Unfall

Brücke stürzt auf den Berliner Ring in Bensheim

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Dirk Rosenberger
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Ein Lkw blieb am Freitag vermutlich mit seinem Kranaufleger am Fußgängersteg an der Weststadthalle hängen und brachte die Konstruktion zum Einsturz. © Strieder

Bensheim. Eine ältere Frau steht nahezu regungslos am Berliner Ring, ihr Blick geht immer wieder Richtung Weststadthalle. Was sie dort sieht, kann sie immer noch nicht so ganz glauben. Die Fußgängerbrücke überspannt nicht mehr die viel befahrene Straße, sondern liegt quer auf einem Lastwagen, dessen Führerhaus deutlich in Mitleidenschaft gezogen ist.

„Manchmal gehen wir um die Zeit mit dem Hund hier Gassi und laufen dabei auch über den Steg“, erzählt sie. Auch am Freitag läuft sie zum Badesee, kurz nachdem gegen 11.30 Uhr der Laster die Brücke rammt. „Da haben wir und alle anderen echt Glück gehabt“, meint sie. Verletzte oder gar Tote, was durchaus im Bereich des Möglichen gewesen wäre, gibt es nicht zu beklagen. Der Fahrer hat laut Polizei leichte Verletzungen, eine medizinische Versorgung sei aber nicht notwendig gewesen.

Den Spreizer im Einsatz

Der 39-Jährige aus Worms war in seinem Fahrzeug eingeschlossen und kam ohne Hilfe nicht ins Freie. „Wir haben mit dem Spreizer die Tür geöffnet und ihn rausgeholt“, erklärt Stadtbrandinspektor Jens-Peter Karn, der zunächst die Einsatzleitung innehat. Auch er spricht von einer glücklichen Fügung, dass niemand in Mitleidenschaft gezogen wurde – weder andere Verkehrsteilnehmer noch Radfahrer, Spaziergänger oder Schüler, die sich zu dieser Zeit durchaus dort hätten aufhalten können.

Die Seniorin samt geduldigem Vierbeiner ist nicht der einzige Zaungast, der die Unfallstelle und das Großaufgebot an Rettungs- und Einsatzkräften beobachtet. Die meisten beschäftigt die Frage, was denn überhaupt genau passiert ist, zumal zunächst auch das Gerücht die Runde macht, die Konstruktion wäre eingestürzt und hätte den Laster unter sich begraben.

Dem war aber nicht so. Nach ersten Erkenntnissen stieß der Lkw mit seinem Kranaufleger gegen die Brücke. Dieser dürfte demnach nicht ordnungsgemäß eingefahren gewesen sein. Ob dies tatsächlich der Fall war, auch wenn es vor Ort als die wahrscheinlichste Ursache angesehen wird, sollen nun die Ermittlungen der Polizei zeigen. „Der Fahrer war kurze Zeit vor dem Unfall bei einem Baumarkt und hat dort Ware auf oder abgeladen“, betont Sebastian Trappmann, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Südhessen. Geladen hatte der Lkw aus dem Kreis Groß-Gerau jedenfalls Baustoffe, einen Teil der Säcke hatte die Brücke bei ihrem Einsturz von der Ladenfläche auf die Fahrbahn gefegt, einige waren aufgeplatzt.

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„Was da alles hätte passieren können“, bemerkt ein Fahrradfahrer, der die Unfallstelle über den Parkplatz am Badesee umkurvt. Glücklicherweise waren die Einsatzkräfte aber zügig und zahlreich präsent. Die Bensheimer Feuerwehr mit 20 Mann befreite nicht nur den 39-Jährigen, sie sicherte auch die Umgebung ab. Die Polizei war mit mehreren Streifen und einem Drohnen-Team für Luftaufnahmen vor Ort, das Technische Hilfswerk, dazu die Stadtpolizei, Mitarbeiter aus dem Rathaus, der Zweckverband KMB mit dem Bauhof – und Bürgermeisterin Christine Klein.

Die Rathauschefin, als pensioniere Kriminalbeamtin ohnehin krisenfest, koordinierte eine erste größere Lagebesprechung. Der Berliner Ring wurde zwischen Festplatz und Taunusstraße weiträumig abgesperrt, gleiches galt für den Parkplatz am Badesee, um „Schleichverkehr“ um die Absperrung herum zu verhindern.

Bensheims Bürgermeisterin Klein: Erleichtert über glimpflichen Ausgang

Der Weg vom Haupteingang der Weststadthalle zur Brücke endete durch den Einsturz im Nichts und musste ebenfalls vergittert werden. „Wir müssen viele Sachen abklären, organisieren und in die Wege leiten. Aber hier arbeiten alle sehr gut Hand in Hand“, konstatierte Christine Klein um die Mittagszeit. Sie sei froh, dass der Unfall verhältnismäßig glimpflich ausging und auch der Fahrer ohne schlimme Blessuren davongekommen sei.

Nachdem die ersten Erkenntnisse verarbeitet sind, geht es darum, wie die demolierte Brücke und der kaputte Lkw vom Berliner Ring kommen, um diese wichtige Nord-Süd-Achse in der Stadt freiräumen zu können. Frank Daum, Geschäftsführer des KMB, hat die Firma ausfindig gemacht, die 2008 den 16-Tonnen-Koloss eingehoben hat. Das Unternehmen aus Gernsheim schickt kurzfristig einen Sachverständigen nach Bensheim, um die Situation besser einschätzen zu können.

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dpa/lhe
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Nach der Begutachtung steht fest: Zwei Kräne sollen – auf jeder Seite der Brücke postiert – den Steg vom Laster heben, was am frühen Abend auch problemlos gelingt. Sie hieven die Stahlkonstruktion zur Seite auf den Rad- und Gehweg. Die Fahrbahn kann zu diesem Zeitpunkt aber nicht freigegeben werden, zumal der fahruntüchtige Laster die Spur Richtung Auerbach blockiert. Die Verantwortlichen müssen aber klären, ob die Vollsperrung bestehen bleibt, eine einspurige Verkehrsführung möglich ist oder es einen neuen Ansatz braucht. Wenig später herrscht Klarheit: Um kurz vor 19 Uhr kann die Unfallstelle wieder passiert werden, die Absperrungen werden weggeräumt.

Ungeklärt blieb lediglich aus nachvollziehbaren Gründen die Höhe des Schadens. Der dürfte sich aber problemlos im sechsstelligen Bereich bewegen.

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