Bensheim. In Bensheim gibt es viele Themen, über die man sich vortrefflich aufregen kann und darf - aktuell angefangen beim Neumarkt-Center und der Stadtbibliothek (gehört ja auch irgendwie zusammen), fehlendem preisgünstigen Wohnraum oder dem Hoffart-Gelände, neuerdings mit Wand-Tattoo. Mit dem Marktplatz wollen wir an der Stelle erst gar nicht anfangen.
Es gibt aber auch Angelegenheit, bei denen sich die Erregung in Grenzen halten könnte, man aber vorher schon weiß, dass dem nicht so sein wird. Und damit willkommen in der Diskussion über die Erhöhung der Hundesteuer. Um die Spannung nicht zu sehr zu steigern: Die Stadtverordnetenversammlung hat in ihrer jüngsten Sitzung im Bürgerhaus beschlossen, dass Hundebesitzer ab dem 1. Januar mehr zahlen müssen.
Jedoch nicht so viel, wie von der Verwaltung angedacht und vom Magistrat abgesegnet. Angenommen wurde stattdessen ein Änderungsantrag der Koalition aus CDU, SPD und FDP.
33 „gefährliche Hunde“ gemeldet
Demnach wird die Abgabe für den ersten Hund nicht von 84 auf 102 Euro erhöht, sondern nur auf 96 Euro. Außerdem soll die Steuer für die sogenannten gefährlichen Hunde – in Bensheim sind 33 gemeldet – von 500 auf 600 Euro angehoben werden. Ursprünglich sollte der Betrag nicht angetastet werden.
Wer zwei Hunde hält, muss ab dem Jahreswechsel 126 Euro zahlen (statt bisher 96 Euro), bei drei oder mehr Vierbeinern im Haushalt steigt die Steuer von 102 auf 150 Euro. An diesen Vorschlägen aus dem Rathaus gab es keine Änderungen des Dreier-Bündnisses. Im Haupt- und Finanzausschuss hatten sich die Fraktionen schon ausgiebig ausgetauscht, im Stadtparlament wäre das eigentlich nicht mehr notwendig gewesen. Aber wenn man an einem Donnerstagabend schon mal im Bürgerhaus zusammenkommt, will man nicht so früh schon wieder auseinandergehen.
Als Hauptkritiker der Hundesteuer und ihrer Erhöhung präsentierten sich die VuA (Vernunft und Augenmaß) sowie die BfB. „Bensheim ist keine hundefreundliche Stadt. Das sieht man an der fehlenden Hundewiese“, betonte Franz Apfel. Man vermisse jegliche Bemühungen der Stadt, ein passendes Gelände zu finden. Auch die regelmäßige Bestückung mit Hundekotbeutel lasse zu wünschen übrig. Hunde seien lediglich wichtig, um die Kassen ein wenig zu füllen.
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Die Hundesteuer sollte nicht erhöht werden, da Hunde keine Luxusartikel seien, sondern Teil der Familie. Besonders für ältere und alleinsteinstehende Menschen sind Hunde ein Familienersatz, der sie zudem motiviert das Haus zu verlassen, es fördere die Kommunikation mit anderen Menschen, erklärte Apfel im Namen seiner an jenem Abend verhinderten Kollegin. Zustimmen könne man (allerdings mit Bedenken, weil die Tiere dann unter Umständen ausgesetzt werden oder im Tierheim landen) der Anhebung für die sogenannten gefährlichen Hunde.
„Warum braucht es in Deutschland überhaupt eine Hundesteuer?“, fragte Mathias Penteker (VuA). In ganz Europa gebe es nur noch fünf Länder, die so eine Abgabe erheben. Hunde seien kein Luxusgut, sie seien treue Begleiter der Menschen, auch der soziale Aspekt besonders für ältere Menschen, die von einer kleinen Rente leben, müsse bedacht werden. Für viele gebe es mehr Tage im Monat wie Rente auf dem Konto. Für den ersten Hund dürfe der Betrag nicht erhöht werden. Selbst eine marginale Anhebung sei für viele schon zu viel. Tobias Heinz (CDU) verwies darauf, dass die letzte Anhebung vor sieben Jahren erfolgt sei. Es sei daher sinnvoll, von Zeit zu Zeit Anpassungen vorzunehmen.
