Bensheim. Der ökologische Zustand der Bensheimer Gewässer und das Thema Hochwasserschutz standen im Mittelpunkt eines Vortrages, zu dem die Bürger für Bensheim (BfB) in den Gemeindesaal von Sankt Laurentius eingeladen hatten. Im Vorfeld ihrer wöchentlichen Zusammenkunft begrüßte dazu Fraktionsvorsitzender Norbert Koller neben den interessierten Gästen insbesondere den Referenten Ulrich Androsch, Geschäftsführer des Gewässerverbandes Bergstraße. Er verband seine profunden Informationen mit aufschlussreichen Bildern.
Beim ökologischen Zustand der Gewässer sieht Androsch insbesondere zwei Defizite. Zum einen seien das die Wanderhindernisse, die insbesondere im Bergland des vorderen Odenwaldes vorhanden seien. Staustufen, wie beispielsweise im Meerbach in Zell seien von Fischen oder Insekten, die der Wanderung unterliegen, nicht zu überwinden und müssten mittlerweile auch per Gesetz beseitigt werden.
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Das zweite Defizit seien die strukturarmen Abschnitte. Das gelte fast durchgehend für alle Gewässer des Oberrheingrabens, die größtenteils schon vor dem Krieg kanalisiert worden seien. Diese Monotonie biete Tieren keinen Lebensraum mehr und führe zu sehr viel Arten-Armut. Um diese strukturarmen Abschnitte wieder in einen natürlichen Zustand zu versetzen, werde aber Fläche benötigt und das behindere entsprechende Maßnahmen. „Wir stecken in der Bürokratie und im Flächenmangel fest“, so Androsch.
Störungen durch Biber
Als ein positives Beispiel für einen grünen Abschnitt verwies er auf die Winkelbach-Aue in Bensheim. In dem Gebiet zwischen Berliner Ring und Autobahn, nördlich der verlängerten Saarstraße, sei 2014 auch mit privatem Engagement und der Stadt Bensheim, die das Grundstück kostenlos zur Verfügung gestellt habe, der Winkelbach auf einer Länge von etwa 500 Metern renaturiert worden. Nach ersten Störungen durch Spaziergänger und der deshalb vorgenommenen Einzäunung des Bereichs habe sich dieses Biotop gut entwickelt, sprach Androsch von einem „gelungenen Stück Gewässerrenaturierung“. Allerdings gebe es aktuell wieder Störungen, die aber diesmal durch den Biber ausgelöst wurden. 2017 habe sich das erste Tier angesiedelt, inzwischen seien es etwa 15, die mit ihrer holzverarbeitenden Tätigkeit Probleme machen. Auch der Damm sei bereits teilweise ausgehöhlt worden.
Um hier mit einem zweiten, gegen weitere Aushöhlungsversuche der Biber abgesicherten Damm entgegenzuwirken, benötige der Verband aber zusätzliche Fläche. Aktuell bemühe sich die Stadt um einen Geländetausch. Zusätzlich sei geplant, mit der Sicherungsmaßnahme den Bereich aufzuwerten und beispielsweise mit Infotafeln die Renaturierung zu erläutern. Eine Bank sei bereits aufgestellt worden.
Unordnung für die Artenvielfalt
Weitere Maßnahmen, um den Gewässern wieder natürlichen Raum zu geben, habe es beim Meerbach an der Erlache sowie beim Mühl- und Mittelgraben zwischen Schwanheim und Fehlheim gegeben. Im Zuge der Straßensanierung durch Hessen Mobil sei hier 2012 eine Ausgleichsmaßnahme erfolgt.
Natürliche Unordnung für mehr Artenvielfalt sei auch im Winkelbach-Abschnitt beim Weiherhausstadion sowie in der Innenstadt, wo in der Lauter Deckungsräume für Fische geschaffen wurden. Insbesondere in den trockenen Sommermonaten würden außerdem die Amphibientümpel mit Wasser versorgt.
Ebenfalls um begrenzte Möglichkeiten, aber auch um die Eigenverantwortung ging es beim Thema Hochwasserschutz. Mit Pumpwerken, Rückhalteanlagen, Überschwemmungsflächen und Deichanlagen ist der Gewässerverband gegen Hochwasserereignisse gewappnet. Aber auch hier sind Grenzen gesetzt, denn wenn alle Anlagen vollgelaufen sind, sucht sich das Wasser seinen Weg.
Hilfreiche App für Hochwasserlagen
Im Ahrtal sei die Situation etwas anders gewesen, da aufgrund der steilen Seitentäler nur wenige Rückhalteanlagen möglich waren, doch einen 100-prozentigen Schutz gebe es auch an der Bergstraße nicht. Wenn es dauerhaft und heftig regnet und beispielsweise der Meerbach an der Schwarzwaldstraße „bordvoll“ ist, läuft er über und das Wasser wird dann im ersten Stock der angrenzenden und tieferliegenden Bebauung stehen. „Wir sind gegen extreme Ereignisse nicht gewappnet“, so Androsch. Anders als in anderen Regionen habe man diesbezüglich in den vergangenen Jahren in der Region viel Glück gehabt.
Der Geschäftsführer des Gewässerverbandes appellierte aber auch an die Eigentümer, die für ihre Gebäude verantwortlich seien. So sei anhand der beim KMB auf der Webseite einsehbaren Starkregengefahrenkarte erkennbar, welche Straßen und Gebäude im Falle eines Ereignisses in welchem Umfang betroffen sind. Sei demnach ein Risiko vorhanden, könne man sich mit einfachen Mitteln mit entsprechenden Schutzvorrichtungen wappnen. Das sei deutlich günstiger, als ein mit Wasser gefülltes Gebäude zu sanieren.
In diesem Zusammenhang wies Androsch auf die hilfreiche App „Meine Pegel“, die man sich kostenlos auf das Handy laden könne. Mit dieser amtlichen Wasserstands- und Hochwasser-Informations-App erhalte man einen schnellen Überblick zu regionalen oder überregionalen Hochwasserlagen und könne sich bei Hochwasser-Warnungen auch benachrichtigen lassen.
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