Auerbach. „Erinnerungen“ heißt die neue Ausstellung im Damenbau des Auerbacher Fürstenlagers. Der Titel, mit dem die Gruppe „Kunst im Fürstenlager“ ihre Jahresausstellung überschrieben hat, könnte eigentlich für jegliche Werke der bildenden Kunst gelten – denn jedes Abbild ist doch letztlich nicht mehr als eine Erinnerung an Gesehenes oder Erlebtes. Das gilt selbst für stark abstrahierte Arbeiten, findet seine Grenzen aber etwa in der Konkreten Kunst und, vielleicht themenabhängig, in Genres wie Konzeptkunst oder Performance.
Die 18 Teilnehmenden an der aktuellen, vom Auerbacher Kur- und Verkehrsverein getragenen Ausstellung haben das Thema ebenfalls breit ausgelegt – überwiegend in den Medien Malerei und Fotografie.
Persönliche Rückbesinnung
Manchmal ist die Erinnerung einfach ein Bild aus einer vergangenen Schaffensphase, eine persönliche Rückbesinnung, die mitunter erstaunlich auch für diejenigen ist, die aktuellere Arbeiten des Künstlers oder der Künstlerin kennen. Oft sind alte Objekte mit ins Bild aufgenommen – aufwendig gerahmte Landschaftsaufnahmen im Kleinformat oder dicke, mit alter Spitze und einem Foto fest zu Paketen verschnürte, unbeschriftete Bücher in einer Glasvitrine. Welche Erinnerungen mögen sie enthalten? Sollen sie geheim bleiben? Was stand in den Briefen, von denen mehr als hundert gestempelte Briefmarken zeugen, die in einem Rahmen arrangiert und mit einer Kinderschrift überschrieben sind, dazu die schematische Zeichnung eines Sternbilds. Wohin führten einst die Stufen im Wald, die ein großes digital verfremdetes Foto sichtbar macht? Wer spielte wohl mit dem Knackfrosch, der in eine Collage mit Pflanzenteilen eingefügt ist?
Ungewöhnlich stark wird in dieser Ausstellung der Betrachter aktiviert, dem über dem Sinnieren bezüglich des Inhalts die künstlerische Dimension mitunter verloren gehen mag. Natürlich geht es auch um Gefühle: Porträts von Haustieren wecken Erinnerungen an eigene Vierbeiner aus der Vergangenheit – und ja, auch ein Auto kann sentimentale Gefühle wecken. Wer weiß welche Abenteuer mit dem von Moos und Efeu überwucherten Oldtimer-Bus früher einmal zu erleben waren!
Zeichnungen über Vergänglichkeit und Erinnerung
Zeichnungen von auf dem Bügel hängenden Kleidungsstücken rufen die Vergänglichkeit in den Sinn und den Gedanken, dass auch unsere Lieblingsjacke irgendwann einmal ausrangiert wird.
Doch braucht es überhaupt Gegenstände, um sich erinnern zu können? „Ich brauche keine Denkzettel“ heißt es doppelsinnig auf einer Zeichnung – um im Stockwerk drüber buchstäblich ein Gegengewicht zu erhalten. Da zeigen zwei Fotos, dass Erinnern auch in Stein gemeißelte Pflicht sein kann – als mahnendes Gedenken an die „Toten der jüdischen Gemeinde Dortmund 1933-1945“ und als Erinnerung an im August 1893 „in treuer Pflichterfüllung“ verunglückte Bergleute. Erinnerung als Mahnung ist auch das Konzept, das hinter einer Zeichnung mit Insekten steht, die über ein elektronisches Gerät krabbeln. „Mensch mach Platz“ steht da und unten im Bild die Information, wieviel Hektar wertvoller Boden in Deutschland täglich verloren gehen.
Doch es geht auch ganz abstrakt, sei es als hingehauchtes Aquarell oder als glutvoll rotes Gemälde, auf dem der Blick zwischen wolkigen Strukturen die vage Form der Rückenansicht eines nachdenklichen, vielleicht sich erinnernden Menschen erkennt. Oder zu erkennen glaubt?
Mitglieder steuerten je zwei Bilder zur Ausstellung bei
Die Erinnerung ist flüchtig, wie jedermann weiß, weshalb nicht nur Fotografen danach streben, die Dinge im Bild festzuhalten. Davon zeugen in der Ausstellung mehrere Porträts und Landschaftsansichten, die stilistisch jeweils ganz unterschiedlich ausfallen, vom romantisch-realistischen Abbild bis zum collageartigen Mix.
Je zwei Bilder durften die Mitglieder der Gruppe Kunst im Fürstenlager in der Regel beisteuern. Mehr hätte der Platz in der kleinen Galerie nicht erlaubt, um allen die Möglichkeit zum Ausstellen zu geben. Für die Besucher ergibt sich die Chance, nicht nur das breite Spektrum der regional Schaffenden präsentiert zu bekommen, sondern auch viele neue Namen kennenzulernen.
Es stellten aus:
- Doris Bambach
- Klaus Bartnik
- Klaus Bieleit
- Kaija Diehl
- Ursula Fauhaber
- Janna Keller-Laufs
- Barbara Kellner
- Christa Kohl
- Hilde Kraege
- Sylvia Markgraf
- Berthold Mäurer
- Gabriele Mundt
- Ute Rappel
- Helga Rummel
- Loban Sabbagh
- Hanna Stross
- Frank von Alfred
- Uschi Webler
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