Musiktheater Rex

Musik mit Energie und Tiefgang im Bensheimer "Rex"

Von 
Thomas Tritsch
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Im Musiktheater Rex traten am Mittwoch Carl Carlton & the Songdogs auf. © Zelinger

Bensheim. Als Gitarrist, Songwriter und Produzent ist Carl Carlton eine feste Größe in der Szene. Nach einer längeren Corona-Pause ist er aktuell wieder mit seiner Band Carl Carlton and the Songdogs auf Deutschland-Tour. Am Mittwoch spielte die Formation im Musiktheater Rex. Den Anstoß für die Bandgründung gab übrigens vor über 20 Jahren Robert Palmer, mit dem Carlton knapp zehn Jahre lang bis zu dessen Tod im Jahr 2003 eng zusammengearbeitet hatte.

Aus dem Schatten berühmter Kollegen wie Palmer, Joe Cocker oder Eric Burden hat sich Carlton längst heraus bewegt. Zum engsten Kreis der eigenen Gruppe gehören der Gitarrist Moses Mo und der Bassist Wyzard von den US-Funkrock-Pionieren Mother’s Finest sowie Pascal Kravetz an den Tasten und dessen jüngerer Bruder Julien am Schlagzeug. Papa Jean-Jacques Kravetz ist seit 1975 festes Mitglied in Udo Lindenbergs Panik Orchester, mit dem auch Carlton schon mehrfach zusammengearbeitet hat.

Gut zwei Jahrzehnte nach der Aufnahme seines ersten Songs „God’s Gift To Man“ in den Dockside Studios Louisiana ist die Band jetzt in Originalbesetzung zurück. Das Gastspiel der „High In A Sweet Release“-Tour lockte allerdings nur ein überschaubares Publikum ins Rex, wo seit Anfang des Monats die 2G-Regel gilt und – erfreulich – auch konsequent kontrolliert wird. Dennoch steht fest, dass die Pandemie und die aktuell wieder stark steigenden Zahlen auch der Lust am Livekonzert ein bisschen die Schaumkrone herunter blasen.

Mittlere Resonanz, starke Band

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Jörg-Peter Klotz
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Die Situation in der alten Güterhalle zur Prime-Time am Mittwochabend um halb neun: mittlere Resonanz, starke Band. Der Sound ist fett und messerscharf und wird nicht durch Bühnengehabe oder billiges Posing flankiert. Der coole Ostfriese und seine kosmopolitischen Komplizen sind keine Popstars, sondern Künstler. Und so verhalten sie sich auch. Die Songs sind tief im Rock, R’n’B und Blues verwurzelt. Gut dosierte Funk und Reggae-Einflüsse machen den Mix noch packender.

Als kleines Bonbon präsentierte der Musiker ein paar gemeinsame Songs mit seiner Partnerin Melanie Wiegmann, eine Schauspielerin und Musicalsängerin. „Black Muddy River“ von Gregg Allman, bekannt von den Grateful Dead, und ein sehr emotionales „Love Hurts“ haben das Konzert zwischenzeitlich in eine völlig andere Richtung geschubst. Ebenfalls von Allman stammt das Instrumental „Jessica“, nach dem Carlton seine Tochter benannt hat.

Die Songdogs kultivieren den Blues- und Funk-getränkten Groove von Little Feat oder den Allman Brothers wie nur wenige andere. Auch an The Band fühlt man sich im Rex bisweilen sanft erinnert. Mit deren Drummer Levon Helm (2012 verstorben) war Carlton eng befreundet. Sein kurvenreicher Weg vom friesischen Bauernhof der Kindheit zu den Aufnahmen mit Levon Helm in Woodstock spiegelt sich in seiner Musik, die einflussreich ist, ohne zu verwässern, und Tiefgang aufweist, ohne um sich selbst zu kreisen.

Mit „Days Of Magic“ und „Lifelong Guarantee“, nach dem die erste musikalische Retrospektive benannt ist (eine Doppel-CD von 2019) geht es im Rex gleich richtig zur Sache. Bei den langsameren Stücken „King Of Nothing“ und „The Downfall“ vom 2020 gestorbenen Sänger Phil May (The Pretty Things) kam ein bisschen Melancholie auf: „Man wird langsam selbst so alt wie diese alten Leute“, kokettierte der 66-Jährige in Bensheim, wo es mit dem „Shoeshine Shuffle“ aber bald munter weiter ging nach dem Motto „Keep On Swingin“, einem weiteren Song dieses energiegeladenen Konzertabends.

Am besten sind die Songdogs, wenn sie richtig bellen und die Zähne zeigen. Fünf Ausnahmemusiker mit sehr unterschiedlichen Konturen fügen sich wie ein stimmiges Puzzle ineinander – in ihrer schnörkellosen und dichten Textur erinnern sie manchmal an Buffalo Springfield oder den jungen Tom Petty.

Und Carl Carlton, dessen Sprechstimme an Otto Waalkes erinnert, hält den Laden mit seinem kraftvoll-virtuosen Gitarrenspiel und einer gehörigen Prise entspanntem Humor zusammen. Sehr biografisch, sehr geerdet und von einer tiefen Liebe zur Musik des amerikanischen Südens erfüllt: „Woodstock & Wonderland“. Americana-Perlen und eigene Kompositionen prägen das Konzert. Und am Ende ist man Robert Palmer dankbar, dass er damals, beim Whisky, den Musiker von der Seite Richtung Bühnenmitte motiviert hat.

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