Bensheim. Manche Leute sind eingeborene Bühnenmenschen. Mit einer DNA, die sie zum Entertainer macht. John Diva gehört dazu. Mit seinen Rockets Of Love hatte er 2014 den ersten großen Auftritt beim Wacken Open-Air.
Am Freitag war die Formation zu Gast im Musiktheater Rex. Das Publikum erlebte eine – zugegeben leicht anachronistische – Reinkarnation des klassischen „Hair Metals“ in der Ästhetik der chronisch stilsicheren 80er Jahre. Mit großen Posen, einem bombastisch-hymnischen Sound und etlichen Kostümwechseln zwischen Glam, Rock und Glitter.
Van Halen, Kiss und Aerosmith, dazu eine Prise Whitesnake, Scorpions und Mötley Crüe – fertig ist die Diva-Show. Mit den optisch ebenfalls nicht schüchternen Musikern Snake Rocket und J.J. Love an den Gitarren, Remmie Martin am Bass und Lee Stingray jr. am Schlagzeug gastierte die Band zwischen Stationen in Hamburg, Köln und München auch in Bensheim, wo ein äußerst diszipliniertes Publikum die pandemischen Rahmenbedingungen (2G plus Maske) überaus gewissenhaft befolgt hat. Eine Tatsache, die auch Chefin Margit Gehrisch sehr angetan zur Kenntnis nahm. Die Tour nach Veröffentlichung der zweiten CD „American Amadeus“ konnte aufgrund von Corona erst nach Verzögerungen starten.
Mit Bandana, blonder Mähne und Spandex an den Beinen eroberte sich John Diva schnell die Bühne. Songs wie „Living On A Prayer“, „Wanted Dead Or Alive“ oder „Paradise City“ taugen nach wie vor zur Massenhypnose eines Publikums, das nicht zwangsläufig aus Endvierzigern bestehen muss. Im Rex feierten auch deutlich jüngere Menschen die Auferstehung von Hardrock-Klassikern, die musikhistorisch durchaus prägend waren und auch heute wieder einige Nachahmer auf den Plan rufen.
Trip in die Vergangenheit
Die deutsche Coverband, die mittlerweile auch eigene Songs im Repertoire hat, pflegt ihre US-amerikanische Legende so resolut und beständig, dass es beinahe schon wieder grandios ist. Aber auch bei Stücken wie „Lolita“, „Blinded“ oder „Wild Wild Life“ blitzt eine handwerkliche und choreografische Potenz auf, die das Konzert zu einem kurzweiligen Trip in die Vergangenheit werden lässt.
Musikalisch und darstellerisch leistet sich die Band keine größeren Patzer, die typischen Stilelemente der 80er werden nicht nur allesamt auf die Bühne gebracht, sondern auch konsequent zelebriert: vom Drum-Solo mit wirbelnden Trommelstöcken über die pompösen Mitsing-Arien des Frontmanns bis zum Gitarristen mit der Whiskyflasche im Anschlag. Pardon, bei John Diva ist es natürlich Champagner.
Im Rex moussiert zwar die Stimmung bis zum Finale, doch aus den Boxen perlt nicht alles so ironisch reizvoll wie das bei den aktuellen Songs „Weekend For A Lifetime“ oder „This Is Rock’n’Roll“ der Fall ist: Vieles klingt glatt und aseptisch und entfernt sich daher auch etwas zu weit von einer betont rotzigen Attitüde, mit der sich Vorbilder wie Axl Rose oder Nikki Sixx – bei aller durchgestylten Optik – eine Spur Punk ins gepflegte Haupthaar geschmiert hatten. Dennoch gilt: als Entertainer machen John Diva und seine Liebesraketen eine gute Figur. Das Konzert war gute Unterhaltung in wenig amüsanten Zeiten.
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