Musiktheater Rex

Flaschenmusik verbreitet gute Laune im Bensheimer Rex

Von 
Thomas Tritsch
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Das Quartett GlasBlasSing trat am Mittwochabend im Musiktheater Rex in Bensheim auf – und verbreitete mit seiner besonderen Musik gute Laune beim Publikum. © Zelinger

Bensheim. Vier Männer und kistenweise Instrumente: Flaschenseitenwand-Ritsche, Kronkorken-Kastagnetten, Perrier-Keule, Plastikflaschen-Snare oder Wasserspender-Toms gehören schon immer zum Instrumentarium von GlasBlasSing. Zunächst hat das Berliner Ensemble mit Straßenmusik auf Altglas für Hinhören gesorgt. Seit 2003 ist das Repertoire der Gruppe bühnentauglich. Mit ihrem aktuellen Programm „Happy Hour“ war das Quartett am Mittwoch im Musiktheater Rex zu Gast.

Die gut 50 Gäste erlebten interessante Klangspektren auf Leergut und Altglas mit einem betont rhythmischen Sound, der neben Flaschenhalsblasen und Gläserploppen auch das perkussive Bearbeiten von allen möglichen Gefäßen umfasst. Auf der Bühne sah es aus wie im Pfandflaschenlager eines größeren Restaurants, wenngleich das instrumentale Archiv der Musiker zwecks Tonerzeugung zumeist klangdienlich umgebaut und arrangiert ist.

„Keine macht den Dosen“ lautete die Devise in Bensheim. Man hätte auch sagen können: „Volle Pulle“, wenn die meisten Flaschen nicht leer oder halb voll wären. Mit exotischen Apparaten wie dem Flachmanninoff-Xylophon oder einem Zischflaschen-HiHat hat das melodische Recycling-Projekt internationale Hits mit deutschen Texten versehen oder eigene Kompositionen serviert. Gespielt wird auf Plastik, Glas und Blech.

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Da wird virtuos geklappert, gepustet, geknistert und geschüttelt oder mit dem Daumen-Tetris hantiert. Alles ist live, nichts kommt aus der Konserve, wie die Band betont. Lediglich ein Loop-Gerät dient als Multiplikator für Sound-Schleifen, Samples und andere akustische Spielereien.

Ob Leonard Cohens „Hallelujah“ oder „I Gotta Feeling“ von den Black Eyed Peas, ob „Happy“ von Pharrell Williams oder eine deutsche Variante von Manu Chaos „Bongo Bong“, in der die panische Suche nach Glück, Schönheit und Geld veralbert wird: GlasBlasSing verbreiten gute Laune mit eigenwilligen Liedern auf Getränke-Hohlkörpern und einer Portion Spontaneität. Dass sie im weiteren Programm ein Glücksrad über die Songreihenfolge entscheiden lassen, ist da nur konsequent.

Süffig bis zum Anschlag

Das Publikum erlebte eine nette Collage aus selbst gebauten oder eigens arrangierten Blas-, Zupf- und Perkussionsinstrumenten. Manchmal süß und feinherb, dann wieder hochprozentig oder prickelnd. Immer aber süffig bis zum Anschlag. Andreas Lubert, Frank Wegner, Jan Lubert und David Möhring beherrschen ihre halsstarren Werkzeuge und die Plauderei mit dem Publikum. Das temporeiche „Rondo alla Turca“ von Mozart, auch als Türkischer Marsch bekannt, geriet zur Glanzleistung an einem Hackbrett aus kleinen Schnapsfläschchen. Da kam selbst das Metronom kaum noch hinterher.

Es fällt übrigens in die Kategorie Berufsehre, dass die benutzten Flaschen ausschließlich selbst ausgetrunken werden, so die Musiker. Sachdienlich seien aber auch immer wieder Entdeckungsreisen in die Glascontainer fremder Länder, um außergewöhnlich geformte und daher klangtechnisch reizvolle Exemplare zu finden und in die mehr oder weniger transparente Kollektion in braun, grün oder weiß aufzunehmen.

Pfiffige Choreographien und flotte Übergänge sorgen dafür, dass der Abend trotz vieler Flaschen eine gewisse künstlerische Qualität ausstrahlt. Amüsante Lieder wie jenes über den Herrn, der sich in die „süßen Segelohren“ eines FFP2-verhüllten Mädchens verliebt, sind beispielhaft für den Humor der Gruppe. Und in der Tat lassen sich gelbe Zähne, rote Pickel oder lange Nasenhaare wahrlich gut kaschieren in Zeiten der Pandemie.

Im zweiten Teil erlebt man eine feine Parodie auf Ingo Insterburgs „Ich liebte ein Mädchen“ und ein schwungvolles Medley aus Soul, Funk und Hip-Hop, das weder Dynamik noch dicke Beats vermissen ließ.

Unterm Strich ein akustisches Upcycling der unterhaltsamen Art. Bitte nicht falsch verstehen, aber wer gekonnte „Blow-Jobs“ mag, kommt um GlasBlasSing eigentlich nicht herum . . .

Freier Autor

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