Kunstfreunde Bensheim

Besondere Premiere bei den Kunstfreunden Bensheim

Von 
Klaus Ross
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Festliches Finale: Zum Abschluss der 75. Konzertsaison der Kunstfreunde Bensheim traten das Vokalensemble amarcord und das Schumann Quartett gemeinsam in der Stadtkirche Sankt Georg auf. © Thomas Neu

Bensheim. Vokalquintett plus Streichquartett in der Stadtkirche Sankt Georg: Mit dieser besonderen Kombination sorgten die Kunstfreunde Bensheim für ein adäquat festliches Finale ihrer 75. Saison.

Das Ensemble amarcord und das Schumann-Quartett konzentrierten sich dabei keineswegs nur auf die spannende Gegenüberstellung beider Genres, sondern hatten sogar einige gemeinsame Stücke im Gepäck – darunter auch eine der wenigen Originalkompositionen für die exotische Besetzung.

Sankt Georg erschien trotz der in Sachen Kammermusik fraglos nicht optimalen Akustik insgesamt als glückliche Wahl: Die geistlich geprägte Atmosphäre des Programms und die speziellen Raumklang-Effekte mancher Beiträge wären so im Parktheater kaum möglich gewesen.

Unverwechselbar edler Sound

Kostproben aus dem frühen Leipziger Thomaner-Repertoire (14. bis 17. Jahrhundert) und Auszüge aus Bachs „Kunst der Fuge“ BWV 1080 verbanden sich im ersten Konzertteil zu einer bemerkenswert dichten Stimmungseinheit. Exemplarisch für den unverwechselbar edlen amarcord-Sound standen hier magisch leuchtende A-cappella-Juwelen von Sethus Calvisius („Deus sator mortalium“/ 1606), Johann Walter („Mitten wir im Leben sind“/ 1524) und Orlando di Lasso („Confitemini Domino“/ 1573). Als instrumental ergänzter Rahmen dienten der mit feinen räumlichen Wirkungen zelebrierte Thomaskirchen-Hymnus „Gaude felix India“ (um 1300) und der wunderbare „Welt ade“-Choral von Johann Rosenmüller (1609 – 1684) – ein Werk, das Bach 1726 durch Übernahme in seine Kantate „Wer weiß, wie nahe mir mein Ende“ BWV 27 besonders ehrte.

Die acht ausgewählten Contrapunctus-Sätze aus BWV 1080 klangen bei den „Schumännern“ so vital und expressiv, dass man das Streichquartett geradezu als ideales Medium für diesen komplexen späten Fugenzyklus ansehen musste. Höhepunkte waren die virtuos entfesselte Nr. 9 und die nur als Fragment überlieferte Nr. 14 mit ihren suggestiv ausdünnenden Schlusstakten. Beim a-Moll-Quartett opus 41/1 (1842) von Robert Schumann beschränkte sich das Ensemble nach der Pause leider auf das gesangserfüllte F-Dur-Adagio und den furiosen Presto-Finalsatz: Diese allerdings lieferten denkbar aussagekräftige Belege, wie gut der leidenschaftliche neue Bratscher Veit Hertenstein zu den drei Schumann-Brüdern passt.

Echte Reger-Überraschung

Davor hatten die neun Musiker James MacMillans reizvoll dialogische Originalkomposition „Who are these angels?“ von 2009 platziert, die den 1959 geborenen Schotten einmal mehr als gewandten Mittler zwischen Tradition und Moderne auswies. Eine echte Reger-Überraschung zu dessen 150. Geburtstag waren vier überaus delikat gesungene Stücke aus dessen Volkslied-Arrangements für Männerchor (1898/99) – darunter die harmonisch besonders aparten Sätze „Der Tod als Schnitter“ und „Verlorenes Lieb“ mit sensibel hinzutretender Streicherunterstützung.

Stimmig vereint zeigten sich beide Ensembles dann auch beim kaum schwelgerischer vorstellbaren Programmfinale mit Mia Makaroffs sublimer Version von „Down by the Salley gardens“ und Laura Jekabsones elektrisierender Fassung des lettischen Volksliedes „Put Vejini“. Großer Beifall in der gut besuchten Stadtkirche, Bachs Choral „Die Nacht ist kommen“ BWV 296 als herrlich innige Zugabe.

Freier Autor Besprechung klassischer Konzertveranstaltungen seit über drei Jahrzehnten (darunter als Schwerpunkte das umfangreiche regionale Kirchenmusikangebot sowie die renommierten Kammermusikreihen der Kunstfreunde Bensheim und von Forum Kultur Heppenheim)

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