Museum

Ausstellung "Wasteland" zeigt wie Malerei den Raum erobert

Neue Ausstellung „Wasteland“ mit Gemälden und großen Plastiken von Ruprecht von Kaufmann wurde am Freitag eröffnet.

Von 
Eva Bambach
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Werke von Ruprecht von Kaufmann sind bis Ende Januar in der Ausstellung „Wasteland“ im Museum zu sehen. © Thomas Zelinger

Bensheim. Mit der Ausstellung „Wasteland“ von Ruprecht von Kaufmann ist es dem Bensheimer Museumsleiter Jan Christoph Breitwieser einmal mehr gelungen, nicht nur Kunst von internationalem Rang in die Stadt zu holen, sondern den Besuchern auch ein einzigartiges Eintauchen in eine dem Alltag entrückte eigene Welt zu ermöglichen.

Denn die Inszenierungen in den drei kleinen Ausstellungsräumen im Untergeschoss des Bensheimer Museums bieten jedes Mal ganz andere ästhetische Erlebnisse. So beeindrucken diesmal gleich beim Hereinkommen zwei schwebende, leicht und immateriell wirkende Plastiken, die den ganzen Raum in seiner Diagonale durchmessen und auf den Wänden ein reiches Schattenspiel erzeugen.

Große Gemälde und kleinformatigen Bilder in der Ausstellung

Normalerweise bespielt der Maler Ruprecht von Kaufmann Ausstellungsräume in der ganzen Welt mit seinen großformatigen Bildern. In Bensheim aber liegt der Schwerpunkt erstmals auf den großen dreidimensionalen Figuren. Sie entstehen aus Resten seiner Malerei: Hier setzt er oft Schablonen aus Polyesterfolie als Hilfsmittel ein. Diese bleiben am Ende als sichtbare Spuren des Malprozesses übrig. Das eigentlich zweidimensionale Material wurde ihm als zufällige, dreidimensionale Knäule im Atelier zur Inspiration, um die Malerei auch den Raum erobern zu lassen: Um Gerüste aus Holz und Draht gewunden, entwickelt sich das ursprüngliche Abfallmaterial zu anthropomorphen und zoomorphen Figuren.

Gegen die Luftigkeit der Plastiken arbeitet in der Bensheimer Ausstellung die Strenge der Anordnung, was die Bilder betrifft. Als die beiden vorderen Räume verbindende Reihe hängen die oft nur zwanzig Zentimeter im Quadrat messenden Malereien nebeneinander.

Wie die berühmten großen, oft die ganze Wand beanspruchenden Gemälde (von denen in Bensheim auch ein Beispiel zu sehen ist), sind auch die kleinformatigen Bilder mit Ölfarbe auf Linoleum gemalt. Die milde Farbigkeit und die Glätte des manchmal noch durchschimmernden Malgrunds scheinen sich auf die Malerei zu übertragen. Weich glaubt man fast noch den Pinsel über das Bild gleiten zu sehen – Öl auf Öl, mit einer gleichzeitig zeichnerischen Komponente.

Doch wird der sanfte Schmelz mitunter jäh unterbrochen: In die Oberfläche sind Linien geschnitten, die der Fläche eine leichte Dreidimensionalität verleihen, gewissermaßen ein Kommentar zur illusionistischen, perspektivischen Darstellung des Gegenstands, die Räumlichkeit ja nur vorgibt. Ein Regelbruch, der manchmal noch getoppt wird: Dann macht sich die Ölfarbe selbstständig und verlässt die ihr zugewiesene Bildfläche in den Raum hinaus – manchmal fast heimlich, sich dem Betrachter erst auf den zweiten Blick offenbarend.

Flüchtigkeit erweist sich auch, was den Bildgegenstand betrifft. Es sind Momentaufnahmen, die keine Situation in Gänze erfassen: Ein verlassenes Bett, das Hinterteil eines liegenden Tiers, ein halbiertes Porträt, ein Mann, der sich aus dem Bild herausbeugt – alles irgendwie unvollständig und wie im Bildausschnitt verrutscht. Hier ist der Betrachter gefragt, in dessen Kopf sich alles erst mit Sinn und Schönheit füllt.

Darum ist es wichtig, solche Kulturangebote nach Bensheim zu holen 

Ruprecht von Kaufmann, geboren 1974 in München, studierte Malerei und Illustration am Art Center College of Design in Los Angeles. Der heute in Berlin lebende Künstler gilt als einer der führenden Vertreter der erzählerischen Malerei in Deutschland. Er unterrichtete an der Universität der Bildenden Künste in Berlin, an der Hochschule für angewandte Kunst in Hamburg und an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Nach Ausstellungen in international renommierten Häusern sind seine Arbeiten in bedeutenden nationalen und internationalen Sammlungen vertreten und wurden mit mehreren Auszeichnungen bedacht.

Bei der Ausstellungseröffnung am Freitagabend begrüßte Bürgermeisterin Christine Klein den Künstler als einen der wichtigsten zeitgenössischen Maler und machte auf den nachhaltigen Wert seiner Arbeit aufmerksam, der nicht zuletzt in der Verwendung gebrauchten Materials für seine beeindruckenden Objekte liegt. Sie betonte die Wichtigkeit, solche Kulturangebote nach Bensheim zu holen und dankte in diesem Zusammenhang dem Museumsleiter Jan Christoph Breitwieser.

Dieser wiederum dankte den trotz angekündigter Schneefälle überaus zahlreich ins Museum gekommenen Gästen – und dem Künstler dafür, dass er sich „auf das Abenteuer in der vermeintlichen Provinz eingelassen“ habe. Ohne Unterstützung sei eine solche Ausstellung für das städtische Museum finanziell nicht möglich, sagte Breitwieser mit Hinweis auf das große Entgegenkommen des Künstlers und die Unterstützung seiner ebenfalls bei der Vernissage anwesenden Galeristen sowie auf die Förderung durch die Sparkasse Bensheim und die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen. Dank galt auch einer privaten großzügigen Spende von Wein und Sekt.

Im Gespräch mit dem Künstler bot Breitwieser den Gästen eine inhaltliche Einführung in dessen Schaffen. Dabei legte Ruprecht von Kaufmann unter anderem seine Faszination vom Spiel mit Zwei- und Dreidimensionalität dar. Zur Sprache kamen auch die Unterschiede in der Begegnung von Betrachter und Bild, je nachdem, ob es sich um ein forderndes Groß- oder ein intimes Kleinformat handelt, das auf die Annäherung des Betrachters angewiesen ist.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 12. Januar, geöffnet donnerstags und freitags von 15 bis 18 Uhr, samstags und sonntags von 12 bis 18 Uhr. Am 1. Dezember und am 12. Januar wird um 15 Uhr eine Kuratorenführung angeboten. Zur Ausstellung ist auch ein Katalog erschienen.

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