Bensheim. Der Nachname von Giacomo Casanova ist im Deutschen zu einem Synonym für den Abenteurer und Frauenheld geworden, der es versteht, auf verführerische Weise die Zuneigung der Frauen zu gewinnen. Für einen Mann, der in diesem Aktionsfeld seine Betätigung und Bestätigung sucht und findet, ist dabei die Fähigkeit, heikle und pikante Situationen aus dem Stegreif aufzulösen, überlebensnotwendig.
Und auch Mario Parisi, den das vereinsaktive Mitglied Ilga Vis für den deutsch-italienischen Freundeskreis Bensheim – Riva del Garda für einen Vortrag zum Thema „Das Leben des Giacomo Casanova – Schriftsteller und Abenteurer“ gewonnen hatte, verfügte über solche Qualitäten.
Denn als sich Parisis Laptop und der Vereins-Beamer partout nicht zu einer problemlosen Zusammenarbeit „verführen“ ließen, also die sicherlich reizvolle visuelle Unterstützung ausfiel, stellte Parisi, der aus Vignanello in der Region Latium stammt, aber schon viele Jahre in Deutschland lebt, nur kurz und knackig fest, „Improvisation – kein Problem für Italiener“. Und so war mit einem Satz in leicht unterfüttertem italienischem Akzent nicht nur die kritische Situation gemeistert, sondern im Handumdrehen auch die Sympathien der zahlreichen Zuhörer gewonnen. Ein eleganter Einstieg in das Thema, wie man ihn nicht besser hätte erfinden können.
Casanova war zwar ein rast- und ruheloser Lebens- und Liebeskünstler, er war zugleich auch vieles: Abt, Lustspieldichter, Theaterregisseur, Finanzminister, Freimaurer, Glücksspieler, Gelehrter und Übersetzer wichtiger klassischer Werke der Antike, Diplomat auf europäischem Niveau sowie Börsenmakler, Unternehmer und Erfinder der Lotterie.
Am 25. Februar 1725 in Venedig geboren, wuchs Casanova wegen des Schauspieler-Berufs der Mutter und des frühen Todes des Vaters ohne Elternbeziehung auf. Aufgenommen in den Hausstand seines Lehrers erreichte der aufgeweckte und wissbegierige Junge schon nach wenigen Monaten die Lernziele seiner Schulausbildung, Und im Zusammenspiel mit der 13-jährigen, temperamentvollen Schwester seines Lehrers eröffneten sich ihm alsbald Gefühlswelten, die jenes männliche Verlangen freisetzten, welches fortan sein abenteuerliches Leben bestimmen sollte.
Mit 17 Jahren promoviert
Bereits mit 17 Jahren wurde er in Padua zum Doktor beider Rechte promoviert. Er steckte auch sonst in ständigen Lernprozessen, um seine Fähigkeiten, andere mitzureißen und zu überzeugen, zu verbessern. Mit seinen Kenntnissen über Okkultismus, Astrologie und Alchemie genoss er als Generalist in adligen Kreisen hohes Ansehen.
Mit seiner Weltgewandtheit, er hat praktisch alle Länder Europas bereist sowie seinem im Umgang mit hohen politischen und klerikalen Würdenträgern erarbeiteten Feinschliff in Sprache und Manieren war Casanova angesichts seiner imposanten Erscheinung zum Verführer prädestiniert, der Frauenherzen höher schlagen ließ.
Hinzu kam, dass damals die Zweisamkeit noch nicht so stark romantisiert war und das mit Anmut und Grazie betriebene Verführen oder Sichverführenlassen in gewissen Kreisen ein Gesellschaftsspiel war. Und so räumte Casanova in seinen Lebenserinnerungen auch ein: „Die sinnlichen Genüsse zu kultivieren, bildete die Hauptbeschäftigung meines ganzen Lebens. Niemals hat es für mich etwas Wichtigeres gegeben.“ In der Verführungskunst zu obsiegen, den Verstand der Frauen zu erobern, das brachte höchsten intelligenten Lustgewinn, die Körperlichkeit war dabei nur ein angenehmer Annex.
Das Leben Casanovas war von Extremen geprägt: Heute Millionär und morgen Schuldner, heute beim Kaiser und morgen in der Unterschicht. Casanovas Direktheit und Impulsivität haben dazu sicherlich beigetragen, ebenso wie eine Vielzahl journalistischer Arbeiten, die sich auch gegen die Kirche richteten.
Parisi griff natürlich auch die Begegnungen mit Friedrich dem Großen, Zarin Katharina II., dem Philosophen Voltaire und Lorenzo Da Ponte auf, dem Librettisten der Mozart-Oper „Don Giovanni“, die den erotischen Magnetismus eines Mannes zum Gegenstand hat.
1789 begann Casanova als Bibliothekar beim Grafen Waldstein in Dux/Böhmen mit der Niederschrift seiner Lebensgeschichte. Am 4. Juni 1798 starb Casanova dort.
Parisi kompensierte den Ausfall des Laptops souverän mit einem Vortrag, der kunstvoll die Balance zwischen Nähe, Distanz und Diskretion in den Geschichten und Anekdoten um seinen Helden hielt. So hatte die Vereinsvorsitzende Pina Kittel leichtes Spiel, Mario Parisi und Ilga Vis herzlich zu danken. Langer, herzlicher Applaus. Peter J. Zeyer
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