiten Weltkrieg von Bomben zerstörten alten Bensheimer Rathauses hinterlassen hatte. In den 1950er und 1960er Jahren wurde der Platz zum Parken genutzt. Im Sinne einer autogerechten Stadt, wie sie seit Anfang der 1960er Jahre propagiert wurde, sollte nun eine Nutzungsentmischung stattfinden. Die Innenstadt sollte autofrei werden, während der Verkehr um sie herum ungehindert fließen sollte.

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Auf Initiative der SPD-Fraktion im Stadtparlament wurde ein Ideenwettbewerb erwogen, um dem Marktplatz wieder zu geben, „was ihm an Funktion und Substanz verloren ging: die „gute Stube“ der Stadt Bensheim, wo man sich trifft, wo man auf Ruhebänken verweilt, Korso im Schatten der Türme von St. Georg“. Überlegt wurde auch, durch welche Maßnahmen die Hauptstraße zur Fußgängerzone werden könnte. Was inzwischen seit Jahrzehnten Usus ist, wurde diskutiert: Sperrzeiten und Anlieferungszeiten und die Einrichtung einer Stadtbuslinie, „um nicht unnötig viel Privatwagen zum Einkauf an die Kernstadt heranzubringen.“ Die damaligen Ansprüche an die neue Gestaltung klingen vertraut: „Der Marktplatz muss wieder den Charakter eines öffentlichen Platzes zum Verweilen, Zusammentreffen und Verabreden haben.“ Und: „Die Planung muss zu einer Verbesserung des Marktplatzes als Geschäftslage führen. Feuersicherheit ist wieder herzustellen“.

Mit dem Bau des Haus am Markt wurden andere Pläne verwirklicht

„Es ist denkbar, den Marktplatz terrassenförmig zu gliedern, die verschieden hoch gelegenen Teile durch Stufen zu verbinden, aber auch stufenfreie Wege für Kinderwagen, Krankenfahrstühle usw. zu schaffen. Vor oder auf dem Gelände des ehemaligen Rathauses kann eine Bogenhalle entstehen, in der verschiedene Geschäfte im Boutiquen-Stil, eine Weinstube, eine Poststelle mit öffentlichem Fernsprecher untergebracht werden können.“ Auch über ein Straßencafé wurde nachgedacht. Verwirklicht wurden andere Pläne. Gebaut wurde Mitte der 1970er Jahre das mehrstöckige Haus am Markt, das über die Jahrzehnte ganz unterschiedlichen Zwecken Obdach bot. Die Geschichte endete bekanntlich mit dem Abriss dieses Gebäudes. Und nun ist wieder eine Lücke zu füllen. In einem inzwischen schon Jahre andauernden, in dieser Zeitung ausführlich dokumentierten Prozess ringen Stadt und Bürgerschaft um eine nachhaltige Lösung. Ein Ideenwettbewerb zum „Marktplatz der Zukunft“ ergab in den letzten Wochen drei preiswürdige Entwürfe, die als Anregungen für konkrete Planungen dienen können.

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Einer dieser Entwürfe sieht den Marktplatz als „Grünes Wohnzimmer“ der Stadt. Eine breite Freitreppe zur Kirche wird mit einem Zwischenpodest zum Aufenthaltsort, der den Bewohnern für vielfältige Nutzungen offensteht. Ein anderer Entwurf macht den Marktplatz viele Bäume und grüne Terrassen zu einem blühenden und lebendigen Stadtkern für alle Generationen. Dazu soll ein Stadthaus den Platz und den Blick auf die Kirche städtebaulich rahmen. Der schon eingangs genannte Entwurf sieht einen unterbauten „Bürgergarten“ mit einer offen zugänglichen Laube vor und ein eingeschossiges Sockelgebäude, das gastronomisch genutzt werden könnte.

Mehrere der genannten zentralen Punkte finden sich auch in den Überlegungen, die schon 1969 angestellt wurden. Auch wenn manches davon heute überholt ist, wie der öffentliche Fernsprecher, verblüffen doch die offenkundigen Parallelen. Was gut ist, kommt wieder.

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