Die von der Verwaltung vorgesehene Steigerung habe man aber nicht mitgehen wollen, den eigenen Vorschlag halte man für angemessen. Die Besitzer der Bensheim-Karte können seit der letzten Erhöhung bereits eine Ermäßigung beantragen, in Anspruch genommen wurde dieses Angebot bisher aber nicht.
In den Haushaltsberatungen im Dezember könne man schauen, ob man diese soziale Komponente weiter im Haushalt verankern wolle.
Im Etat-Entwurf für 2024 fehlen bereits Mittel für die immer gerne angesprochenen Hundekotbeutel. Ob es so glücklich sei, diesen Service einzustellen bei gleichzeitiger Erhöhung der Steuer bezweifelte der CDU-Fraktionschef. Darüber müsse man reden. Allerdings sei es nicht so, dass es in Bensheim keine Leistungen für Hunde gebe. Immerhin könnten diese städtische Anlagen und Parks beim Spazierengehen nutzen. Und für die Unterhaltung dieser Flächen komme eine ordentliche Summe zusammen.
Für die SPD sprach Fraktionschef Jürgen Kaltwasser von einer minimalen Erhöhung für den ersten Hund. Für viele alleinstehende, ältere Menschen sei der Vierbeiner schließlich die einzige noch vorhandene soziale Bindung. Der Zuschlag für gefährliche Hunde hielt Kaltwasser für vertretbar. Bei 33 solcher Hunden im Stadtgebiet sei nicht damit zu rechnen, dass das Tierheim besonders gefordert werde. Eine Abschaffung der Hundekotbeutel (Ersparnis 25000 Euro) halte er für schwer vermittelbar. Lisa Marie Blumenschein (FDP) hielt die „maßvolle Erhöhung“ mit Blick auf die Herausforderungen des Haushalts für angemessen.
Nach Lorsch geht es auf die Wiese
„Eine Steuer hat auch eine Lenkungsfunktion. Daher sehen wir es als gerechtfertigt an, wenn gefährliche Hunde hoch besteuert werden und darüber ihre Anzahl eingedämmt werden kann“, erläuterte Doris Sterzelmaier für die Grünen. Die Ermäßigung für Inhaber der Bensheim-Karte sei ihrer Fraktion wichtig. Generell könne man die von der Koalition angedachte Anhebung mittragen.
Zur Hundewiese verfolgte Sterzelmaier einen interessanten Ansatz. „Wir haben in Bensheim ein Hallenbad und ein Theater. Hier kommen Besucher aus den Nachbarstädten. In Lorsch gibt es eine Hundewiese und da können Besucher aus Bensheim kommen. So könnte man das doch als Art interkommunale Zusammenarbeit verstehen.“
Die FWG hätte auch die Beschlussvorlage der Verwaltung mitgetragen, die Reduzierung durch die Koalition seien letztlich Peanuts. Trotzdem werde man zustimmen. Tiemann appellierte zudem an die Eigenverantwortung von Hundebesitzern, gerade auch mit Blick auf die Hundekotbeutel.
Ins Finale trudelte die Debatte noch mit leichter Aufregung an der einen oder anderen Stelle. Nötig wäre es nicht gewesen. Aber was heißt das schon. Die Abstimmung fiel erwartungsgemäß aus. Für die Erhöhung votierten neben der Koalition auch Grüne und FWG, BfB und VuA waren dagegen. Der Anhebung bei den sogenannten gefährlichen Hunden stimmte alle zu, bei einer Enthaltung durch die VuA.
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