Bensheim. Am heutigen Donnerstag, 4. August, feiert Peter E. Kalb seinen 80. Geburtstag. Kalb, der drei Wahlperioden lang als ehrenamtlicher Stadtrat für die Grüne Liste Bensheim (heute: Bündnis 90 / Die Grünen) im Magistrat saß, verzichtete bei der Kommunalwahl 2022 auf eine erneute Kandidatur. Während seiner Amtszeit als Magistratsmitglied war er zuständig für die Städtepartnerschaft Bensheim – Riva del Garda.
Schwerpunkt seines kommunalpolitischen Engagements war zuvorderst, die Erinnerungskultur in Bensheim wach zu halten. Peter E. Kalb war und verstand sich immer als Mahner, Wächter und Kämpfer gegen Fremdenfeindlichkeit und Ignoranz.
Während seiner Zeit im Parlament wurde dort einstimmig eine Resolution gegen Rechtsextremismus verabschiedet. Der Stadtrat führte weiterhin die interfraktionelle Arbeitsgruppe „Stolpersteine“ an, die sich mit der Verlegung von Stolpersteinen im öffentlichen Raum beschäftigte und diese in die Wege leitete.
Bis heute wurden in Bensheim zahlreiche Stolpersteine verlegt, zuletzt auf Initiative von Schülerinnen und Schülern anlässlich des 150-jährigen Jubiläums des Goethe-Gymnasiums. Für die Geschichtswerkstatt Jakob Kindinger brachte Gunter Demnig jüngst Stolpersteine für die Familie Rosenstein in der Darmstädter Straße an.
Schon vor seiner Zeit im Magistrat war Peter E. Kalb Mitglied im parteiübergreifenden „Arbeitskreis Gedenkstätten“, der vom seinerzeit amtierenden Magistrat initiiert wurde. Dort entstand die Idee, mitten in der Stadt beim großen Negrelli-Stolperstein einen Text zu den NS-Verbrechen, die in Bensheim verübt wurden, zu formulieren. Am 8. Mai1995 wurde diese Gedenkstätte der Öffentlichkeit übergeben.
Im gleichen Arbeitskreis wurde darüber verhandelt, wie ein Mahnmal an der Stelle der ehemaligen Bensheimer Synagoge aussehen könnte. Auf Vorschlag des Jubilars, der sich mit Salomon Korn, einem prominenten Mitglied der Frankfurter jüdischen Gemeinde besprach, erhielten zwei Architekten den Zuschlag, die schon in Berlin einen Bahnsteig, von dem die Transporte in den Tod gingen, zu einer Gedenkstätte umgestaltet hatten.
Seit den 1990er Jahren ist Kalb Erster Vorsitzender der Geschichtswerkstatt Jakob Kindinger, die seit Jahrzehnten am 10. November, dem Tag der Zerstörung der letzten Bensheimer Synagoge, in Kooperation mit der Stadt die Gedenkveranstaltung auf dem Bendheimplatz organisiert. Regelmäßig in der letzten Märzwoche findet am Ort der Kirchbergmorde eine Gedenkveranstaltung statt. Dort wurden im März 1945 zwölf Menschen, die im Gefängnis eingesperrt waren, von der Gestapo ermordet. Die Verbrechen ereigneten sich, drei Tage bevor die Amerikaner nach Bensheim kamen.
Möglicherweise sind es die Erfahrungen in jungen Jahren, die Peter E. Kalb für immer geprägt und sensibilisiert haben. Ein Jahr lang hat er während der Auschwitzprozesse in Frankfurt überlebende Opfer begleitet und deren Aussagen über die Mörder und deren Verbrechen von der Zuhörertribüne im Gallus-Haus verfolgt. gs
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