Parktheater

Bensheimerin lässt Reifenspuren zu Kunstwerken werden

Von 
Eva Bambach
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„Unterwegs in Zwischenräumen“ heißt die Ausstellung, die bis Ende Januar im Parktheater zu sehen ist. Künstlerin Gabriele Mundt hat für die Entstehung ihrer Werke die Spuren von Autoreifen verwendet. © Neu

Bensheim. Wer dieser Tage das Parktheater betritt, wird von einem alten Autoreifen begrüßt. Er gehört zum Handwerkszeug der Künstlerin Gabriele Mundt, die seit Sonntag im Foyer ausstellt. Außerdem sieht man am Eingang des Theaters auf einem großen Stück Karton schwarze Reifenspuren und daneben ein Gemälde: Eine Stadtlandschaft – bestehend aus ebensolchen Reifenspuren, die die Künstlerin mit Pinsel und Farbe jedoch bearbeitet und als vertikal und horizontal gegliederte Hochhäuser interpretiert hat.

„Wie kommt nun ein Mensch auf die Idee, mit einem Auto über eine Leinwand oder einen Bogen Papier mit einem mit Farbe bestrichenen Reifen zufahren und dabei diese Farbe auf den Untergrund abzudrucken?“, fragte Berthold Mäurer bei seiner Einführungsrede im Parktheater vor dem auf vierzig 3G-Gäste limitierten Vernissagen-Publikum. Seine Erklärung: „Es ist die Eingebung, der Moment der positiven Wahrnehmung. Die Künstlerin steht an einem Kreisverkehr und sieht die schwarzen Striche, Abdrücke der Reifen auf dem weißen Wulst im inneren des Kreisels. Und da erkennt sie das Strukturgefüge und überlegt, das gezielt festzuhalten.“

Nach ersten Versuchen mit Küchenrollen kam Gabriele Mundt auf das Original zurück. Zwei Freundinnen fahren seitdem nach ihren Anweisungen mehrfach vorwärts und manchmal auch rückwärts mit dem Auto über den bereitgelegten Malgrund und machen gegebenenfalls auch mal eine Zielbremsung.

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Die entstandenen Strukturen fasst die Künstlerin zusammen und gestaltet mit ebenso viel Zurückhaltung wie Entschiedenheit das, was zwischen den Farbspuren der Reifen liegt. Da sind einerseits die Leerräume aus den Vertiefungen des Profils, die Gabriele Mundt nach Bedarf ausfüllt, um neue Einheiten zu schaffen. Andererseits gibt es den Bildgrund – durchaus nicht immer nur Leinwand, sondern auch zum Beispiel Mull oder Wellpappe – der dem jeweiligen Sujet entsprechend mit sparsam gesetzten figurativen Elementen oder Collagen gefüllt wird. So zum Beispiel bei der großen, 2021 entstandenen Arbeit mit dem Titel „Global“, wo Teile einer Weltkarte den Untergrund für eine weltumspannende urbane Architektur bilden.

Architektur ist ein Hauptmotiv der Künstlerin, oder genauer gesagt, der modulare Aspekt der Architektur, der sich nicht nur im modernen Hochhaus, sondern auch in der gotischen Kathedrale und in der Struktur einer Stadt schlechthin findet. Farblich bewegen sich die Bilder nicht nur im Bereich der grauen und schwarzen Reifenspuren. Mit leuchtenden Farben gefüllte Zwischenräume unterstreichen den Rhythmus der Formen und schaffen eine manchmal fast illusionistische Räumlichkeit.

„Unterwegs in Zwischenräumen“: Der Titel, den die Künstlerin für ihre erste große Einzelausstellung gefunden hat, bezeichnet mit bezwingender Logik sowohl ein Grundprinzip ihrer Gestaltungsweise als auch den Zustand des Menschen in der steinernen Realität der Großstadt, den ihre Bilder vor Augen führen.

Geboren wurde die Künstlerin 1955 in Frankfurt. Nach Ausbildung und Tätigkeit als Textillaborantin studierte sie Modedesign und Malerei an der Fachhochschule in Pforzheim. Nach dem Abschluss des Studiums war sie als Kostümbildnerin für verschiedene Theater- und Filmproduktionen tätig. Seit 1990 lebt Gabriele Mundt mit ihrer Familie in Fehlheim und ist seit vielen Jahren in der regionalen Kunstszene aktiv, aktuell unter anderem als Leiterin der im Auerbacher Kur- und Verkehrsverein organisierten Gruppe „Kunst im Fürstenlager“.

Bürgermeisterin Christine Klein wies in ihrer Begrüßung unter anderem auf die außergewöhnlichen Materialien hin, mit denen die Künstlerin arbeitet. Sie dankte auch den Teams der Stadtkultur und des Parktheaters für die Organisation der Ausstellung und dem ehemaligen Kulturamtsleiter Berthold Mäurer dafür, dass er noch im Ruhestand an der Seite der städtischen Kulturarbeit stehe.

Zur musikalischen Begleitung der Eröffnungsveranstaltung gab es Dudelsackmusik der Wednesday-Piper. Zur Gruppe gehören neben dem Lindenfelser Dudelsackbauer Jürgen Ross auch Ulrich Heinecker und Christian Gölzer (Gitarre).

„Unterwegs in Zwischenräumen“ mit Bildern von Gabriele Mundt läuft noch bis zum 23. Januar 2022, geöffnet jeweils zu den Veranstaltungen im Parktheater und nach Vereinbarung unter 06251/177816 oder galerien@bensheim.de.

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