Kampfsportclub

Ein Bensheimer Boxclub für die ganze Familie

Abwechslungsreiches Sommerfest mit dem vierten „Bensemer Ninja-Parcours“ / Vorsitzender Reginald Schulze über die Entwicklung des Vereins

Von 
Marvin Zubrod
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Beim Sommerfest des KSC Bensheim konnten sich die jüngeren Besucher an einem Ninja-Parcours messen. © Thomas Zelinger

Bensheim. Es sind 30 Grad am späten Nachmittag, die Sonne brennt auf der Haut, doch Reginald Schulze steht seit Stunden unbeirrt am Mikrofon. Gemeinsam mit seinem Team hat der Vorsitzende des Boxvereins die vierte „Bensemer Ninja-Parcours Challenge“ organisiert. Zahlreiche Kinder und Jugendliche durchliefen am vergangenen Sonntag die Hindernisstrecke – stets angefeuert von der unermüdlichen Stimme Schulzes, die über das Geländes des Kampfsportclubs (KSC) hallte.

Dass der Name des Vereins nicht mehr viel mit seiner heutigen Rolle zu tun hat, fällt beim Blick durch den Eingangsbereich auf. Erst kürzlich erhielt der Club den Ehrenamtspreis, der vom SV Darmstadt 98 für „herausragendes ehrenamtliches Engagement und außergewöhnliche Vereinsarbeit“ verliehen wurde.

Geduld und Ausdauer

Neben dem klassischen Kampfsport bietet der Verein seit einigen Jahren therapeutisches Boxen für Kinder und Jugendliche mit ADHS-Symptomen an. „Wir haben lange verschiedene Ansätze ausprobiert, bis wir das richtige Konzept hatten“, berichtet der KSC-Chef auf Nachfrage. Grundlage für das Training ist ein Anamnese-Gespräch beim Arzt. Anschließend versuche man in den praktischen Einheiten die Konzentrationsfähigkeit der Kinder zu steigern – durchaus mit Erfolg.

Zwar ist ADHS nicht heilbar, „aber wir können im Zusammenspiel mit den Therapeuten nach und nach die Symptome lindern“, erklärt Schulze. Dass Geduld und Ausdauer zu den Stärken des ehemaligen Boxers gehören, wird schon beim ersten Besuch in seinem Büro deutlich. Für den lokalen Pressevertreter nimmt sich Schulze mehr als eine Stunde Zeit.

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Den Verein hat der Ruheständler 1999 gegründet. „Damals waren wir nur auf Leistungssport fixiert.“ In dieser Zeit hat der B-Lizenz-Trainer zwei seiner Schützlinge zum Deutschen Meistertitel gecoacht. „Aber mit Boxen lässt sich in Deutschland kaum Geld verdienen.“

Von finanziellen Hindernissen ließen sich Schulze und seine Mannschaft ohnehin nie zurückwerfen. „In den ersten Jahren hatten wir einen Keller in der Bensheimer Wiesenstraße angemietet. Da konnte man nicht einmal richtig seilspringen, so niedrig war die Decke“, lacht er.

Der Liebe zum Boxen hat das nicht geschadet. 1962 nahm ein Freund den jungen Schulze erstmals mit zum Training. „Das war lange vor Rocky Balboa“, stellt der KSC-Chef schmunzelnd fest, der in mehr als einem halben Jahrhundert sämtliche Höhen und Tiefen des Boxsports erlebt hat. Der Experte schwärmt von den goldenen Zeiten, „als Henry Maske bis zu 18 Millionen Menschen vor die Fernsehgeräte lockte. Aber mittlerweile werden Boxkämpfe meistens nur noch von privaten Bezahlsendern übertragen.“

Der Rückgang im TV-Segment ist für Schulze allerdings nicht das größte Problem. Die monatelangen Lockdowns hätten viel kaputtgemacht. „Früher haben die Kids den Trainer noch per Handschlag begrüßt. Heute sind sie viel zurückhaltender.“ Die sozialen Folgen der Corona-Pandemie bekommen die Verantwortlichen im Verein täglich zu Gesicht. „Viele Kinder, die neu zu uns kommen, sind übergewichtig“, berichtet Schulze, „aber die meisten gehen ja überhaupt nicht mehr in die Sportvereine“.

Dass ein Besuch im Boxclub für pubertierende Jugendliche der Weg aus einer schwierigen Phase sein kann, dürfte vielen Eltern nicht bewusst sein. Schließlich sei der Ruf des Boxsports häufig immer noch mit Gewalt assoziiert, ärgert sich Schulze. „Dabei bieten wir sogar regelmäßig Anti-Aggressions-Trainings an.“ Neben dem sozialen Motiv spielt der Fitnessaspekt eine wichtige Rolle. „Boxen ist das beste Ganzkörpertraining, das es gibt.“

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Die Einheiten mit dem eigenen Körpergewicht, auch „funktionelles Training“ genannt, fördern Stabilität, Ausdauer und Schnelligkeit. Die Kniebeuge sei dabei „die Königin der Übungen“, da sie die meisten Muskelgruppen beanspruche, erklärt Schulze. 98 Prozent der Mitglieder bleiben daher ausschließlich beim Fitnesstraining. Nur zwei Prozent steigen zu Wettkämpfen in den Ring.

Obwohl Boxen lange Zeit als Männerdomäne galt, erfreut sich der Sport seit einigen Jahren auch bei Frauen zunehmender Beliebtheit. „Dienstags bieten wir extra Einheiten für unsere weiblichen Mitglieder an“, betont der KSC-Chef. „Wir haben allerdings auch gemischte Trainingsgruppen.“ Über mangelnden Nachwuchs können sich die Bensheimer Boxer nicht beschweren.

Insgesamt 160 Kinder sind im Verein gemeldet. Ob einem der jungen Sportler irgendwann der Durchbruch gelingt, hänge vor allem von Ehrgeiz und Disziplin ab. „90 Prozent des Erfolgs im Boxen bestehen aus harter Arbeit, zehn Prozent sind Talent“, meint Schulze, und betont: „Wir investieren viel Geld in die Trainerausbildung.“

Vor einigen Jahren waren die Übungsleiter des KSC sogar auf Kuba. Der sozialistische Karibikstaat gehört zu den erfolgreichsten Nationen im Boxen. Auch in Ostdeutschland habe der Sport durch die Erfolge der DDR einen anderen Stellenwert.

Aufgeben will Schulze deswegen nicht, auch wenn die Glanzzeiten des Boxens mittlerweile lange zurückliegen: „In unserem Sport wissen wir, wie man kämpft.“

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