Woche junger Schauspielerinnen und Schauspieler

"Iphigenies Rache": Alte Geschichte auf neue Art erzählt

Lilly-Marie Vogler beeindruckt mit „Iphigenies Rache“ im Parktheater in Bensheim.

Von 
Johanna Sieben
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Bensheim. Das Theater ist ein Ort der Verwandlung, der Reflexionen und der Emotionen. Wenn eine einzige Person eine gesamte Geschichte trägt, verschiedene Charaktere verkörpert und das Publikum dabei über anderthalb Stunden fesselt, ist das eine beeindruckende Leistung. Am 5. März wird im Parktheater Bensheim das Stück „Iphigenies Rache“ aufgeführt, Auftaktstück in der Woche junger Schauspielerinnen und Schauspieler, geschrieben und gespielt von Lilly-Marie Vogler. Es basiert auf dem Mythos des Fluches der Tantaliden und verbindet klassische Elemente mit einer modernen Interpretation.

Im Mittelpunkt steht die Rolle der Frau in Gesellschaft und Familie. Zu Beginn erscheint das Bühnenbild klassisch: beige Pappwände symbolisieren das antike Griechenland und Vogler trägt ein weißes Gewand. Ihr Vortrag ist an die klassische Theatersprache angelehnt. Danach folgt ein markanter Bruch: Sie dreht die Kulissen um und plötzlich steht ein modernes Zimmer auf der Bühne. Die Schauspielerin trägt nun ein zeitgemäßes Outfit und spricht locker und humorvoll. Dies weist darauf hin, dass hier keine bloße Nacherzählung einer alten Geschichte stattfindet, sondern auch eine Verbindung zur Gegenwart geschaffen wird.

Vogler übernimmt alle Rollen selbst, wechselt zwischen den Figuren und führt das Publikum als Erzählerin durch das Stück. Sie integriert die Zuschauer aktiv, indem sie es in Gruppen einteilt und in ihre Erzählung einbindet. Die Einteilung der Zuschauer findet an der Stelle statt, an der Iphigenie versucht, den Wind wieder anzutreiben. Humorvolle Passagen lockern die Inszenierung auf, doch ernste und emotionale Momente kommen nicht zu kurz. Besonders eindrucksvoll ist der gezielte Einsatz von Soundeffekten und Musik. Lichteinstellungen verstärken die Stimmung, Soundeffekte und gesungene Passagen setzen emotionale Höhepunkte.

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Zum Beispiel spielt die Schauspielerin anfangs kurz auf einem Klavier und singt dazu. Damit erklärt sie ihre familiäre Situation mithilfe eines Liedes. Beim Singen variiert sie zwischen klassischem Gesang und Rap. Auch bei emotionalen Höhepunkten wurden Soundeffekte sowie Lichteffekte verwendet, um eine eindrucksvolle Atmosphäre zu schaffen, zum Beispiel durch die Nutzung einer Taschenlampe bei völliger Dunkelheit auf der Bühne. Am Ende steht die Schauspielerin alleine auf der Bühne, ohne Kulisse, nur von einem Scheinwerfer beleuchtet.

Sie schreit ihre Wut über die Männer heraus, die Frauen missbrauchen, benutzen und wegwerfen. Sie befreit ihre weibliche Stimme von männlichen Fesseln. Dann schließt sich der Vorhang. Als er sich wieder öffnet, steht eine griechische Statue mit abgebrochenen Arm in der Mitte und vermittelt eindrucksvoll den Bruch mit alten Zwängen und dem Patriarchat. Das Publikum reagiert begeistert. Es wird gelacht, nachgedacht und am Ende laut applaudiert. Besonders beeindruckt hat die Schauspielerin, die über anderthalb Stunden hinweg alleine die Bühne füllt. „Iphigenies Rache“ zeigt , wie eine alte Geschichte auf neue Weise erzählt werden kann.

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