Konzert

Haydn-Rarität als prächtiges Finale in Bensheim

Bergner-Ensemble mit Ola Rudner (Leitung) und Jonas Rudner (Horn) in der Michaelskirche

Von 
Klaus Ross
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Viele Besucher kamen zum Benefizkonzert in der Michaelsgemeinde, bei dem der schwedische Dirigent Ola Rudner als Ensembleleiter fungierte. © Thomas Zelinger

Bensheim. Mit weit über 100 Besuchern stieß das traditionelle Sommerkonzert des musikalischen Freundeskreises von Pfarrer Christoph Bergner am Sonntag in der Michaelskirche auf herausragend gute Resonanz. Verdient erschien dieser große Zuspruch schon wegen der beiden namhaften Gäste: Als Ensembleleiter fungierte der noch immer weltweit tätige schwedische Dirigent Ola Rudner (Jahrgang 1953), als Solist in Joseph Haydns selten aufgeführtem D-Dur-Hornkonzert sein 1982 geborener Sohn Jonas Rudner (seit 2007 1. Hornist des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich).

Ola Rudner ist in Bensheim wahrlich kein Unbekannter: 2010 und 2013 hatte er als Chefdirigent der Württembergischen Philharmonie Reutlingen (2008 bis 2016) bei den Kunstfreunden gastiert. Das Konzert am Sonntag war wie gewohnt eine Benefizveranstaltung der Hahnmühle-Stiftung der Michaelsgemeinde, die mit den Spendeneinnahmen erneut ihre brasilianische Partnergemeinde Padilha unterstützen wird.

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Mit Ola Rudner am ersten Geigenpult und in adäquat transparenter Sextettbesetzung bildete Johann Sebastian Bachs E-Dur-Cembalokonzert BWV 1053 einen wunderbar kammermusikalisch inspirierten Programmauftakt. Christoph Bergner bewies bereits im ausgewogen fließenden Kopfsatz und erst recht im besonders anspruchsvollen Finale einmal mehr seine enorme cembalistische Geläufigkeit und Stilsicherheit. Sehr schön trafen Solist und Streichquintett auch das reich ausgezierte Siciliano-Melos des dynamisch fein abgestimmten cis-Moll-Mittelsatzes. Dessen poetisches Material hatte Bach schon Jahre zuvor für die herrliche Alt-Arie „Stirb in mir, Welt, und alle deine Liebe“ der Kantate BWV 169 verwendet.

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Da das C-Dur-Konzert BWV 1064 für drei Cembali aus Besetzungsgründen nur schwer zu realisieren ist, bietet seine mittlerweile rekonstruierte D-Dur-Urfassung mit drei solistischen Violinen eine äußerst reizvolle Aufführungsalternative. Unter Ola Rudner erklang in 14-köpfiger Formation eine weitere interessante Variante, bei der zwei Sologeigen durch Flöten ersetzt wurden. Dank bester familiärer Soli-Eintracht – Johanna und Barbara Tometten als harmonisches Flötenduo, Friedrich Tometten als ebenbürtige geigerische Ergänzung – geriet die vom Orchester hellwach begleitete Überraschungsversion zum rundum erfrischenden Hörerlebnis. Neben den kraftvoll pulsierenden Ecksätzen gefiel vor allem das farbdelikate h-Moll-Adagio, das man dergestalt zu den expressivsten langsamen Sätzen des Komponisten zählen möchte.

Joseph Haydns einziges authentisches Hornkonzert D-Dur Hob. VIId:3 entstammt seiner Eszterházy-Frühzeit (1762) und entstand wohl für den befreundeten Hornvirtuosen Joseph Leutgeb, dem zwei Jahrzehnte später auch Mozarts ungleich berühmtere Gattungsbeiträge zugedacht wurden. Dass dieses eingängige Prachtstück sein Schattendasein keineswegs verdient, machten der technisch wie interpretatorisch souveräne Solist Jonas Rudner und das von seinem Vater gerade in den Ecksätzen zu spritzigstem Elan beflügelte Bergner-Ensemble mit zündender Spielfreude deutlich.

Als lyrisches Highlight erwies sich das tief empfundene A-Dur-Adagio, in dem Jonas Rudner die gesanglichen Qualitäten seines Instruments voll ausschöpfen konnte. Nicht nur für Hornfans war diese notorisch vernachlässigte Haydn-Rarität eine höchst willkommene Entdeckung. Bachs zugegebener Choralhit „Jesus bleibet meine Freude“ aus der Kantate BWV 147 lieferte nach begeistertem Schlussapplaus den passenden Ausklang.

Freier Autor Besprechung klassischer Konzertveranstaltungen seit über drei Jahrzehnten (darunter als Schwerpunkte das umfangreiche regionale Kirchenmusikangebot sowie die renommierten Kammermusikreihen der Kunstfreunde Bensheim und von Forum Kultur Heppenheim)

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