Graffiti-Kunst

Oma und Enkel in grüner Harmonie an der Parktheater-Wand

An der Fassade des Bensheimer Parktheaters ist in den vergangenen Tagen ein Graffito des Künstlers Hombre entstanden. Das Projekt wird im Rahmen des Urban-Gardening-Vorhabens auf dem Hoffart-Gelände realisiert.

Von 
Dirk Rosenberger
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Natürliches Wachstum: Das Graffito am Hoffart-Gelände – hier noch in der Entstehung – soll eine Bezug zum Urban-Gardening-Projekt herstellen. © Thomas Zelinger

Bensheim. Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Folglich lässt sich trefflich darüber diskutieren, ob ein altes Großmütterchen mit Kopftuch und ohne Zähne, das nebenher sicherlich auch im Pfefferkuchenhaus logieren könnte ohne aufzufallen, ein angemessenes Motiv für die Fassade des Parktheaters ist.

Immerhin ist die betagte Dame aber nicht auf der Suche nach jungem Gemüse für ihren Ofen, sondern bewässert mit einem Schlauch ein zartes Pflänzlein in einem Blumentopf. Das wiederum wird von einem Jungen gehalten, der zu Füßen der Oma auf einer Bank sitzt und zum Glück nicht auf dem Schlauch steht.

Das Bild wurde vom Fachteam im Rathaus ausgesucht

Womit der Bogen geschlagen wird zum Stadtgärtnern, neudeutsch Urban Gardening, das im nächsten Jahr auf dem Hoffart-Gelände neben dem Bensheimer Kulturhaus angeboten wird. Das Graffito ist ein Teil des Konzepts, bei der Ausschreibung setzte sich der Künstler Hombre, bürgerlich Pablo Fontagnier, mit seinem Motiv durch.

Ausgesucht wurde das Bild nach Auskunft der hauptamtlichen Stadträtin Nicole Rauber-Jung vom Fachteam im Rathaus. „Es ist eine Fläche zum Experimentieren. Damit muss man umgehen können“, meinte Rauber-Jung bei einem Ortstermin am Dienstag.

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Die Mittel für das gesamte Vorhaben kommen aus dem Förderprogramm Zukunft Innenstadt. Insgesamt bis zu 300 000 Euro gibt das Land aus Steuermitteln, die Stadt ist zusätzlich mit einem Eigenanteil dabei. Die Summe fließt jedoch nicht nur in die Umgestaltung der Brachfläche an der Rodensteinstraße, sondern wird auch verwendet, um den Hostinné-Platz aufzuwerten (wir haben mehrfach berichtet).

Eine Fassadenbegrünung soll das Graffito ergänzen

Das Programm sei toll, so die Baudezernentin. Schließlich könnten dadurch Projekte gefördert und umgesetzt werden, für die man ansonsten im Haushalt keine Mittel zur Verfügung habe. Von der Gestaltung der vormals weißen Wand zeigte sie sich als bekennender Street-Art-Fan sehr angetan. Das „schöne Motiv“ sei gemacht für die große Fläche, die noch von einer Fassadenbegrünung ergänzt wird.

Oma und Enkel haben künftig einen Logenplatz, um das grüne Treiben auf dem Grundstück zu verfolgen. Ab dem Frühjahr soll an den Hochbeeten gegärtnert werden können. Eigentlich hätten die (vorbereitenden) Arbeiten noch in diesem Jahr zum Abschluss gebracht werden müssen, damit die Fördermittel nicht verfallen. Nun soll das Geld ins neue Jahr übertragen werden, weil die Stadt bei einer ersten Ausschreibungsrunde keine Angebote erhielt. Die entsprechenden Fachfirmen seien eben gut ausgelastet, so Rauber-Jung.

Pablo Fontagnier, alias Hombre, gestaltete in den vergangenen Tagen die Parktheater-Fassade mit seinem Motiv. © Thomas Zelinger

Die Gespräche zwischen Rathaus und Land für eine Verlängerung der Frist verlaufen nach Angaben aus der Verwaltung positiv. Zumal Bensheim offenbar nicht die einzige Kommune ist, die bis zum Ende des Jahres Projekte finanziell nicht abschließen kann.

Gesprächsbedarf, in diesem Fall mit der Denkmalschutzbehörde, besteht übrigens auch am Hostinné-Platz, der mit begrünten Sitzmöbeln eine höhere Aufenthaltsqualität verpasst bekommen soll. Abgesehen vom Austausch mit der Behörde in Heppenheim steht die Planung und könnte wohl zeitnah umgesetzt werden. „Wir müssen mit vielen reden, bevor etwas verwirklicht werden kann“, betonte Rauber-Jung.

Damit Neues entstehen kann, müssen alle Generationen zusammenarbeiten

Geredet wurde am Dienstag auch unterhalb der Wandkunst. „Wir sind sehr gespannt, wie das Kunstwerk von den Bensheimerinnen und Bensheimern angenommen wird“, bemerkte Anika Weber Team Gebäude und Freiflächen. Pablo Fontagnier erläuterte - neben dem naheliegenden Aspekt der Gartenarbeit - die Bedeutung seines Entwurfs mit dem Titel „Wachstum“. „Der Begriff bezieht sich natürlich zum einen auf die geplante Begrünung. Doch er gilt vor allem für das gesamte Leben, das Neues entstehen lässt.“

Die Idee dahinter: Damit Neues entstehen kann, müssen alle Generationen Hand in Hand zusammenarbeiten, die ältere leite dabei die jüngere Generation an, die ebenfalls als zartes Pflänzchen betrachtet werden könne, der man beim Wachsen helfen müsse.

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Pablo Fontagnier, der sich als „Mannheimer Bub“ bezeichnet, ist seit 1995 in der Szene aktiv. Seit 13 Jahren ist er hauptberuflicher Graffiti-Künstler unterwegs. Als solcher verewigte er sich unter anderem in Jakarta, London und New York. Hombre gehört der Crew der Stick Up Kids (SUK) an, einer der bekanntesten in Deutschland. In Bensheim zog seine punktgenaue und farbenfrohe Arbeit bereits während der Entstehungsphase Aufmerksamkeit auf sich, die Rückmeldungen waren weitgehend positiv.

Zeitlich ein bisschen ausgebremst wurde der Künstler lediglich von den Temperaturen - Stichworte kalte Finger, was auch künstlerisch Unbegabte verstehen dürften. Auf die Qualität seiner Arbeit hatte das Wetter jedoch keinen Einfluss. Man darf nun gespannt sein, wie das Motiv im diskussionsfreudigen Bensheim ankommt - und grundsätzlich: Wie die Zukunft des Grundstücks aussieht.

Die früheren, gut abgehangenen Filetstück-Äußerungen mal kurz beiseitegeschoben, wäre eine sinnvolle städtebauliche Gestaltung jenseits von Hochbeeten sicherlich nicht zum Nachteil für die Stadt.

Freier Autor

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