Auerbach. Der 15. Themenrundgang des Auerbacher Kur- und Verkehrsvereins führte am frühen Montagabend durch den alten Ortskern. Unter dem Motto „Auerbach gestern, heute und morgen“ erläuterte Ralph Stühling historische Gebäude und deren Nutzung sowie städtische Entwicklungen im Laufe der Jahrzehnte.
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Treffpunkt war am alten Rathaus in der Bachgasse, wo sich knapp 20 Teilnehmer dem gemütlichen Abendspaziergang anschlossen.
Das spätklassizistische Gebäude wurde 1859 erbaut und nach zwei Aufstockungen bis 1893 zusätzlich als Schule genutzt. Diese Nutzung entfällt 1911 mit dem Bau der Schlossbergschule.
Das Haus ist für den alten Ortskern Auerbachs von zentraler städtebaulicher und ortsgeschichtlicher Bedeutung und diente bis 1. April 1939 als Verwaltungssitz. Damals wurde die bis dahin selbstständige Kommune ein Stadtteil von Bensheim.
Stopp am ehemaligen Weingut
Heute tagt dort der Ortsbeirat, mehrere Vereine sind dort beheimatet. Aktuell wird das Haus auch vorübergehend von der Stadtteildokumentation Hochstädten genutzt.
An der Weidgasse stoppte die Gruppe am ehemaligen Weingut Seitz. Das Gebäude wurde nach Schließung des Betriebs von Peter Schott an Familie Poth („Blauer Aff“) verkauft und wird derzeit saniert, so Stühling vor Ort.
Gleich nebenan steht eines der ältesten Gebäude in Auerbach, das vom Ehepaar Schott zwischen 1989 und 1995 aufwändig saniert wurde: Der Fachwerkbau aus der Zeit um das Jahr 1600 war einst das Gasthaus „Zur Sonne“, in dem viele örtliche Vereine gegründet wurden – unter anderem die Freiwillige Feuerwehr, der Gesangverein Liedertafel und der Vorgängerverein der TSV Rot-Weiß Auerbach.
Über dem Stammtisch drapierte Wirt Heinrich Riebel, ein Naturfreund, eine präparierte Elster. Das brachte dem Haus den Spitznamen „Die Atzel“ ein.
Unter dem Slogan „Kraus bringt Lebensmittel ins Haus“ bot Händler Konrad Kraus an der oberen Weidgasse schon früh einen Lieferservice an, der vor allem von den besser betuchten Bewohnern im angrenzenden Villenviertel genutzt wurde. Ralph Stühling teilte mit, dass es bis in die 1970er Jahre hinein stattliche 14 Lebensmittelgeschäfte in Auerbach gegeben hat.
An der Kreuzung Weidgasse, Schlossstraße und Grafenstraße erfuhr man, dass hier nach der Nutzung der US Army in den Nachkriegsjahren zunächst die Diakoniestation untergebracht war, bevor die Behindertenhilfe Bergstraße in das Anwesen eingezogen ist.
An der Friedrich-Ebert-Straße war Auerbach damals zu Ende, hangabwärts standen vor der weiteren Bebauung in den 50er Jahren nur wenige Häuser.
Vorbei am Hotel/Restaurant „Poststuben“ der Familie Schittenhelm ging es zur oberen Burgstraße Ecke Mierendorffstraße, wo einst drei Kur- und Nachsorgekliniken standen. Der Auerbacher Jörg-Ulrich Hübner informierte über die Biografie der Gebäude, das ehemalige Burgcafé und die spätere Nutzung der Villa als Sanatorium.
Nach so vielen herrschaftlichen Ensembles tauchte man an der Darmstädter Straße wieder in funktionale Architektur ein: Die heutige Tankstelle an der Einmündung Starenweg wurde 1960 auf dem früheren Areal eines Geflügelparks – später ein Gartengrundstück – eröffnet und war zehn Jahre später eine von insgesamt acht Benzinstationen auf dem B3-Abschnitt im Ortsteil. Drei haben überlebt.
Am Tempelchen in der Blickensdörfer Anlage erinnerte Stühling an den letzten frei gewählten Bürgermeister der selbstständigen Gemeinde: Wilhelm Blickensdörfer wurde nach zwölfjähriger Amtszeit am 2. Juni 1933 von der NSDAP abgesetzt.
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