Gospelchor Auerbach

Biblisches Musiktheater in der Auerbacher Bergkirche

Von 
Thomas Tritsch
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Gospelsänger und Streicher probten in der Auerbacher Bergkirche für die Aufführung des Musiktheaters „Ruth“. © Zelinger

Auerbach. Die Entstehungsgeschichte des Projekts war eine Herausforderung: Nachdem sich der Gospelchor Auerbach vor zwei Jahren erstmals mit der Produktion „Ruth“ des Tenors und Diplom-Musikpädagogen Wolfgang Vetter beschäftigt hatte, warf die Pandemie das Projekt aus seiner Bahn. Durch die wiederholten Corona-Zwangspausen sprangen immer wieder Akteure ab – Rollen wurden gestrichen, das Stück gekürzt und dramaturgisch angepasst. Von anfangs 50 Stimmen ist der Chor auf zwölf Mitwirkende geschrumpft.

Doch nach einer intensiven und im besten Sinne leidenschaftlichen Probenarbeit wurde die Inszenierung im Juli im Darmstädter Mollerhaus erfolgreich uraufgeführt, es folgte ein Gastspiel im Bürgerhaus „Sonne“ in Alsbach. Die Veranstaltungen sind Teil der Reihe „Kultursommer Südhessen“.

Für den September waren nun zwei weitere Vorstellungen geplant, am 4. in Darmstadt und am 10. September um 19 Uhr in der Evangelischen Bergkirche in Auerbach. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten. Vetter leitet den Gospelchor seit 2016, und das Ensemble ist inzwischen ein fester Bestandteil der Kirchengemeinde geworden.

Auftritt noch ungewiss

Die positiven Covid-Tests mehrerer Beteiligter – darunter tragende Rollen und Funktionen – kurz nach der Generalprobe am Mittwochabend sind nun ein weiterer Rückschlag in der Werkbiografie des biblischen Musicals. Kurz: Der Termin in Auerbach wackelt. Zum jetzigen Zeitpunkt steht noch nicht fest, ob er stattfinden und an welchen Ausweichtermin die Produktion eventuell nachgeholt werden kann.

Vorgesehen sind sechs Solisten und drei Streicher, die Vetters musikpädagogisches Projekt für Amateursänger und Instrumentalisten in Auerbach tragen sollen. Darin bezieht sich der Autor und Komponist auf die Ruth-Erzählung aus dem Alten Testament. Die Texte des circa 80-minütigen Bühnenstücks stammen von Mitgliedern des Chors, überwiegend von Cornelia Köpper und Marianne Tross-Müller, die auch die Hauptrolle spielen wird.

Nach zweijähriger Pause wird Wolfgang Vetter in diesem Jahr ...

Nach zweijähriger Pause wird Wolfgang Vetter in diesem Jahr erstmals wieder einen Gospel workshop anbieten. Dabei sollen fünf Stücke für dreistimmigen Chor einstudiert werden. Der Workshop beginnt am 30. September ausnahmsweise nicht

Das Buch Ruth erzählt von einer aus Betlehem stammenden Familie mit zwei Söhnen, die vor einer Hungersnot in Moab Zuflucht sucht und dort gastlich aufgenommen wird. Da alle drei Männer sterben, entschließt sich die kinderlos gewordene Witwe Noomi (Elke Ludwig), ganz allein nach Juda zurückzukehren. Ihre Schwiegertochter Ruth aber verlässt ihr Herkunftsland. Mit einem Schwur bindet sie sich lebenslang an die Schwiegermutter. In Betlehem angekommen, gilt Ruth als Ausländerin. Doch die beiden Frauen schaffen es, sich in die judäische Gesellschaft zu integrieren. Die Moabiterin Ruth wird schließlich als vollwertiges Mitglied des jüdischen Volkes anerkannt und zur Ahnfrau König Davids – und damit auch zu einer der Stammmütter Jesu.

Die Fassung mit der Musik von Wolfgang Vetter konzentriert sich auf die beiden Frauenrollen, deren Geschichte auch die zentrale Botschaft des Stücks zum Ausdruck bringt: Es geht um Migration und die Frage, aus welchen Motiven heraus sich ein Mensch zur Flucht aus seiner Heimat entscheidet und welche Mühen und Anstrengungen hingenommen werden, um in einer anderen Kultur akzeptiert und integriert zu werden.

Gospel, Spiritual und Pop

Musikalisch ist „Ruth“ von Gospel, Spiritual und geistlicher Popmusik geprägt. Im Gegensatz zum kleinen Profiorchester der ersten Aufführungen wird in Bensheim ein Streicher-Trio den instrumentalen Rahmen bilden. Bei der Generalprobe in der Kirche hat sich gezeigt, dass diese Besetzung die dramatische Handlung und dialogischen Feinheiten der Inszenierung sehr sensibel begleiten kann, die in zwölf Szenen den Weg der Flucht und die Heimkehr der beiden Frauen nacherzählt.

Die nur vier Kapitel umfassende Ruth-Erzählung gilt als Meisterwerk der hebräischen Erzählkunst, die Geschichte soll sich etwa 1100 vor Christus in Israel zugetragen haben. Es geht um Hoffnung und Solidarität, Freundschaft und Gottvertrauen in alltäglichen Situationen. Die weibliche Perspektive und das Thema Frauenrechte sind weitere Besonderheiten des Werks, die auch Wolfgang Vetter in den Mittelpunkt seiner musikalischen Bearbeitung gerückt hat.

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Vetter hat an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt Gesang studiert. Neben seiner Tätigkeit als Konzertsänger, unter anderem im Opernchor der Oper Frankfurt, hatte ihn ein Soloengagement zur Produktion „Jesus Christ Superstar“ ans Staatstheater Darmstadt geführt. Sein Debüt in seinem Stimmfach als Spieltenor hatte er mit der Rolle des „Junker Spärlich“ aus den „Lustigen Weibern von Windsor“ an der Kammeroper Frankfurt. Seine Konzerttätigkeiten führten ihn unter anderem nach Budapest, zu den Bad Hersfelder Festspielen und zu den Burgfestspielen nach Dreieichenhein.

Ein wichtiger Bestandteil seiner künstlerischen Arbeit ist der Unterricht von Gesangsschülern und das Leiten verschiedener Ensembles. Dafür hat er 2015 den Verein „Stimmwolf“ gegründet. Erste Projekte des Stimmwolfchores waren ein musikalisches Programm über Flüchtlinge verschiedener Generationen und die Barockoper „Dido and Aeneas“ von Henry Purcell, die 2017 unter anderem in Zwingenberg aufgeführt wurde.

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