Bensheim. Mitte März entging Bensheim nur knapp einem größeren Unglück. Ein Lastwagen hatte – wie berichtet – mit seinem Kran die Brücke über den Berliner Ring an der Weststadthalle gerammt und zum Einsturz gebracht. Nach Erkenntnissen der Polizei war der Kran auf der Ladefläche nicht eingefahren worden.
Verletzte gab es bei dem Unfall glücklicherweise nicht. Der Fahrer kam mehr oder weniger mit dem Schrecken davon, zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes befanden sich weder andere Autos in Reichweite noch waren Fahrradfahrer und Fußgänger in dem Bereich unterwegs. Auch auf dem Steg, der den Parkplatz am Badesee mit dem Haupteingang der Halle verbindet, befand sich niemand.
Die Aufräumarbeiten gestalteten sich indes schwierig. Ein Teil der Konstruktion lag auf dem Führerhaus des Lkw, die vielbefahrene Straße musste stundenlang gesperrt werden. Schließlich lösten zwei Kräne das Problem, an ihren Steilseilen baumelnd wurde der Steg zur Seite gehoben, Unterstützung gab es durch das Technische Hilfswerk.
Seitdem liegt der Stahlkoloss am Berliner Ring auf dem Rad- und Fußgängerweg, einfach abtransportieren lassen sich die gut 24 Tonnen ohnehin nicht ohne erheblichen Aufwand und einer Antwort auf die Frage, wo das gute Stück überhaupt gelagert werden soll.
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Dafür konnte nun eine weitere, nicht unwesentliche Frage beantwortet werden. Das Bauwerk kann nach Auskunft von Frank Daum, Geschäftsführer des zuständigen Zweckverbands KMB, instandgesetzt werden. „Wir haben Kontakt mit dem Planer des Steges aufgenommen, der eine erste Begutachtung vorgenommen hat“, erklärte Daum auf Nachfrage dieser Zeitung.
Man warte jetzt auf ein Angebot des Ingenieurbüros, um vertiefende Untersuchungen zu machen sowie eine Sanierungsplanung zu erstellen. „Dieses Angebot ist dann nach Vorliegen mit der Versicherung des Unfallverursachers abzustimmen. Bisher wurde der Schaden nur grundsätzlich gegenüber der Versicherung des Unfallverursachers geltend gemacht“, so Daum.
Die Polizei hatte damals den Gesamtschaden auf rund 200 000 Euro geschätzt, wobei die Betonung auf der Schätzung liegt. In der Summe nicht enthalten waren die Kosten für einen Wiederaufbau. Das Gesamtpaket dürfte damit deutlich höhere Ausgaben beinhalten.
Wann die ersten Passanten wieder einen Fuß auf die Brücke setzen können, lässt sich aktuell nicht sagen. Zunächst müssten das Angebot des Ingenieurbüros und die weitere Vorgehensweise mit der Versicherung abgestimmt werden, betonte der KMB-Geschäftsführer. Sollte Einigkeit bestehen, müsste geklärt werden, welcher Metallbaubetrieb in der Lage ist, das Brückenbauwerk zu sanieren – und vor allem wo. „Es hat eine Länge von rund 24 Metern und kann natürlich nicht überall zur Instandsetzung abgelagert werden.“ Daum geht deshalb davon aus, dass dies noch einige Zeit in Anspruch nimmt. „Eine Zeitschiene lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur sehr schwer prognostizieren.“
Mit einem Schwertransport aus der Ober-Lausitz kam die Fußgängerbrücke im Juli 2008 an den Berliner Ring, um den Parkplatz mit dem Haupteingang der Weststadthalle zu verbinden. Der alte Steg war zuvor mehr als eineinhalb Jahren gesperrt, da im Zuge von Überprüfungen Schäden an den tragenden Holzleimbindern festgestellt worden waren. Nach eingehenden Untersuchungen stellte sich eine massive Schädigung der Holzkonstruktion durch Pilzbefall heraus.
Auf kommunalpolitischer Ebene kam es zu Diskussionen um die Notwendigkeit einer Fußgängerbrücke an dieser Stelle, die damalige schwarz-grüne Mehrheit votierte schließlich für die Stahl-Kastenkonstruktion. Kostenpunkt 160 000 Euro. Die Opposition hätte sich das Geld gerne gespart, denn auch vor 14 Jahren war die Bensheimer Kassenlage nicht allzu üppig, vorsichtig formuliert.
Der Steg diente seitdem bei kulturellen Veranstaltungen oder Heimspielen der Handball-Bundesligamannschaft der Flames als direkte Anbindung. Darauf müssen die Besucher der größten Sporthalle im Kreis Bergstraße aber auf absehbare Zeit verzichten. Der Steg befand sich in städtischer Hand, für die Wartung war der Zweckverband KMB zuständig. Sollte erneut eine Brücke einschweben, dürfte das für ähnliches Aufsehen sorgen wie 2008. Immerhin musste damals präzise und auf den Millimeter genau das Bauwerk eingepasst werden. „Wir wollten eine offene, transparente Lösung. Das wurde hier optimal umgesetzt“, erklärte der frühere Erste Stadtrat Helmut Sachwitz beim Einpassen in jenem Sommer.
Das Ingenieurbüro „Professor Pfeifer und Partner“ zeichnete dafür verantwortlich. Das Unternehmen ist weltweit tätig, hat seinen Sitz in Darmstadt – und Professor Matthias Pfeifer wohnt in Bensheim. Er hatte mehrere Entwürfe selbst angefertigt und der Stadtverwaltung vorgelegt. Seine Vorstellungen deckten sich mit denen der Entscheidungsträger.
Entgegen der Planung, die ursprünglich umgesetzt werden sollte, musste ein Drittel weniger Stahl verbaut werden. Bei den Kosten machte sich das vor gut 14 Jahren jedoch nicht bemerkbar, weil der Stahlpreis im Lauf des Jahres um ein Drittel gestiegen war. Rohstoffe, die Bauvorhaben teurer machen, sind bekanntlich keine Erfindung der letzten Monate.
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