Gronau. Die Sonne ließ sich in diesem Jahr zwar nicht sehen, aber sonst waren zur Gruneme Kerb am Kerwesonntag alle da: die Gronauer sowieso, aber auch viele Gäste aus der näheren und weiteren Umgebung. Pünktlich zum Kerwezug reihte sich das Kerwevolk entlang der Straßen auf, um danach zum Dorfplatz am „Römer“ zu ziehen. Dort vertrieb man sich die Zeit bei Bratwurst, Crêpes, Jubiläumsbier und Wein, bis der Zug vom Oberdorf wieder zurück war und damit auch Kerweparre Ben Kupper und Mundschenk Jannis Hoffmann zur Tat schreiten konnten.
Als sie von der „Kanzel“ auf der Treppe der Familie Volk das Kerwevolk grüßten, war der Dorfplatz prall gefüllt. Mit Spannung wartete das Kerwevolk auf die kleinen und großen Missgeschicke, die sich in den vergangenen zwölf Monaten ereignet hatten und wurde nicht enttäuscht. Schon die Motivwagen im Kerwezug hatten erahnen lassen, dass wieder einiges passiert ist. Dazu gehörten wie immer die kleinen Sticheleien Richtung Zell und Bensheim, aber auch der neue Pfarrer hat es bereits in die Kerweredd geschafft.
Denn bei aller Freude darüber, dass seit dem Sommer das Pfarrhaus wieder belebt ist, wird der Start zum kleinen Debakel: „Die Gruneme fraan sich ach wie doll, endlich Ersatz fer die Fraa Voll – Doch die erscht Prerrischt, die de Parre helld, find statt im Zeller Kerwezelt“. Und das dort, wo seit Jahren Kirchweih gefeiert wird, ohne eine Kirche zu haben. Aber es kommt noch schlimmer, denn just über die Kerwezeit hat der Pfarrer Urlaub gebucht. Jetzt sollen die Kerweorganisatoren ihm einen Kalender schenken: „Mi’m Kerwetermin im neegschde Johr, rund um Soankt Gallus, des is kloar – damit’sou Bosse nimmäi dudd gewwe und mer on Kerb en Parre hewwe.“
Wandertour nach Schannenbach führte ins Wirtshaus
Nicht nur in Rüsselsheim, Pfungstadt und im Jägersburger Wald, auch in Gronau macht die Schweinepest Sorgen. Nicht nur, weil der Jägersmann, „ned zur Teibjoagd bloose koann“, sondern weil in den vergangenen Jahren schon viele Tiere durch Rinderwahn, Maul- und Klauenseuche, Vogelgrippe, Blauzungenkrankheit und Co. ihr Leben lassen mussten. Die Moral vom Kerweparre: „Es is wie oft in unserm Läwe, schuld is de Mensch in seinem Sträwe – Wu mit Massezucht und Masseschloachtung verloarn jo hot jeglichi Oachtung – Leidtroagend sinn oam End doann nur, de Mensch, es Dier un die Natur“.
Dann waren da noch ein paar Kerle aus Gronau zwischen den Jahren auf einer Wandertour nach Schannenbach, die natürlich ins Wirtshaus führte: „Gemütlisch wor’s jo, waiklisch schai, doch äjendwonn, do muss me gäi – weil se jo, sou die Prämisse, doann hoam noach Grune laafe misse“. Doch mit zu viel Bier im Blut und Dunkelheit im Wald wurde das zum Problem: „Der Kerl der hod jo sou e wucht, macht ab in Richtung Schliefebochschlucht, Is ned zu stoppe, zu veel Promill, un de Hugo wu en hoalde will – den ziehte midd nunne, ins dunkle Nass“. Mit vereinten Kräften haben sie es nach Hause geschafft, aber Schuld waren angeblich K.O.-Tropfen im Weizenbier.
Ebenso Mundschenk Jannis Hoffmann hat es getroffen, denn sein Toilettengang kurz vor dem Umzug wurde zu einem nassen Debakel für seinen Zylinder: „15 Liter Wasser, dess iss ned gut, laafe in de Zylinderhut“. Nicht zu überhören war die Schadenfreude über die schiefgelaufene Zeller Kerwe-Investition. 1200 Kerwe-T-Shirts hatten die Nachbarn bestellt, doch der aufgedruckte Slogan „Arbeit no, un Kerwe si“ war wohl ein Fehlgriff. „Dess woar houchgeistisch motiviert, blous die Zeller hewwes nedd kapiert – Die oalde Zeller woarn oam schenne, weil se koa mexikoanisch kenne. Un die Moral die wär jo die mer saigt hoald ja – un saigt nedd si“, denn jetzt werden aus den T-Shirts Putzlappen zum Fensterputzen.
Auch die Verfasser der Kerweredd – in diesem Jahr Klaus Werner, Stefan Hebenstreit und Holger Steinmann – sind vor Missgeschicken nicht gefeit. Getroffen hat es Klaus Werner, dem die Technik einen Strich durch die Rechnung machte. Beim Speichern der Kerweredd am Labtop ist was schiefgelaufen, denn „wie e noch guckt doann oan dem Ort, jetzt leck mich oam Bobbes, alles woar fort“. Drum wurde beschlossen, dem Dichter und Denker von der Hintergasse einen Lamy-Füller und Schreibpapier zu schenken, „denn EDV – woas gild die Wett‘, kapiert der nächscht Joahr wirre nedd“.
Dann war da noch der Gronauer, der Probleme mit dem Eigenleben seines Anhängers hatte, Den hatte er gebraucht gekauft, um damit den Dünger für seinen Garten zu transportieren. Doch das Anhängsel ließ sich nicht kontrollieren: „Doch de Henge , iss jo nedd geloache, iss on de Brigg rechts oabgeboche – Un doann gibt’s en Riesekrach, Meschd un Henger in de Bach.“ Die Kosten für die Reparatur waren teurer als der Kauf, doch auch die nächste Tour ging schief: „Wie en bockische Gaul, iss nedd zum lache -– de Henger sich wirre dut selbschdstennisch mache“. Der Hänger wird nach Auerbach verkauft „un er Leid, ess iss koan Hohn, er transpotiert alles jetz per Spedition“.
Die verschwundene Kerwe-Redd
Die Weihnachtsbäume der Stadt schafften es in diesem Jahr natürlich gleichfalls in die Kerweredd, denn die Stadt hat im Haushaltsplan ein Riesenloch. „Es kennt veel schlimme nimmäi soi, die Stadt die nimmt koa Geld mäi oi. De oanzisch Gewinn, ich soach‘s eiskolt, kimmt vum Holz-Verkaaf im Mäigewold“.
Doch die Gronauer helfen sich selbst mit dem „gräischte Boam wu mer je katt, do brauche mer dezu koa Stadt“. Weil die Stimmung eh nicht die allerbeste sei und durch so ein „Woihnochtsbeemblaidsinn“ nur die profitieren, die auf die nächste Wahl spekulieren, empfiehlt der Kerweparre: „Bei de oafache Leid mol Roatschläg holle, un dess ze mache, woas die wolle.“
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-kerwe-gronau-2024-kerweredd-_arid,2254026.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim.html