Gronau. „Er kippt nicht um, er schmiert ab“, erklärt Verkäufer Ralf Staudacher. Der Metrac H60 bietet Technik vom Feinsten: Ein hydrostatischer Fahrantrieb und ein Allrad-Lenksystem mit fünf unterschiedlichen Lenkungsarten ermöglichen höchste Wendigkeit und Sicherheit in jeder Hanglage.
Der Diesel leistet 60 PS, und das Spezial-Geländefahrwerk mit enorm tiefem Schwerpunkt sorgt dafür, dass die Maschine in steilen Grenzlagen nicht umfällt, sondern wegrutscht. Bis zu 45 Grad Steigung bewältigt sie in der Regel, so der Fachhändler.
Das neue Mähfahrzeug vom österreichischen Hersteller Reform krabbelt seit Kurzem über Gronauer Wiesen: Der NABU Meerbachtal hat sich einen lang gehegten Wunsch erfüllt und viel Geld in moderne Technik investiert, um die Naturlandschaft vor Ort zu pflegen. 120 000 Euro kostet das Teil, rund 40 000 Euro bezahlt die Ortsgruppe aus eigener Kasse.
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Knapp 70 Hektar Fläche
Der Rest stammt aus Fördermitteln und von institutionellen wie privaten Spendern, die den Naturschützern damit eine passgenaue Pflege der Grünflächen ermöglichen. Denn die knapp 70 Hektar umfassende Fläche wird nie vollständig gemäht, sondern nur gezielt und kleinteilig bearbeitet. Damit erhalten die Naturschützer wertvolle Rückzugsgebiete für Tiere und bieten Pflanzen die Möglichkeit zur Verbreitung ihrer Samen. Die Wiesenpflege ist der größte Aufwand und eindeutiger Schwerpunkt der Vereinsarbeit der Nabu-Mitglieder, die jetzt alle Unterstützer zu einem gemeinsamen Ortstermin geladen hatten.
Das Treffen im rund elf Hektar großen Hartmannsrech hatte etwas von einer Verkaufsveranstaltung für Land- und Nutzfahrzeuge – doch es war nur eine eindrucksvolle Demonstration, was der geländegängige Mäher alles drauf hat. Der Händler aus Modautal erläuterte die Details, und ein versierter Fahrer ließ den Metrac souverän über steile Wiesen krabbeln. Vorsitzender Jürgen Schneider informierte über die Strategie: Man mähe das Grünland gleich eines Mosaiks und achte dabei sehr genau, was zu welchem Zeitpunkt wo wächst und wann der optimale Zeitpunkt zum Kappen ist. Die Pflegearbeiten, die von der Stadt Bensheim finanziell unterstützt werden, erfolgen seit Gründung der Ortsgruppe Mitte der 80er Jahre unter deren Regie. Fast ebenso lange plant man die Anschaffung eines Spezialgeräts.
Rücklagen gebildet
Da man den Verein wie ein kleines Unternehmen führe, so Schneider, habe man über genügend Rücklagen verfügt, um den Kauf zu schultern. Denn ohne gute Technik ist die Bearbeitung der kalkhaltigen Böden mit den exponierten Hanglagen – eine Heimat für wärmeliebende Insekten und zahlreiche Orchideenarten – ein erheblicher Aufwand. Sowohl physisch wie organisatorisch.
Nach 25 Jahren hartem Einsatz war der bisherige Mäher der Ortsgruppe verschlissen und reparaturanfällig. Vor allem aber entsprach er nicht mehr den neuesten Sicherheitsvorschriften und müsste für viel Geld nachgerüstet werden, heißt es aus dem Vorstand. Von den unter Vertrag stehenden Wiesen werden im Jahr etwa die Hälfte – gut 30 Hektar – gemäht. Das entspricht einer Fläche von rund 50 Fußballfeldern, überwiegend in Hanglagen an verschiedenen Stellen im Meerbachtal.
Die Erfahrungen seit Bestehen des Vereins sind durchweg positiv, die Artenvielfalt habe ständig zugenommen, so der zweite Vorsitzende Werner Hombeuel. Für einheimische Orchideen, Insekten, Schmetterlinge und Wildbienen sowie für Vögel und Kleinsäugetiere ist dort ein prominenter Verbreitungsschwerpunkt entstanden. Pflanzen, die noch nicht abgemäht werden dürfen, werden mit weißen Pfählen markiert. So wissen die Naturschützer, welche Nischen sie aussparen müssen.
Der neue Metrac, erst 2021 auf dem Markt eingeführt, verfügt über einen Multifunktions-Joystick, mit dem auch Anbaugeräte wie Frontlader, Doppelmesser und Heckenschneidwerk gesteuert werden können. Die rein ehrenamtlich agierende Ortsgruppe hat drei Fahrer auf Minijob-Basis angestellt, die das Gerät bedienen können.
Jürgen Schneider dankte allen Förderern, Spendern und Sponsoren. Die Stadt Bensheim hatte 30 000 Euro zugeschossen, der Nabu-Kreisverband spendierte den Kollegen 20 000 Euro. Die Bensheimer Ortsgruppe ist mit 5000 Euro beteiligt, die Sparkasse hat die Investition mit 2500 Euro gefördert. Allein von privaten Spendern kamen über 13 000 Euro zusammen, so Schneider, der sich von der Hilfsbereitschaft aus der Bevölkerung beeindruckt zeigte.
Für Auftragsarbeiten zu haben
Doch nicht nur die Ortsgruppe kann ab sofort professionell über die Wiesen rollen: Der neue Mäher soll auch für Auftragsarbeiten in der näheren Umgebung eingesetzt werden. Der jüngst gegründete Landschaftspflegeverband für den Kreis Bergstraße und das FFH-Gebiet Vorderer Odenwald (Fauna-Flora-Habitat) kann die blau lackierte Maschine mit dem Kennzeichen HP-NA 824 ebenfalls nutzen. „Ich kenne keine Organisation, die ähnlich professionell ausgestattet ist“, sagte Ralf Staudacher in Gronau.
Auch der Nabu-Landesvorsitzende Gerhard Eppler lobte die Arbeit im Meerbachtal. Er sprach von einer Vorzeigegruppe in Hessen und darüber hinaus. Die Ortsgruppe verfüge über eine Menge Fachwissen, Erfahrung und personelles Engagement. Der ökologische Landbau als eine besonders ressourcenschonende und umweltverträgliche Form der Landwirtschaft nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit sei gut und richtig, doch ein Ökosystem brauche auch die richtigen Strukturen.
Die Gronauer begleiten die Naturwiesen in räumlicher wie in zeitlicher Dimension, die Pflegemaßnahmen werden unter strenger Beachtung von Fläche und Vegetationsstand beziehungsweise dem Nutzen für die Tierwelt durchgeführt. Und das neuerdings auf dem neusten Stand der Technik. Und wenn der Metrac doch mal kippt statt wegzurutschen: Die Kabine ist überrollsicher.
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