Bensheim. Carsharing kann viele Vorteile haben: Nutzer sparen sich zum Beispiel hohe Fixkosten wie Anschaffung, Versicherung oder Reparatur. Der Bedarf an privaten Autos kann reduziert werden, was zu weniger Verkehr, geringerem CO₂-Ausstoß und weniger Flächenverbrauch für Parkplätze führt. In größeren Städten gibt es längst breit ausgebaute Angebote.
Nun haben die Grünen in der Stadtverordnetenversammlung einen Antrag gestellt, mit dem geprüft werden sollte, ob die Bensheimer Stadtverwaltung ihren hauseigenen Fuhrpark „zum Teilen“ anbieten könnte. Zwar stieß die Grundidee auf Interesse bei den anderen Fraktionen, fand allerdings wegen vieler offener Fragen keine Mehrheit.
Konkret baten die Grünen darum, dass vom Magistrat geprüft werden soll, ob und welche Fahrzeuge des kommunalen Fuhrparks - das sind 18 Dienstfahrzeuge und drei E-Bikes - im Rahmen eines Carsharings zur Verfügung gestellt werden können. Die Prüfung sollte sich auf die Mitarbeitenden des Rathauses und deren Nutzung der Autos gegen Gebühr, unter anderem am Wochenende, beziehen. Außerhalb der Arbeitszeit könnten der Fraktion zufolge auch Dritte das Angebot nutzen.
Hierzu sollten alle Voraussetzungen geprüft werden und weiter, ob es möglich ist, Fahrzeuge im Rahmen eines geförderten Carsharings auch für eigene Dienstfahrten der Stadt zu nutzen. Hierdurch könnten Anschaffungskosten beziehungsweise Leasingraten für den kommunalen Fuhrpark sinken oder entfallen. Einbezogen werden sollte auch, ob Leasing-Fahrzeuge der Stadt für ein städtisches Carsharing-Angebot genutzt werden können.
„Ein Privatwagen wird im Durchschnitt nur eine Stunde am Tag gefahren, steht die restliche Zeit still und verbraucht Platz, kostet Versicherung, Steuer, Wartung und Reparatur. Carsharing stellt daher eine kostengünstige Alternative zum privaten Fahrzeug dar. Nicht nur für Privatpersonen ist Carsharing eine attraktive Möglichkeit der Fortbewegung. Auch für Stadtverwaltungen und Unternehmen kann es sinnvoll sein, den eigenen Fuhrpark zu reduzieren und auf Carsharing-Fahrzeuge zurückzugreifen“, erklärte Hanns-Christian Wüstner (Grüne).
Diese Alternative zum eigenen Fahrzeug biete Nutzern die Möglichkeit, Ziele zu erreichen, die nicht oder nur schwach vom ÖPNV angebunden werden, flexibel mobil zu sein und Gepäck zu transportieren. Außerdem könne die Einbeziehung von Carsharing-Fahrzeugen in Dienstwagenflotten von Kommunen und Unternehmen zur Wirtschaftlichkeit des Angebots beitragen. Als Multiplikatorinnen für zukunftsfähige und nachhaltige Mobilitätskonzepte können dem Grünen-Antrag zufolge öffentliche Verwaltungen als Vorbild oder Initiator auftreten.
Der eigene Fuhrpark würde durch Carsharing-Fahrzeuge ersetzt oder reduziert, gleichzeitig stünden die Autos außerhalb der Dienstzeiten und am Wochenende auch den Bewohnerinnen und Bewohnern vor Ort zur Verfügung. Die Fraktion sieht in diesem Modell ein hohes Potenzial. Zudem würde die Auslastung der verbleibenden Fahrzeuge gesteigert.
