Mitgliederversammlung - Freie Wählergemeinschaft sieht sich durch die Kommunalwahl gestärkt / Von politischem Klimawandel noch wenig spürbar

FWG hat ihren Fraktionsstatus zurück

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Thomas Tritsch
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Bensheim. „Wir haben weiterhin hohe Erwartungen an unsere Bürgermeisterin“, so Rolf Tiemann. Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wählergemeinschaft Bensheim (FWG) sieht zwar erste Anzeichen des von Christine Klein im Wahlkampf angekündigten politischen Klimawechsels. Nach sieben Monaten Amtszeit zeige sich aber auch deutlich, dass sich Veränderungen im Rathaus – wenn überhaupt – nur mühsam und langsam erreichen ließen.

Innerhalb der FWG ist seit Frühjahr eine Menge passiert. Bei den Kommunalwahlen haben die Freien Wähler mit 6,2 Prozent ein aus ihrer Sicht gutes Ergebnis erzielt und ihre Präsenz in der Stadtverordnetenversammlung von einem auf drei Sitze erhöht. Damit hat die Wählergemeinschaft wieder Fraktionsstatus erlangt.

Abnabelung von den Freien Wählern Bergstraße vollzogen

Die FWG Bensheim ist nicht mehr den Freien Wählern Bergstraße angeschlossen. Die Mitglieder beschlossen am Montag einstimmig die Abnabelung von der Wählergemeinschaft, die auf Kreisebene als Verein agiert. Alois Hillenbrand begründete diesen Vorschlag mit deren kreispolitisch fokussierten Politik, während sich die FWG ausschließlich auf Bensheimer Themen konzentriere.

Die Unterstützung der Kreispolitiker um Walter Öhlenschläger sei anfangs sinnvoll und richtig gewesen, sei nun aber nicht mehr notwendig. Man wolle sich auf lokaler Ebene klar positionieren, so Hillenbrand, der auch die guten Kontakte zu den Freien Wählern in Heppenheim betonte. Bei zwei Enthaltungen wurde der Vorschlag einstimmig angenommen.

Vorausgegangen war der Entscheidung das Votum (drei Enthaltungen) für einen Anschluss an die Freien Wähler in Hessen. Der Landesverband fungiert als Dach für die kommunalen Wählergemeinschaften, die sich zu dessen Zielen bekennen, aber auf kommunaler Ebene selbstständig und unabhängig Politik machen. Die Satzung der FWG Bensheim decke sich bereits jetzt mit den Maßgaben des Dachverbands, so Brigitte Hamer. Durch den Anschluss habe man ausschließlich Vorteile.

Nachdem Schatzmeister Bruno Link aus beruflichen Gründen sein Amt niedergelegt hatte, wurde Günter Horscht zu seinem Nachfolger gewählt. Kassenprüfer der FWG Bensheim bleiben Alois Hillenbrand und Günther Müller-Falcke. tr

Hinzu kommen – neben dem Stammsitz in Bensheim-West (Alois Hillenbrand) – jeweils eine Stimme in den Ortsbeiräten Mitte (neu: Brigitte Hamer) und ein Vertreter in Fehlheim, wo Günter Horscht für die örtlich gemeinsame Freie Wählerliste Fehlheim (FWF) kandidiert hatte. In Auerbach hatte es nicht mehr für eine Beteiligung gereicht. Andreas Scharff sitzt seit März als Stadtrat im ehrenamtlichen Magistrat.

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Nach dem schlechten Abschneiden in 2016 (drei Prozent) habe man die Ursachen analysiert und entsprechend gehandelt, sagte der stellvertretende Vorsitzende Peter Leisemann bei der Mitgliederversammlung in der Vereinsgaststätte „Weiherhaus“ in Auerbach. Neben einer verbesserten Präsenz in den sozialen Medien habe man im Zuge des Kommunalwahlkampfs die Infobroschüre professionalisiert und die Plakate personalisiert, um in der Öffentlichkeit im Wortsinn Gesicht zu zeigen. Dies habe sich ausgezahlt, so Leisemann. Aktuell zählt die FWG 30 Mitglieder, darunter einige Neuzugänge in den vergangenen Monaten, die aus den Reihen lokaler Bürgerinitiativen stammen, mit denen die FWG seit Jahren enge Kontakte pflegt.

Auch Rolf Tiemann sieht die FWG gut aufgestellt, um in der Stadtpolitik „klare Kante jenseits parteipolitischer Grabenkämpfe“ zu zeigen. Vor allem der Wiedereinzug in den Ortsbeirat Mitte sei wichtig, um dort bei entscheidenden Themen mitsprechen zu können. Mit Susanne Hannak im Sozial-, Sport- und Kulturausschuss sowie Peter Leisemann im Bau-, Umwelt- und Planungsausschuss sei die Fraktion in zentralen Gremien vertreten. Tiemann selbst sitzt im Haupt- und Finanzausschuss. Hinzu komme die wieder gestärkte Präsenz in Eigenbetrieben und Beteiligungsgesellschaften der Stadt, unter anderem in der MEGB.

Rolf Tiemanns (Archivbild: Funck) Hoffnung auf eine sach- und problemorientierte Zusammenarbeit im Stadtparlament „ohne politische Machtspielchen“ und formale Bündnisse habe sich aber leider nicht erfüllt: Durch die neue Koalition führe man nun das klassische Modell „mit allen Zwängen“ weiter. CDU, FDP und SPD verfügten über eine komfortable Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung und könnten Themen problemlos durchsetzen. Die FWG sei für einen konstruktiven Austausch mit der neuen Koalition bereit.

Dauerbrenner bleiben die Entwicklung des Marktplatzes und die Innenstadtgestaltung. Nachdem das Stadtparlament im Dezember 2020 den Weg für einen Ideenwettbewerb im Sinne der Bürgerinitiative freigemacht hatte, wurde das Projekt „ 365 Tage für die Zukunft unserer Innenstadt“ gestartet und ein Arbeitsmodell entwickelt. Bis Ende September soll die Ausschreibung für den Wettbewerb vorliegen. Die FWG hofft auf einen rationalen Dialog zwischen BI und Verwaltung, gegenseitige Vorwürfe seien der Sache nicht dienlich, so der Fraktionschef.

Auf Kritik stößt die Entscheidung für eine siebenzügige Großkita für Fehlheim und Schwanheim im ehemaligen Neckarbett. Am vergangenen Donnerstag hatten die Stadtverordneten gegen die Stimmen von FWG, BfB und Grünen dem Bebauungsplan zugestimmt. Trotz Ablehnung aus den Ortsbeiräten, von Naturschutzverbänden, den kirchlichen Trägern der bisherigen Kitas und von vielen Bürgern, so Tiemann.

Im Zuge der geplanten Bebauung des ehemaligen CBM-Geländes in Schönberg zeige sich indes eine breite Front gegen die dort vorgesehene Verdichtung. Dort werde gerade ein sachlich sehr fundiert begründeter Widerstand von Bürgern laut. „Die beiden Bebauungspläne sollten in den vorliegenden Formen nicht umgesetzt werden“, so Tiemann, der auch Beate Dillmann von der BI „Rettet Bensheim“ begrüßte. Die FWG unterstützt die Forderung der Initiative nach deutlich weniger Flächenverbrauch im Stadtgebiet. Aktuell kämpft die BI gegen den Bau zweier Sporthallen im Bereich des Winkelbachs.

"Wir haben hohe Erwartungen an unsere Bürgermeisterin." Rolf ...

"Wir haben hohe Erwartungen an unsere Bürgermeisterin." Rolf Tiemann, FWG-Fraktionsvorsitzender

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