Musiktheater

Goldene Hardrock-Zeiten im Bensheimer Rex

Von 
Tom Wilken
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Die Deep-Purple-Coverband Demon’s Eye hinterließ bei ihrem Auftritt am Freitagabend im Musiktheater Rex mächtig Eindruck. © Zelinger

Bensheim. Eigentlich hätte der zweite Konzertteil gereicht, um die Fans in Ekstase zu versetzen. Denn in dem zelebrierte die Deep-Purple-Coverband Demon’s Eye im Rex Ton für Ton eines der legendärsten Live-Alben überhaupt: „Made in Japan“ der britischen Hardrocker. Und das mit gutem Grund: Die goldene Doppel-Platte erschien vor 50 Jahren. Sie setzte mit ihrer Intensität und Power Genre-Maßstäbe, die auch heute noch gelten.

Mark Zyk (Gitarre), Daniele Gelsomino (Gesang), Jan Dickmann (Bass), Andree Schneider (Schlagzeug) und Aushilfs-Keyboarder Florian Pritsch, an den Tasten ein alter Bekannter, zelebrieren die weltbekannten Rocksongs zum Niederknien. Jeder Ton stimmt, wenn die fünf Musiker bei diesem Set 80 Minuten lang die Zeit fünf Jahrzehnte rockig zurückdrehen.

Harmonien in Perfektion

Junge und Alte, kurz- und langhaarig, gehen voll mit, können ihr Glück kaum fassen, diese Riffs und Harmonien noch einmal in dieser Perfektion zu erleben, wie sie das Original bedauerlicherweise nicht mehr bieten kann. Denn Sänger Ian Gillan kam schon den 80ern nicht mehr in die höchsten Höhen von „Child in Time“, Orgel-Virtuose Jon Lord starb leider schon 2012 und der exzentrische Gitarrist Ritchie Blackmore hat sich heute eher dem Folk-Rock verschrieben und belebt ab und zu mal seine Ego-One-Man-Show Rainbow.

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Dass Demon’s Eye nach der Pause so abgehen würde, ist am Anfang nicht klar. Da agiert Sänger Gelsomono eine Oktave zu weit unten, um Gillans Stimme richtig zu treffen. Absolut passend ist sein Organ aber für die Rainbow-Songs im Programm: das epische „Stargazer“ und den „Man on the silver mountain“ damals mit dem unvergessenen, ebenfalls schon verstorbenen Ronnie James Dio am Mikro.

Bei den beiden Stücken singt sich der Frontmann so langsam richtig warm, knallt dann noch den Hardrocker „Burn“ aus der gleichnamigen Scheibe von 1974 raus. Auf der war es bereits zu einem Besetzungswechsel gekommen, David Coverdale hatte das Mikro übernommen, Glenn Hughes sowohl dieses als auch den Bass.

Jan Dickmann macht in dessen gesanglicher Interpretation eine gute Figur. Denn „The Voice of Rock“, wie Hughes gern genannt wird, bildete in früheren Jahren mit seiner hohen Stimme das Pendant zum eher sonoren Organ von Coverdale. Auch „Might just take your life“, ebenfalls von „Burn“, oder „You keep on moving“ von der letzten Besetzung vor der Auflösung 1976, Mark IV genannt, profitieren von Duett der beiden Sänger. Mit „Mandrake Root“ von 1968 hat die Band noch ein kleines unbekannteres Schmankerl der Mark I-Ära im Gepäck, als noch Rod Evans am Mikro stand.

Legendär ist aber Mark II mit Gillan, Glover, Lord, Blackmore und Paice. „In Rock“, „Fireball“, Machine Head“ und „Who do we think we are“ sind vier Schallplatten, die aus der Hardrock-Geschichte nicht mehr wegzudenken sind. „Made in Japan“ toppte die Studioaufnahmen noch. Das Livealbum gilt als Meilenstein in der Geschichte des Hardrocks und des Heavy Metal. Kaum ein Musikfan, der es nicht in seinem Schrank hat.

Somit ist es für eine Coverband höchst ambitioniert, sich diesem Meisterwerk zu widmen. Demon’s Eye lösen die Aufgabe mit Bravour. Überragenden Anteil davon hat Gitarrist Mark Zyk. Dem merkt man an, dass er seinen Blackmore mit der Muttermilch aufgezogen hat. In Gesten und Spiel ist er das perfekte Double des Masterminds. Zyk covert nicht nur Blackmore, er lebt ihn förmlich mit allen Poren.

Selbst die schnellsten Riffs, die gewagtesten Griffe hat der Saitenhexer drauf, liefert sich ein ums andere Mal mit dem Keyboarder Battles mitten auf der Bühne, wie sie von den Deep-Purple-Auftritten der 70er und 80er bekannt sind. Die Fans, deren Applaus vor der Pause eher standesgemäß ausfiel, gehen jetzt immer mehr ab. Alte Knochen sind plötzlich beweglich wie früher, es fliegen die langen Haare, wenn sie noch vorhanden sind.

Schon der Opener des zweiten Sets, „Highway Star“, zeigt, wohin der Purpur-Hase rennen würde. In „Strange Kind of Woman“ schwingt sich Gelsomino erstmals in Stimmhöhen auf, von denen Ian Gillan heute nur noch träumen kann. Seine Interaktion mit Zyk, dessen abgefahrene Soli, Pritschs fliegende graue Mähne wie die von Jon Lord in den späten Jahren, Dickmanns wummernder Bass à la Glover und Schneiders Drum-Bearbeitung Marke Paice: Die Illusion ist perfekt. Ein Hardrock-Abend par excellence. Musik ist eben nur gut, wenn sie laut ist.

„Child in Time“, damals von der Gruppe als Antikriegssongs im Kalten Krieg geschrieben, ist heute leider wieder aktuell – weshalb die Coverband es auch den Menschen in der Ukraine widmete. Mit „Space Truckin’“ droht ein klasse Konzert zu Ende zu gehen – wenn da nicht die Zugabe wäre. „Black Night“ ist fast schon Mainstream für die Hardrock-Band. Und was noch kommen muss, ist klar: die Mitgröl-Hymne schlechthin, „Smoke on the Water“.

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