Bensheim. Schier nicht enden wollender Applaus beendete am frühen Sonntagabend das Konzert des Bensheimer Kammerchors Vokaklang in der evangelischen Kirche in Schwanheim. Mit großer Begeisterung quittierten die Zuhörer nicht nur die beeindruckende Leistung des rund 20 Sängerinnen und Sänger umfassenden Chors, sondern sie zollten auch der jungen Chorleiterin Nicole Schumann Respekt, die mit dem Konzert ihre Abschlussprüfung des Aufbaustudiums im Fach Chorleitung an der Akademie für Tonkunst Darmstadt absolvierte.
Seit September 2022 leitet Nicole Schumann neben einem Chor in Offenbach auch den Bensheimer Chor Vokalklang. Sie studierte Schulmusik an der Hochschule für Musik, Theater und Tanz in Frankfurt sowie Gesang in Darmstadt und Mannheim. Anschließend absolvierte sie eine B-Chorleiterausbildung und studierte seit März 2022 im Aufbaustudium Chorleitung bei Jan Schumacher in Darmstadt. Sie singt als Altistin solistisch im Konzertfach und arbeitet frei in professionellen Chören wie dem SWR-Vokalensemble, dem Bayerischen Rundfunkchor oder dem Stuttgarter Kammerchor.
Am Sonntag lauschten in der gut gefüllten Schwanheimer Kirche auch ihr Ausbilder Professor Jan Schumacher und die Mitglieder einer Prüfungskommission dem vom Barock bis ins 20. Jahrhundert reichenden Programm, dessen glänzender Höhepunkt zweifellos Johann Sebastian Bachs Motette für fünfstimmigen Chor „Jesu meine Freude“ war. Im Gegensatz zur heute meist üblichen Aufführung „a cappella“ wurde das elfteilige Werk mit Instrumentalbegleitung durch ein Quartett der Akademie für Tonkunst begleitet.
Auch das war für Vokalklang ein Novum, da der Bensheimer Chor bisher stets „a cappella“ aufgetreten ist, erklärte Chormitglied Marina Preuß, die durch das Programm führte. Außerdem sei die Fünfstimmigkeit mit den typischen Bach-Koloraturen für die Sänger eine große Herausforderung gewesen. Aber Nicole Schumann habe das Ensemble mit viel Geduld und Hilfestellung solange Mut und Optimismus eingeflößt, bis „der Knoten geplatzt“ sei und sich allen die Freude am Werk erschlossen habe. Überhaupt bezeichnete die Moderatorin das Werk als eine Art Antidepressivum, das Jesus als wahren „Freudenmeister“ nahebringe. Tatsächlich kam das Publikum in den Genuss eines von großer Lebendigkeit und anmutiger Bewegtheit geprägten Vortrags. Sehr ruhig und meditativ hatte das rund einstündige Konzert mit der Aufforderung von Albert Becker „Bleibe, Abend will es werden“, begonnen. Dann trug die Mezzosopranistin Almuth von Wolffersdorff als Solistin mit ihrer einfühlsamen und kraftvollen Stimme die Arie „O thou that tellest“ aus Händels Oratorium „Der Messias“ vor, ebenso wie der erste Programmpunkt begleitet von dem Instrumentalensemble.
Ohne diese Begleitung eröffnete der zweite Teil des Konzerts nach der großen Bach-Motette mit einem Lob auf Musik, angenehme Gesellschaft und Wein von Daniel Friderici: „Drei schöne Dinge fein“ – ein Anlass für die Moderatorin, noch einmal die offene Herzensverbindung der Chorleiterin Nicole Schumann zu ihrem Chor zu betonen, der es als große Ehre verstanden habe, für die Abschlussprüfung ausgewählt worden zu sein.
Im Brucknerjahr gedachte das folgende Lied „Du bist wie eine Blume“, nach einem Text von Heinrich Heine, dem lang verkannten Komponisten, der 1824 geboren wurde. Mit Astor Piazolla („Invierno Porteno“), Stevie Wonder („Superstition“) und Lorenz Maierhofer („For Music“) landete Vokalklang schließlich im 20. und 21. Jahrhundert.
Das Publikum war von der überzeugenden Leistung des Chors deutlich bewegt. Zum Abschied wies die Moderatorin übrigens darauf hin, dass der Chor noch Verstärkung im Bassbereich suche. Als Zugabe machte das traditionelle schottische „Glas zum Abschied“ klar, dass das Konzert nun wirklich unwiderruflich zu Ende sei.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-ein-konzert-als-abschlusspruefung-_arid,2202069.html