Musiktheater Rex

Carl Verheyen begeistert im Bensheimer Rex

Von 
Thomas Tritsch
Lesedauer: 
Carl Verheyen (links) spielte mit seiner Band am Freitagabend im Musiktheater Rex in Bensheim. © Neu

Bensheim. Manchmal muss man einfach chronologisch vorgehen. Vor allem, wenn die Ouvertüre dermaßen mitreißend ausfällt wie beim Bensheimer Konzert des Top-Gitarristen Carl Verheyen. Mit dem Fingerstyle-Gitarristen Jeff Aug erlebte das Publikum im Musiktheater Rex einen unerhört hochklassigen Auftakt. Der Allgäuer Musiker aus Washington bot ein fulminantes Solo aus technischer Brillanz, unbändiger Virtuosität und grenzenloser Spielfreude.

Wer seinen hypnotischen „Wedding Song“ hört, wird umgehend das nächste Standesamt aufsuchen. „My Hotcake Cookin’ Mama“ ist ein Parforceritt durch das gesamte Spektrum der akustischen Gitarre. Und bei „Boots On Fire“ aus den „Livingroom Sessions“ brennen nicht nur die Sohlen, sondern vor allem die Ohren der Zuhörer.

Jeff Aug im Duett mit sich selbst ist ein intensives Klangerlebnis mit einem Musiker, der seine Finger sprechen lässt. Dass Aug in der Vergangenheit mit Größen wie Soft Machine, Ice-Ts Bodycount und Anne Clarke unterwegs war, verwundert daher kaum. Die hypnotische Kraft seiner bildstarken Soli rührt von einer oftmals repetitiven und mäandernden dramaturgischen Struktur, die von Folk- und Blueselementen gefärbt ist, aber eine ganz eigene Stilistik und Textur offenbart.

Mehr zum Thema

Musiktheater Rex

Lazuli im Bensheimer Rex: Fantastischer Trip mit Längen

Veröffentlicht
Von
Thomas Tritsch
Mehr erfahren
Musiktheater Rex

Konzert mit Carl Verheyen in Bensheim

Veröffentlicht
Von
red/Bild: Maximum Booking
Mehr erfahren
Bensheim

Musiktheater Rex in Bensheim stellt ab November auf 2G um

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Danach erwartete also ein verwöhntes Publikum auf den Hauptact, der mit seinem neuen Album „Sundial“ einen Mix aus Blues, Rock, Jazz und Country vorgelegt hat, der während der Lockdowns entstanden war und dem typischen Verheyen-Stil weitere Facetten hinzufügt. Songs wie „Clawhammer Man“, das afrikanisch gefärbte „Kaningie“ oder der Uptempo-Titeltrack stehen auch in der Live-Variante der Studioproduktion kaum nach. Melodischer Rock für Erwachsene, angereichert mit Zitaten und Fußnoten aus einer beachtlichen musikalischen Biografie.

Mit „Spiral Glide“ hat Carl Verheyen eine feine Hommage an David Gilmour komponiert. Und mit der gefühlvollen Coverversion von „Black Market“ aus dem Archiv von Weather Report hat der gefragte Studio- und Tourmusiker (Supertramp, B.B. King) aus Kalifornien im Rex auch kritische Fusion-Fans milde gestimmt. Kein Wunder, denn Verheyens Mann für die Tieftöner, Alphonso Johnson, war in den 70er Jahren vor Jaco Pastorius Bassmann bei der Jazzrock-Legende. Und mit Chad Wackerman am Schlagzeug ist der Ex-Drummer von Frank Zappa bei der aktuellen Europa-Tour dabei. Eine exquisite Band, die sich live nicht die geringste Blöße gab.

In Bensheim hat der Gitarrist bewiesen, dass er sich in vielen stilistischen Nischen recht traumwandlerisch bewegen kann. „Die letzten 18 Monate waren wir zu Hause und haben geübt“, kommentierte er die stillen Tage während der wütenden Pandemie, die nun wieder in ein einigermaßen geregeltes konzertantes Tag- beziehungsweise Abendwerk überzugehen scheinen.

Mit „Take This Rhythm“ und einem vertonten Roadtrip auf Highway 101 in Richtung San Francisco („Stealing Gasoline“) servierte die Band gleich zwei Energieschübe in bester Bluesmanier, die nicht nur musikalisch überzeugten, sondern immer wieder auch biografische Bezüge aufweisen.

Das ältere Stück „Highland Shuffle“ ist ein whiskygetränktes Instrumental, beim bluesigen „Dragonfly“ und dem angejazzten „Take One Step“ zeigte Carl Verheyen auch musikalische Ausflüge abseits des Mainstreams, den er – bei aller Kritik an den doch arg glatten Songs wie beispielsweise „Never Again“ – perfekt beherrscht.

Freier Autor

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

  • Winzerfest Bensheim