Musiktheater Rex

Der musikalische Südwesten im Bensheimer Rex

Von 
Tom Wilken
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Die Band High South trat am Dienstagabend im Musiktheater Rex in Bensheim auf. © Neu

Bensheim. Wenn jetzt noch an verschiedenen Stellen Lagerfeuer geflackert hätten, sich wohlduftende Steaks über dem Grill drehten und der Wind trockenes Gestrüpp durch den heißen Wüstensand bläst, dann wäre die Illusion eines Trips durch den amerikanischen Südwesten perfekt.

Das Trio High South beschwört im Musiktheater Rex diese Magie par excellence. Sichtlich begeisterte Fans danken es den drei Musikern am Dienstagabend. Jamey Garner, Phoenix Mendoza und Kevin Campos brauchen dafür nicht viel: drei Gitarren, drei Stimmen, eine Bluesharp und ab und zu ein Tamburin. Interessanterweise feiert die Band ihre größten Erfolge derzeit noch in Europa, wo sie auch entdeckt wurde. Der amerikanische Markt ist erst noch am Kommen.

Eine Prise Western

Dabei entsprechen die Musiker eigentlich so ganz dem Klischee. Sie haben nicht nur einen Schuss Country, sondern auch eine Prise Western in ihren Songs. Ab und zu – aber leider nicht so oft – kommt der Song-Rhythmus etwas ins Galoppieren, spielen die drei Gitarren nicht stur das Gleiche, sondern versuchen sich zu überbieten. Das jedoch als „Country-Rock“, wie es seitens der Gruppe angepriesen wird, zu bezeichnen, ist doch etwas hoch gegriffen.

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Die Eagles oder Crosby, Stills, Nash & Young nennen sie als ihre großen Helden und entsprechend sind auch die eigenen Stücke konzipiert. Es gibt eine starke Betonung des Gesangs mit ab und zu abwechslungsreicher Gitarrenarbeit. Pfiff kommt rein, wenn Garner auf der Mundharmonika dem Ganzen einen bluesigen Touch gibt.

Die Fans bekommen viel fürs Geld geboten. Nach einer Stunde, wenn andere Bands schon daran denken, langsam Schluss zu machen, geht High South erst einmal in die Pause und präsentiert sich als Gruppe zum Anfassen am gut ausgestatteten Merch-Stand. Zusammen mit der zweiten Hälfte wird es ein langer Abend.

Scheinbar stecken noch zwei Jahre Corona-Zwangspause in den Knochen, was immer wieder thematisiert wird. Garner bringt es schmunzelnd auf den Punkt: Vorher beschwerte sich seine Frau, dass er die Hälfte des Jahres auf Tour und nicht zu Hause war – während der Corona-Pandemie war sie froh, wenn er endlich mal aus dem Haus ging.

„Peace, Love & Harmony“ heißt die aktuelle Scheibe des Trios. Die ist zwar schon von 2020, aber konnte bisher noch nicht live vorgestellt werden. „Ghost Town“ nennt sich somit treffend ein Stück mit Blick auf leere Städte. Wäre das Konzert nicht in der Halle, würden bei dem Schmuse-Song sicher die Feuerzeuge angehen.

Garner, Mendoza und Campos freuen sich nach dem langen Rumsitzen unbändig, endlich wieder auf der Bühne stehen zu dürfen, wie sie öfters anmerken. Dabei sind sie immer auf der Suche nach dem, was zählt und den Menschen wirklich wichtig ist, kommt in „Joshua Tree“ zum Ausdruck. Irgendwann ging’s dann doch wieder raus aus der Heimat: „Leaving California“ passt treffend dazu.

Kaum gibt’s Licht am Ende des Pandemie-Tunnels, sagt Campos, fallen ein paar hundert Kilometer weiter auf dieser verrückten Welt Bomben. „Make it better“ von der neuen Scheibe bekommt da eine ganz besondere Bedeutung für ihn. Der einzige Weg, es besser zu machen, ist aus der Vergangenheit zu lernen, meint der Musiker.

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„Ein Sound, der nach Sonne, Freiheit und der American Westcoast klingt. Mit beeindruckenden dreistimmigen Satzgesang, Liebe zu klassischem Rock-Songwriting und unerschütterlichem Optimismus“ geht das Trio zu Werk, jubiliert der Pressetext.

Das Outfit passt, Garner geht als der langhaarige, blonde Sunnyboy der Truppe durch, den nichts vom Hocker haut. Allerdings segelt die Truppe mit dem „Rock-Songwriting“ gerade bei den eigenen Stücken doch etwas unter falscher Flagge. Die sind zwar sehr gut gemachte Gute-Laune-Feel-Good-Musik, aber weit entfernt von rockig, wenn die Gitarren nur selten mal den gewohnten Rhythmus verlassen. Anders sieht es da bei den Cover-Stücken aus.

Etwa „Love the one you’re with“ von Stephen Stills. Das zeigt sich auch gleich beim Applaus. Der war schon vorher sehr gut bis enthusiastisch, legt aber jetzt noch einen Zahn zu. Die Fanbase ist dankbar für etwas mehr Schmackes und kommt damit auch später auf ihre Kosten.

Was natürlich bedeutet, dass die drei Musiker noch nicht so schnell aufs Hotelzimmer dürfen. Die Deutschland-Tour geht weiter: Wer die Band im Rext verpasst hat: Am morgigen Freitag (29.) gastiert sie im Colos-Saal Aschaffenburg.

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