Ortsbeirat West

Kinderbetreuung und Wohnen sollen sich nicht ausschließen

Das Gremium plädiert für intelligente Flächennutzung auf dem ehemaligen Bundeswehrdepot und lehnt Vorschlag der Verwaltung mehrheitlich ab.

Von 
Thomas Tritsch
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Bensheim. Zum geplanten Kita-Neubau an der Rheinstraße, der für sechs Gruppen mit bis zu 124 Kindern konzipiert werden soll, gibt es keine Einwände. Die Stadt muss Betreuungsplätze vorhalten, und das Gelände des ehemaligen Bundeswehrdepots ist als Erweiterungsstandort für die überbelegte Kita Weidenkätzchen eine vernünftige Lösung. Aufgrund der weiterhin hohen Nachfrage und der erschöpften Kapazitäten vor Ort – oft mit Containern als Übergangslösung – wurde eine zusätzliche Fläche gesucht und auf dem Areal im Westen auch gefunden.

Das war nicht schwer, denn an der Rheinstraße öffnet sich das einzige städtische Grundstück, das für solche Zwecke noch verfügbar ist. Der dortige Pavillon, der für den Neubau der Kita St. Winfried als Übergang genutzt wird, könnte bis zur Fertigstellung ebenfalls als Provisorium genutzt werden.

Im Rathaus will man ein Pilotprojekt starten

Vor den Detailplanungen diskutierte die Stadtverordnetenversammlung noch die Rahmenbedingungen des Projekts – und hier vor allem der Punkt, über wie viele Geschosse die neue Einrichtung verfügen soll. In der aktuellen Beschlussvorlage, die am Montag auch dem Ortsbeirat West vorgelegt wurde, spricht sich die Verwaltung für einen Neubau für fünf bis sechs Gruppen aus. Im Rathaus will man ein Pilotprojekt starten:

Eine Langzeitbeobachtung auf zehn Jahre, bei der die Neubauprojekte in Bensheim und Fehlheim hinsichtlich Baukosten, Unterhaltung und Instandhaltung verglichen werden sollen, um künftig mehr Transparenz bei ähnlichen Vorhaben erreichen zu können. Weil beide Gebäude in einer vereinfachten Bauweise ohne hoch technisierte Details und komplexe Konstruktionspläne entstehen sollen, biete sich dies an, so Erste Stadträtin Nicole Rauber-Jung im Ortsbeirat.

Um zwei Projekte direkt vergleichen zu können, müssen sie aber auch vergleichbar sein und sich in puncto Nutzung und Bauart ähneln. Zusätzliche Nutzungen scheiden daher aus, so Rauber-Jung über die Idee, das Gebäude an der Rheinstraße in die Höhe zu bauen und mit einer Wohnnutzung zu kombinieren. „Zumal wäre dann mit einer langen Ausschreibungs- und Verhandlungsphase mit Investoren zu rechnen“, so die Stadträtin, die mit dem Projekt im Sommer 2025 in die Offenlage gehen will. Dieser Zeitrahmen wäre mit einem kombinierten Wohnungsbau nicht einzuhalten, sagte sie. Die Verwaltung plädiert daher für einen zweigeschossigen Bau. Im Stadtverordnetenbeschluss vom März sei das Thema Wohnen ohnehin nicht enthalten.

Lediglich der Grundsatzbeschluss für einen Neubau wurde einstimmig befürwortet

Eine Position, die im Ortsbeirat auf kollektive Kritik stieß. Die Grünen verwiesen auf den Flächenverbrauch und die Nutzung großer Konversionsflächen im Innenbereich. Das ehemalige Bundeswehrdepot sei hier ein Paradebeispiel. Man müsse in die Höhe bauen, um Fläche zu sparen und eine Innenverdichtung umzusetzen, sagte Doris Sterzelmaier: „Wer sagt, dass wir dort unbedingt ein Vergleichsprojekt brauchen?“ Der Bau von günstigen und Sozialwohnungen habe hier klar Priorität. Das Areal sei eine große Chance, die man nicht verpassen dürfe. Die im Beschlussvorschlag definierte Zweigeschossigkeit hält sie für falsch – so wie die meisten im Gremium. Lediglich der Grundsatzbeschluss für einen Neubau wurde einstimmig befürwortet.

Auch Franz Apfel (Bürger für Bensheim) sprach sich für die Möglichkeit einer mehrstöckigen Bauweise aus. Er zog einen entsprechenden Änderungsantrag zurück und schloss sich dem Vorstoß von Ortsvorsteherin Ingrid Schich-Kiefer (CDU) an, die für eine kombinierte Nutzung von Kinderbetreuung und Wohnen plädierte. Man dürfe sich nicht irgendeinem Zeitdruck unterwerfen, wenn man kluge und nachhaltig sinnvolle Projekte starten möchte, sagte sie.

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In ihrem Antrag heißt es, dass der Magistrat die Möglichkeiten an der Rheinstraße noch einmal prüfen lassen solle. Er wurde mit fünf Ja-Stimmen und vier Enthaltungen abgestimmt. Alois Hillenbrand (Freie Wähler) und Michael Sydow (SPD) wollten das Thema zunächst noch in ihren Fraktionen diskutieren. Für Sydow habe eine Kita-Nutzung aber eindeutig Vorrang. Für Wohnungsbau sei auf dem Gelände überdies noch Platz. Harald Boeddinghaus von der FDP hält die Argumentation der Verwaltung für schlüssig.

Dass die Betriebserlaubnis für die Containeranlage der Kita Weidenkätzchen an der Werner-von-Siemens-Straße im Sommer 2025 vom Kreis Bergstraße nicht mehr verlängert wird, wie Nicole Rauber-Jung zu bedenken gab, konnten mehrere Ortsbeirat nicht nachvollziehen. „Der Kreis wird hier grünes Licht geben“, glaubt Franz Apfel. Auch Ingrid Schich-Kiefer und Thomas Götz von den Grünen äußerten sich dazu optimistisch. Die Ortsvorsteherin wurde am Montag so deutlich wie selten. „Die Stadt sollte frühzeitig und vorausschauend planen und sich weder von fragwürdigen Pilotprojekten noch von Zeitdruck negativ beeinflussen lassen.“

Nicole Rauber-Jung kündigte für Anfang November Gespräche mit dem Kreis bezüglich der Container-Betriebserlaubnis an. Danach werde man klarer sehen, sagte sie.

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