Was der Bergsträßer Nahverkehrsplan zu Carsharing sagt
Auch der Nahverkehrsplan des Kreises Bergstraße 2020 bis 2024 behandelt das Thema Carsharing: Im Gebiet des Verkehrsverbunds Rhein-Neckar (VRN) sind im Bereich stationäres Carsharing mit Stadtmobil, DB Flinkster und der GGEW AG derzeit drei Anbieter mit unterschiedlicher Zielrichtung aktiv. DB Flinkster konzentriert sich mit seinem Angebot auf die größeren SPNV-Stationen, um dort dem Kunden einen PKW für den Anschluss an eine Zugreise anbieten zu können. Im Kreis Bergstraße betreibt DB Flinkster aktuell keine Stationen. Bei Stadtmobil steht der regionale Aspekt im Vordergrund. Aktuell finden sich im Kreis Bergstraße Stadtmobil-Standorte in Viernheim (11 Stationen) und Lampertheim (1 Station). Die GGEW AG bietet darüber hinaus in Lorsch, Bensheim und Zwingenberg an verschiedenen Standorten Carsharing mit Elektrofahrzeugen an.
Laut Verkehrsplan soll gemeinsam mit den vorhandenen Carsharing-Anbietern geprüft werden, ob im Kreis Bergstraße weitere Standorte eingerichtet werden können. In Teilregionen, in denen eine Ausweitung aus wirtschaftlichen Gründen durch kommerzielle Anbieter nicht realisiert werden kann, „sind die Möglichkeiten eines kommunal getragenen Carsharings zu prüfen“. Außerdem könne die Einbeziehung von Carsharing-Fahrzeugen in Dienstwagenflotten von Kommunen und Unternehmen zur Wirtschaftlichkeit des Angebots beitragen.
Ebenso könne Carsharing im Rahmen einer ersten Stufe über vorhandene, zu bestimmten Zeiten wie abends oder am Wochenende nicht gebrauchte Dienstfahrzeuge der öffentlichen Verwaltung angeboten werden. Auch Lösungen über Autohersteller und ihre Autohäuser seien möglich. Im Kreis Bergstraße bestehende Initiativen für privates Carsharing (zum Beispiel autonetzer.de), seien in die Angebote des Mobilitätsverbundes hinsichtlich Information und Kooperation zu integrieren.
Die Umsetzung sei zu kompliziert
Der Umsetzung geht allerdings eine umfassende Prüfung voraus. Buchungsmechanismen, Schlüsselverwaltung, Versicherungsfragen und mehr warfen einige Unklarheiten bei den Stadtverordneten auf. „Dieser Antrag greift ein zukunftsweisendes Thema auf, Carsharing könnte eine Alternative zum klassischen Fuhrpark werden. Ihr Ansatz zeigt Kreativität und ein Bewusstsein für Mobilitätskonzepte und regt zum Nachdenken über neue Lösungen an. Allerdings ist der Fuhrpark der Stadt bereits gut ausgelastet, wir müssen realistisch bleiben. In der aktuellen Situation erscheint uns die Umsetzung eines solchen Angebots nicht praktikabel. In Zukunft gibt es dafür vielleicht bessere Voraussetzungen. Hoffentlich klappt es also beim nächsten Mal“, lobte Eva Middleton (SPD) den Antrag.
Die Verwaltung sei derzeit wegen der Haushaltskrise bereits mehr als ausgelastet, ergänzte Lisa Marie Blumenschein (FDP). „Das Personal sollte also nicht noch weiter belastet werden.“ Zumal die Umsetzung nach aktuellem Kenntnisstand keine hohe Aussicht auf Erfolg habe: Bei einer Überschreitung der Kilometerzahl bei Leasing-Fahrzeugen könne es beispielsweise schnell teuer für die Stadt werden. Barbara Ottofrickenstein-Ripper (BfB) erklärte, der Antrag und vor allem die Umsetzung binde im Rathaus zu viel Personal, da die Verwaltung das System selbst organisieren müsste. „Die Idee ist gut, wird aber Kosten verursachen“, so Peter Leisemann (FWG).
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-carsharing-rathaus-autos-_arid,2296767.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim.html
[2] autonetzer.de