Bensheim. Zwei Geiger und ein Bratscher aus Dänemark plus ein norwegischer Cellist: Als Danish String Quartet sind Frederik Øland und Rune Tonsgaard Sørenson, Asbjørn Nørgaard und Fredrik Schøyen Sjölin seit rund einem Jahrzehnt Garanten für unkonventionelle Programme, besondere Repertoire-Ideen und erfrischend persönliche Interpretationen auch des gängigen Werkkanons.
Davon konnte sich das Parktheater-Publikum schon bei ihrem hiesigen Debütauftritt 2016 überzeugen. Am Samstag kehrten die Skandinavier beim vierten Saisonkonzert der Kunstfreunde mit einer Stückauswahl nach Bensheim zurück, die ihre Abenteuerlust und Entdeckerfreude sogar noch eindrucksvoller erlebbar machte.
Sehr charakteristisch für den keinerlei stilistische Scheuklappen kennenden Ensemblegeist der Gäste schien bereits das selbst kompilierte Auftakt-Potpourri „An Alleged Suite“ („Eine angebliche Suite“), in dem unterschiedlichste musikalische Welten zu einem ebenso schrägen wie kurzweiligen Cocktail zusammengemischt wurden. Delikate lyrische Impressionen lieferten zwei elegante Sätze (Prélude, Gigue Française) des Pariser Barockmeisters Marc-Antoine Charpentier und die melodiöse Sarabande des Tschaikowsky-Zeitgenossen Felix Blumenfeld. Dazu gesellten sich ein folkloristisch inspiriertes „Polska“-Intermezzo und drei herrlich süffig gebotene Kabinettstückchen aus John Adams’ „Book of Alleged Dances“ von 1994 – mal rhythmisch entfesselt wie in „Stubble Crochet“ und „Toot Nipple“, mal solistisch aufgefächert wie in der sanft beschwingten Pavane „She’s so fine“.
Im September uraufgeführt
Für sein mehrjähriges Projekt „Doppelgänger“ hat das DSQ vier neue Kompositionen in Auftrag gegeben, die jeweils ein spätes Streicherwerk von Franz Schubert als Ausgangspunkt nehmen. Erste Kreation dieser Reihe ist das im September uraufgeführte fünfte Streichquartett des renommierten Landsmannes Bent Sørensen (Jahrgang 1958), der darin das berühmte Anfangsmotiv von Schuberts G-Dur-Quartett D 887 zu einem bemerkenswert frei und vielgestaltig schweifenden Assoziationsstrom verarbeitet.
Da gibt es neben reizvoll verfremdeten Schubert-Gesten und allerlei nervös-motorischen Passagen auch romantisch getönte Fugato-Abschnitte und sogar am Ende ausgedehnt choralartige Meditationen. Das fabelhaft klangsinnlich agierende DSQ konnte zwar gewisse Weitschweifigkeiten des mit 25 Minuten etwas zu lang geratenen Stückes nicht ganz überspielen, blieb aber insgesamt der rhapsodischen Kraft und dem farblichen Facettenreichtum Sørensens absolut nichts schuldig. Der starke Beifall für diese Parktheater-Premiere war also allemal verdient.
Mit Schumanns A-Dur-Quartett opus 41/3 von 1842 hatte bei den Kunstfreunden erst vor einem Jahr das Vision String Quartet ein interpretatorisches Ausrufezeichen gesetzt. Die skandinavischen Gäste zeigten sich ihren deutschen Kollegen jetzt in Sachen Klangbalance, Detailfinesse, Ausdruckspoesie und Spieltemperament mindestens ebenbürtig.
Überaus natürlich fließend schon der Kopfsatz, charaktervoll pointiert das Variationen-Scherzo (fis-Moll), warmherzig empfunden das wunderbar gesangserfüllte D-Dur-Adagio, unangestrengt virtuos der klug gesteigerte Finalsatz: Dieser Schumann à la DSQ machte deutlich, dass wahre romantische Tiefe nur mit ungekünstelter Klarheit und ohne jede Effekthascherei zu erreichen ist. Enthusiastischer Schlussapplaus im pandemiegerecht besetzten Parktheater, Praetorius‘ „Es ist ein Ros entsprungen“ als anrührend schön arrangierte Zugabe.
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